Читать книгу Einsitzschwimmer - Sabine Höntzsch - Страница 9
ОглавлениеLoser & Ninja-Kämpferin
Ich glaub´s nicht. Das ist sie doch! Überrascht verschlucke ich den Kaugummi. Das Girlie sieht besser aus, als ich bei dem Fight mit den Bullen ahnte. Die Ninja-Kämpfer-Haare wirbeln besänftigend um das ovale Gesicht und die Schultern. Eine riesige geblümte Tasche ruht schwer auf angespannter Schulter. Der schlanke Hals wird lang und länger. Modigliani.
Sie hält den Daumen hoch, wartet nur auf mich. Klar nehme ich sie mit. Ich halte an und steige aus. Fenster runterkurbeln - ausgeschlossen! Ich lehne lässig am Weißen.
»Wo willste denn hin? Kann dir `ne Fahrt in japanischer Luxusklasse anbieten.« Meine Zähne überstrahlen alles - und ich weiß das!
»Dich habe ich doch bei der Kasse gesehen.« Sie streckt mir kampflustig das Kinn entgegen und murmelt: »Ich will weg. Egal, erst mal weg!« Galant gehe ich ums Auto und öffne ihr die Türe. Was sonst – von innen funktioniert es nicht.
Sie schmeißt ihre Tasche auf den Rücksitz. Die Miene haftet kurz an meiner Tüte. Frech blinzelt sie und kuschelt sich in den Sitz. »Überweisungsträger, so, so!«
Ist echt mies! Sie fixiert mich. Diese Mandelaugen scheinen alles zu wissen über meinen misslungenen Plan, die gescheiterte Aktion. Sie kennt kein Erbarmen. Wahrscheinlich verrät meine Körperhaltung beim Umkreisen des Weißen, wie peinlich mir das ist.
»Cat.« Sie streckt mir ihre Hand entgegen. »Catherine, lieber kurz, Cat!« Jetzt strahlt sie und ich erkenne, wie blutjung sie ist. Nix für mich – schade! Sie scheint nicht zu erwarten, dass ich ihr meinen Namen nenne und ich tue es doch!
»Wie biste den Bullen entkommen? Die hatten dich voll in der Mangel.« Geschmeidig liegt, der ›Weiße‹ auf der Straße. Ich imponiere - verdammt waghalsiger Retter. »Ich hab´ dich schon im Knast gesehen, ehrlich.« »Pah, bisher ist es mir immer gelungen, zu entwischen.« »Immer? Wie viele Dinger drehst du so? In deinem Alter?« Achtung – Trotzphase!
»20!«, beantwortet sie zickig den zweiten Teil meiner Frage. »Überfälle? Aufgehört zu zählen.« Sie fummelt an ihren Zehen, die vollen Lippen fest aufeinander gepresst.
Sie will vom Thema ablenken. Ich hab es nicht mit Füßen. Wende meinen Blick lieber der Straße zu.
»Das Fenster klemmt.« Sie versucht vergeblich, die abgerissenen Fußnägel zu entsorgen. »Ist schon geraume Zeit kaputt.« Einladend öffne ich den Aschenbecher, abermals blitzen meine weißen Zähne. Unwiderstehlich, scheint bei Cat aber keinen Eindruck zu hinterlassen. Rabenschwarzer Tag! Na ja, Pott wie Hund. Oder Pott wie Deckel?
»Das war verdammt schwer, den beiden zu entkommen.« Ihre Wangen glühen und die Mandelaugen sprühen Funken, zufrieden über den geglückten Coup. Sie befeuchtet ihre prallen Lippen. »Es gibt zum Glück nur zwei Bullen im Dorf. Habe sie ausgetrickst, die Reifen aufgeschlitzt, dem Typen mit dem Messer ein paar Hiebe verpasst und seine Waffe einkassiert.« »Zeig mal her das Ding!« Die Schönheit blufft – das ist klar.
Sie turnt auf die Rückbank, wurschtelt in ihrer geblümten Tasche. Kurz visiert sie meine Nase an, gleitet zurück auf den Beifahrersitz, die Wumme, den kostbaren Schatz, in der Hand. Bitte bedrohen Sie den Fahrer nicht während der Fahrt!
»Und dann lässt du dir Zeit, per Anhalter abzuhauen?« »Ja, genau, denn da kommt doch keiner drauf! Coole Typen, die einen mitnehmen finden sich immer.« Da geht vielleicht doch was, ist mein nächster Gedanke. Betty Page streckt mir die elend lange Zunge heraus. Falsches Luder! Konzentriere dich, Nils! Der Berufsverkehr setzt ein.
»Du wolltest es tun, `ne?«, wirft das Mädchen schnippisch in die schweigsame Stille. »Es war dein Plan, die Sparkasse zu überfallen.« Meine Brauen ziehen die Stirn in Falten, bilden Zelte, die meine Augen schützen wollen. Soll ich´s zugeben und sie anblaffen, weil sie alles vermasselt hat? Sie besitzt `ne Waffe. Mein ›Losen‹ eingestehen? Dem bösartigen Luder Anlass zur Freude geben? »Ist halt Pech, dass wir beide am gleichen Tag dieselbe Idee verfolgen«, seufzt sie, wirft den Kopf in den Nacken. »Nee, ist schon klar, weil du das ja soooo oft machst!« Mein Ton ist gehässig, einen Tick belustigt. »In den letzten drei Jahren fünf Banküberfälle ...« Sie nimmt ihre Hände zu Hilfe und zählt all´ ihre Vergehen auf. »Sieben Tankstellen, vier Kioske, drei Nagelstudios und sechs Plattenläden. Da hab ich mich mit Musik begnügt. Viel Kohle ist in so `nem Laden Fehlanzeige.« Sie lächelt. Also, sie zählt doch noch. Plattenläden - gemeines Stück! »Und im Nagelstudio, haste dir die Nägel feilen lassen?« Ich schmunzle über meine Stichelei. Freue mich, beinahe der Alte zu sein. Angestachelt, setze ich einen drauf. »Alles zu Fuß. Yep!« »Du Arsch! Du glaubst mir nicht?« Sie fuchtelt mit der Waffe vor meiner Nase, die sie flugs aus dem Fußraum gekramt hat. Bitte bedrohen Sie den Fahrer nicht während der Fahrt!