Читать книгу Einsitzschwimmer - Sabine Höntzsch - Страница 28

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Habe ich geschlafen? Die Karre steht, es dämmert. Die Türe ist geöffnet. Ich hebe die schweren Lider, taste das Armaturenbrett ab – keine Uhr. Meine Knochen schmerzen, der Körper juckt. Ich zerre graue Kunstflusen aus dem Mund, gähne, recke mich. Mal sehen, wo die Ladys sich rumtreiben. Schwerfällig hebe ich den ansehnlich tätowierten Astralkörper über die Stufen, betrachte das Mobil von außen. Klobig das Teil, passt zu Margarete. Ein echtes Oma-Mobil! Ich schmunzle. 100.000 Euro verstaut in irgendeiner Ecke über die Grenze nach Luxemburg transportieren, mit dem Monster kein Problem. Ich hab leider keine, kratze meinen Kopf.

Die drei Grazien thronen am wohlgeformten Rastplatz-Ensemble. Optisch ein auffallend interessantes Gespann. Stillleben mit Tischdecke. Jetzt schon Brotzeit? Ich lasse mich neben Cat nieder, die eine Riesenstulle in sich hineinschiebt. Vermutlich gekochter Schinken, was da baumelt. Die Lütte kann essen! »Guten Appetit! Wo sind wir?« Voller Tatendrang blicke ich in die kauende Runde. Ottilie rückt mir ein fettes Brotpaket rüber. Ich winke ab, ist mir zu früh. Vornehm nippt sie am Kaffee oder Tee. Erkenne ich nicht - Blechcampingtasse.

Margarete hypnotisiert meine Bunten, vergisst das Kauen. Die Tattoos halten mit - Augenpaare starren, siegesgewiss. Der überquellende Mund antwortet, ohne den Blick von ihnen zu wenden. »Kurz vor Verviers.« Brotbröckchen fallen temperamentlos. Ihre Dritten kommen bestens mit denen zu Recht. »Wir fahren erst `ne Stunde?« Ungläubig kräusele ich die Stirn, glotze ernsthaft von einer zur Anderen. Wenn die Weiber jetzt alle 60 Minuten anhalten und futtern, dann sehe ich schwarz. »Das liegt uns im Blut!« Cat zieht, die Lippen leicht geöffnet, eine Strähne aus dem verschmierten Mundwinkel. Es klebt Butter dran. Mir widerstrebt, genauer hinzusehen ... Sie schmatzt. »Wir können uns nicht wehren. Reisen macht hungrig. Sei froh, dass wir früh unterwegs sind, wäre es taghell, hätten wir gleich den allerersten Rastplatz angesteuert.« Mandelaugen lächeln, der Rest des Gesichts ist mit Nagen beschäftigt. Sogar Nase und Ohren hüpfen im Takt. Erstaunlich!

»Toll, die Tätowierungen!«, brummt Margarete. Deutet auf meine Arme, krempelt ihre heute lindgrünen Puffärmel auf. Fachkundig prüft sie, ob sie Platz für Tattoos fände. Der Zug ist abgefahren, bei dem Geschrumpel! Ich hatte mit Widerstand und Kriegserklärungen gerechnet. Sind die alten Ladys doch cooler, als ich glaubte? Das wäre dann geklärt. Was die Bunten angeht, täuscht sich selbst Cat.

»Ich geh´ mal für Königstiger!« Cat sprintet rüber zur Pipibox, ihre Turnschuhe erlauben das, die Ninja-Haare wippen. Ich ahne, dass sie die Stöckelschuhe nicht zu Hause gelassen hat. »Ich auch, damit wir ein paar Kilometer mehr schaffen!«, zwitschert Ottilie und lacht. Prinzessinnenlike tritt sie den gleichen Weg an, das Hemd weht. Ein paar Kilometer mehr wären prima! Ansonsten gibt das nix mit dem Fünften. Ich pinkle lieber im Wald. »Pieseln im Wäldchen ist angenehmer.« Synchron zu meinem Gedanken schlüpft Margaretes Grummeln in mein Ohr. Das breite, knitterige Grinsen begleitet das Papageien-Outfit in die Büsche. Gedankenübertragung? Seelenverwandtschaft? Widerspenstig schüttle ich den Kopf. Ich warte ab, erspare mir den Anblick, verstaue Brotberge, Thermoskannen und Campingblechtassen im beigefarbenen Rucksack.

Das schwache Geschlecht ist komplett. Derweil ist meine Blase kurz vor dem Platzen. Zügig suche ich einen sympathischen Baum, bin erleichtert, auch darüber, dass es endlich weitergeht. Amüsant, wie sie an sich herum zupfen. Ich steige als Letzter auf den pieksigen Beifahrersitz. Die geblümten Gardinen sind Falte für Falte akkurat zusammengebunden. Todschick!

Unendlich ziehen waldige Gebiete vorbei. Bettys Haare wehen. Die wellenschlagende Zunge hängt aus ihrem Hals, flattert im Fahrtwind. »Fährt die olle Kiste nicht flotter? Nils, ich hasse dich! Ich hasse die Weiber, das schreckliche Gefährt.« Ich starre aus dem Fenster, in dem sich die Beschuppten spiegeln. »Ich dachte, so was gibt es nur im Film – mit Oma im Oma-Mobil on the road«, gluckst der Koi. »Wir wären besser zu Hause geblieben, wenn ich die Drei ansehe, eindeutig unser Verhängnis, glaubt es mir!«, schnaubt der Drache. Ihr könnt mich mal!

Mit geschlossenen Augen lausche ich Cats Telefonat mit Zita. Sie instruiert sie diese Nummer ausschließlich im Notfall zu wählen - das andere Handy sei bei den Bullen, entsprechend Tabu. Na, prima - Abenteuer für das Kind! Was mache ich nur immer? Ich Irrer! Hätte das nur in der Bank geklappt, alles wäre geritzt.

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