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Erbärmliche Entscheidung

Und was ist mit mir? Bin ich überhaupt vorhanden? Finde ich meine Stimme jemals wieder? Vor Tagen ging es mir richtig, richtig gut, bis auf fehlende Kohle. Ich war zufrieden mit mir, meinen Freunden, dem Laden, dem Job in der Agentur, und nun? Beinahe wäre ich mit `ner Bullenwaffe erschossen worden. Schlage mich rum mit `ner ungebetenen, blutjungen Mitbewohnerin und gleich zwei alten, verrückten Weibern. Nee, ich habe und hatte nie vor mit denen irgendwo hinzufahren, zu fliegen oder zu paddeln. Weder mit Cat, dem verlogenen Biest, noch mit den beiden Schrullen. Die können mich mal!

Das Wachstum meines Hirns stagniert.

»Meditiere ruhig eine halbe Stunde über mein Angebot«, knurrt Margarete, sie kratzt den faltigen Hals, schaut auf die altbackene, mit Blattgold bedeckte Armbanduhr. »So lange gilt die Einladung. Gehen wir. Mal sehen, wie der Herr sich entscheidet!?« Stille! Ich denke nach, gönne mir eine ausgiebige Nasenhaarmassage. Das beruhigt und hebt die Konzentration! Ich folge den spiralförmig angelegten Steinen des Rondells.

»Ich erwarte lösungsorientiertes Handeln! Wir müssen da hin, auf jeden Fall aber allein!«, zischt Miss Page. Sie stemmt die Händchen auf die Hüften. »Lösungsorientiert? Ich will nicht nach Spanien. Nicht in und nicht ohne Begleitung! Was wird uns da erwarten? Die Unbekannte verschenkt doch nix ohne Gegenleistung. Stellt euch vor, sie will fleischlich werden«, röchelt der Koi. »Es gibt drei Möglichkeiten«, unterbreche ich. »Erstens, wir fahren nicht!« Der Koi schlägt einen Salto und taucht ab im schützenden Wellengang. »Möglichkeit zwei – wir treiben das Geld auf, fliegen, allein.« Der Feuerspeiende schwebt, die kurzen Flügel fächern hektisch. »Nix gegen Fliegen ... Aber Kohle auftreiben? Du versagst in der Bank und in der Agentur regnet es derzeit ebenfalls keine Jobs. Woher kommt dann die Patte?« Er sucht am Arm, an meiner Brust, versteckt sich ohne weiteren Laut in der Achselhöhle. »Danke für dein Mitgefühl!« Bis Donnerstag ist wirklich wenig Zeit. »Möglichkeit drei ...« »Nein, fataler Fehler! Nicht das, was ich denke, oh Gott, nein!«, tobt Betty Page, stampft auf der Stelle mit den Füßen, schmollt, verschränkt die Arme vor der Brust. »Wir fahren mit den Dreien. Keine Diskussionen! Meine Ohren-Zuklapp-Technik wird mich über die Fahrt hinweg retten. Einmal da, mach´ ich eh mein Ding! Da können die Lotten gucken, wo sie bleiben. Die Entscheidung steht!« Was habe ich für `ne Wahl? Ich schüttle mein Haar, strecke mich und trotte zum Haus. Auf der Terrasse sitzen die Mädels.

Cat schämt sich bestimmt, winkt mir verhalten zu. Margarete erhebt ihre Pracht, schaut auf die Uhr. »Morgen geht’s los?«, forscht sie in militärischem Ton. Ich nicke. Erkenne ich etwa Erleichterung? Ihre Schultern fallen entspannt. Sie rechnete nicht mit der Entscheidung. »Ich hab jetzt `ne Menge zu erledigen. Cat muss hier bleiben!« »Nee, das geht auf keinen Fall!«, protestiert die, die Mandelaugen reißt sie auf. »Die Bullen kommen vorbei, holen die Pistole. Keinen Bock, die zu treffen.« Giftzwerg!

»Ich muss mich um den Laden, die Agentur und meine Pflanze kümmern. Packen nicht zu vergessen! Niemand darf mich ablenken.« Mein wunderbarstes Lächeln blitzt grell, blendet das Luder. »Das ist dein Problem! Mein Herr Sohn und seine Frau - leider missraten aber damit müssen wir leben. So sei es!«, fährt Margarete Cat über den Mund, bevor sie bockt und zusätzliche Einwände erfindet. »Du holst Klamotten von zu Hause. Otti hilft dir. Euch fällt schon was ein, wenn die beiden rumzicken. Bis morgen bleibst du bei uns!«, brummt sie Cat und die Hübsche in Schwarz an. »Ich kümmere mich um das Wohnmobil, Papiere, Karten, Geld und Proviant. Otti, packst du für mich?« Die Haare auf den Zähnen legen sich sanft, sie klatscht in die Hände. Das Startzeichen.

»Um fünf Uhr holen wir dich ab. Cat kennt ja den Weg.« Schon poltert sie ins Haus. Ottilie reicht mir einen Briefbogen. Herrliche, schwungvolle Schrift. »Ist alles vorbereitet, für den Notar. Bitte unterschreiben Sie, dann ist er informiert, dass du kommst. Ich faxe es ihm gleich zu.« Ihre Stimme ist freudig erregt. Sie duzt und siezt mich zugleich. Ich unterzeichne, gehe ab von dieser sonderbaren Bühne.

Einsitzschwimmer

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