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3. Quälerei/Drohung

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Quälerei ist die Zufügung lang andauernder oder wiederkehrender körperlicher oder seelischer Schmerzen oder Leiden, zB Dunkelhaft, Scheinerschießungen etc.

Verboten ist auch die Drohung mit verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahmen, § 136a I 3 StPO. Drohung ist die Inaussichtstellung einer in der konkreten Situation prozessual unstatthaften Maßnahme und eine dadurch für den Bedrohten entstehende Zwangslage, die ihm eine sofortige Entscheidung abnötigt[12].

BGH StV 2004, 636: Das Gericht erklärt dem Angeklagten, er werde in Haft genommen, falls er nicht gestehe, sondern den geplanten Beweisantrag stelle und die Hauptverhandlung deshalb ausgesetzt werden müsse – der BGH bejahte eine unzulässige Drohung iSv § 136a I 3 StPO.

BGHSt 15, 187: Der Angeklagte hatte den von ihm besonders geliebten drei Jahre alten Sohn nach einem Streit mit seiner Ehefrau und seinen Schwiegereltern getötet. Bei seinen Vernehmungen ist ihm angedroht worden, ihn zur Leiche seines Kindes zu führen, wenn er nicht angebe, wie er die Tat ausgeführt habe. Unter Tränen bat er, dies nicht zu tun. Dennoch wurde er in die Leichenhalle gebracht und trotz seines Widerspruchs zur Leiche geführt, wo er schreiend zusammenbrach. Anschließend legte er ein umfassendes schriftliches Geständnis ab – der BGH sah § 136a StPO als erfüllt an.

Im Gegensatz hierzu dürfte es in aller Regel zulässig sein, dem Beschuldigten die Leiche gem. § 88 S. 2 StPO oder Fotografien des Opfers zu zeigen, wenn damit kein ähnlich großer seelischer Druck ausgeübt wird. In Extremfällen kann jedoch auch dadurch § 136a I 1 StPO in der Variante der Quälerei erfüllt sein.

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Der Fall Gäfgen[13] entfachte die Diskussion, ob der Einsatz der Folter in Ausnahmesituationen zulässig sein kann. Der wegen erpresserischen Menschenraubes vorläufig festgenommene Angeklagte nannte den Aufenthaltsort des entführten und aus Sicht der Beamten noch lebenden Kindes, nachdem ihm von dem vernehmenden Polizeibeamten angedroht worden war, ihm andernfalls schwere Schmerzen zuzufügen. Wenn bei der Androhung von Folter präventive Zwecke überwiegen, so handelt es sich um eine polizeirechtliche Frage (dazu o. Rn 162). Wenn es den Verfolgungsbehörden in erster Linie um die Aufklärung eines Verbrechens geht, so richtet sich die Zulässigkeit nach § 136a StPO. In beiden Fällen ist unstreitig bereits die Androhung von Folter eine unzulässige Vernehmungsmethode. Nichtsdestotrotz wird für bestimmte Extremfälle (zB Gefährdung der Stadt Heidelberg) erwogen, eine Ausnahme vom absoluten Folterverbot zu machen, wenn sie das einzige Mittel darstellt, Menschenleben zu retten (präventive Folter). Argumentativ wird hierfür auf eine gesetzliche Wertungslücke verwiesen, die durch eine teleologische Reduktion des Folterverbots mittels einer Abwägung zwischen den kollidierenden Grundrechten zu Gunsten der akut bedrohten Menschenwürde geschlossen werden müsse[14]. Andere Befürworter des relativen Folterverbotes greifen zur Vermeidung der Strafbarkeit der handelnden Amtsträger auf die Rechtfertigungstatbestände des StGB (§§ 32, 34 StGB) zurück[15]. Richtigerweise muss die Frage nach der Zulässigkeit von Folter auch in Ausnahmefällen kategorisch verneint werden. Dies gebietet bereits der Wortlaut der von ihrem Zweck losgelösten, unbedingten gesetzlichen Folterverbote im Grundgesetz (Art. 104 I 2 GG), Polizeirecht, Strafprozessrecht (§ 136a StPO) und internationalen Recht (zB Art. 3, 15 EMRK, UN-Anti-Folterkonvention) einerseits und die prinzipielle Unantastbarkeit der Menschenwürde andererseits, die keine Abwägung mit anderen Rechtsgütern, auch nicht – wie in diesem Fall – mit dem Leben zulässt[16]. Der Strafverfolgungsbeamte, der einen entsprechenden Foltereinsatz anordnet und durchführt, macht sich strafbar (insbes. wegen Nötigung)[17]. Vgl. Rn 162, 447, 744.

§ 8 Die verbotenen Vernehmungsmethoden › II. Fallgruppen der verbotenen Vernehmung › 4. Täuschung

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