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d) Hör- und Stimmenfalle

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aa) Zu den unzulässigen Täuschungen gehört auch die sog. Hörfalle, bei der der Beschuldigte (konkludent) darüber getäuscht wird, dass er vernommen wird.

Beispiel: In einer Vernehmungspause verlässt der Polizist ostentativ den Raum, damit der Beschuldigte Gelegenheit erhält, „unbeobachtet“ mit einem Dritten zu sprechen. Tatsächlich hört der Vernehmende die belastende Äußerung durch die angelehnte Tür mit. Hier wird der Beschuldigte über den Vernehmungscharakter getäuscht. Diese Hörfalle ist eine verbotene Täuschungshandlung[31].

BGHSt 33, 217: Der Telefonanschluss des Beschuldigten wurde zulässigerweise überwacht. Um ihn zu einer belastenden Äußerung zu motivieren, rief die Polizei bei der Ehefrau an und kündigte die alsbaldige Verhaftung des B an. Daraufhin telefonierte B mit dem Mittäter C und äußerte in diesem Gespräch Belastendes. Hier liegt keine Hörfalle vor, da es sich nicht um eine Vernehmung, sondern um eine zulässige Telefonüberwachung handelt. Die Aussage ist verwertbar.

bb) Verboten ist auch die „Stimmenfalle“, bei der der Beschuldigte durch Täuschung zum Sprechen gebracht wird, um ihn mittels seiner Stimme zu überführen.

BGHSt 34, 39 ff: Der Beschuldigte wurde verdächtigt, im Rahmen der Schleyer-Entführung den erpresserischen, auf Tonband aufgenommenen Anruf getätigt zu haben. Der Beschuldigte befand sich in anderer Sache in Haft. Da er sich weigerte, zwecks Stimmenvergleichs zu sprechen, verlegte man ihn in eine andere Anstalt, wo der Anstaltsleiter mit ihm ein Eingangsgespräch führte, das auf Tonband aufgenommen wurde.

Lösung: Zutreffend hält der BGH das Ergebnis des Stimmenvergleichs für unverwertbar, wobei er allerdings zur Begründung auf die Verletzung des verfassungsrechtlich verbürgten Persönlichkeitsrechts am eigenen Wort verweist. Sachgerechter erscheint eine direkte Subsumtion unter § 136a StPO[32]. Das Vorgehen lässt sich auch nicht nach den Vorschriften des großen bzw kleinen Lauschangriffs (§ 100c StPO bzw § 100f StPO – dazu u. Rn 414 f, 701, 722) rechtfertigen, wenn die Äußerung – wie vorliegend – von staatlicher Seite mit Hilfe einer Täuschung aktiv provoziert wird[33].

Beispiel: A wurde von Frau F verdächtigt, sie vergewaltigt zu haben. Da A bei der Tatausführung maskiert war, kannte die F nur seine Stimme. Die Polizei bat deshalb die F, zum Polizeirevier zu kommen und dort vom Nachbarzimmer ein Gespräch zu belauschen, das A mit dem Polizisten P führte. Kann die Aussage der F, dass sie die Stimme wiedererkennt, im Urteil als Beweismittel verwertet werden?

Lösung: Da hier eine Vernehmungssituation durch zusätzliche Maßnahmen (angebliches „Gespräch“, Verstecken der F im Nebenzimmer) vertuscht wurde, liegt ebenfalls eine unzulässige „Stimmenfalle“ vor, sodass § 136a StPO eingreift[34].

Erfolgt der Stimmenvergleich durch den Zeugen auf private Initiative desselben (Bsp.: Der Zeuge gibt sich fälschlicherweise als Vertreter aus und verwickelt den Beschuldigten in ein „Verkaufsgespräch“), so fehlt es an einem dem Staat zurechenbaren Verhalten, sodass mangels Vernehmungscharakters keine dem § 136a StPO unterfallende Täuschung angenommen werden kann (vert. unten Rn 730).

cc) Das heimliche Anhören eines Gesprächs, das der Beschuldigte in der Öffentlichkeit führt (zB Mithören beim Kaufmann) durch Strafverfolgungsorgane, fällt schon deshalb nicht unter § 136a StPO, weil ebenfalls keine Vernehmung vorliegt. Auch für das bloße Betrachten des Beschuldigten kommt es darauf an, ob es innerhalb einer Vernehmungssituation stattfindet, dann ist § 136a StPO zu beachten, oder außerhalb, dann steht nach den Regeln des Augenscheinsbeweises die Ermittlungshandlung im freien Ermessen der Strafverfolgungsbehörde[35] (s.u. Rn 311). Ob auch im letzteren Fall in besonderen Konstellationen (zB durch Polizei inszenierte Begegnung des Raubopfers mit dem Beschuldigten) von einer unzulässigen „Betrachtungsfalle“ (§ 136a StPO analog) gesprochen werden kann, ist noch völlig ungeklärt[36].

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