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2. Das Landgericht

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a) Die Spruchkörper beim LG heißen Strafkammern. Für erstinstanzliche Entscheidungen zuständig ist die große Strafkammer. Gemäß § 76 I 1 GVG ist sie mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit (§ 76 I 2 GVG). Bei Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 76 II 1 GVG) oder spätestens bei Anberaumung eines Termins zur Hauptverhandlung (§ 76 II 2 GVG) hat die Kammer (außerhalb der Hauptverhandlung, also ohne Beteiligung der Schöffen aber im Beisein aller drei Berufsrichter)[18] stets darüber zu beschließen, wie sie in der Hauptverhandlung (nur dort!) besetzt ist. Im Regelfall ist in reduzierter Besetzung, nämlich lediglich mit zwei Berufsrichtern zu verhandeln (§ 76 I 4 GVG). Nur in den in § 76 II 3 Nr 1–3 GVG abschließend genannten Fällen ist die Dreierbesetzung auch in der Hauptverhandlung zwingend. Der Mitwirkung dreier Berufsrichter bedarf es demnach ua, wenn die große Strafkammer als Schwurgericht zuständig ist (s.u. Rn 79), wenn zu erwarten ist, dass die Unterbringung des Täters in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten wird, oder wenn die Dreierbesetzung nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache notwendig erscheint. Letzteres ist gem. § 76 III GVG regelmäßig der Fall, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich mehr als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftskammer zuständig ist (s.u. Rn 79). Im Übrigen steht dem Gericht insofern ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der erst überschritten ist, wenn die Besetzungsentscheidung objektiv willkürlich erscheint[19].

Die Besetzung des Gerichts ist spätestens zu Beginn der Hauptverhandlung mitzuteilen, kann aber auf Anordnung des Vorsitzenden schon vor der Hauptverhandlung mitgeteilt werden (§ 222a I 1, 2 StPO). Die Besetzungsmitteilung nach § 222a StPO setzt wichtige Fristen für den Besetzungseinwand nach § 222b I StPO in Gang. Das Tatgericht entscheidet über die Begründetheit des Einwands. Hält das Tatgericht den Einwand für unbegründet, muss es den Einwand dem Rechtsmittelgericht (bestimmt durch § 121 I Nr. 4 und § 135 II Nr. 3 GVG)[20] vorlegen, § 222b III 1 StPO. In diesem sog. Vorabentscheidungsverfahren soll noch vor Ende der Hauptverhandlung abschließend über den Besetzungseinwand entschieden werden. Das Ziel ist, weniger Urteilsaufhebungen wegen vorschriftswidriger Besetzung und Verfahrensverzögerung zu haben[21]. § 76 IV, V GVG enthalten Regelungen zur nachträglichen Änderung der Besetzungsentscheidung bzw zur Neuentscheidung über die Besetzung nach Zurückweisung durch das Revisionsgericht sowie nach Aussetzung der Hauptverhandlung.

Bei Verhandlungen von längerer Dauer kann der Vorsitzende die Zuziehung von Ergänzungsrichtern (auch Ergänzungsschöffen) anordnen, die der Verhandlung beizuwohnen und im Falle der Verhinderung eines Richters für ihn einzutreten haben (§ 192 II, III GVG). Bei Entscheidungen wirken aber nur Richter in der gesetzlich bestimmten Anzahl mit (§ 192 I GVG).

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b) Die sachliche Zuständigkeit der (großen) Strafkammer umfasst insbes. folgende Fallgruppen:

alle Verbrechen, bei denen weder das AG noch das OLG zuständig ist (§ 74 I 1 GVG), dh insbes. Verbrechen, bei denen eine höhere Freiheitsstrafe als vier Jahre zu erwarten ist (§ 74 I 1 GVG iVm § 24 I Nr 2 GVG)
alle sonstigen Straftaten (also insbes. Vergehen), bei denen eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist (§ 74 I 2 Alt. 1 GVG)
bei Vergehen und Verbrechen, bei denen die StA wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim LG erhebt (§ 74 I 2 Alt. 2 GVG iVm § 24 I 1 Nr 3, 2 GVG).

Eine „besondere Bedeutung“ kommt einem Fall dann zu, wenn er sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen aus der Masse der durchschnittlichen Strafsachen nach oben abhebt[22]. Sie kann sich insbes. ergeben aus dem Ausmaß der Rechtsverletzung, den Auswirkungen der Straftat sowie dem Interesse der Medien und der Öffentlichkeit[23], der hervorgehobenen beruflichen Stellung des Angeklagten[24] und aus dem Bedürfnis, dass die rasche Klärung durch den BGH ermöglicht werden soll[25]. Die nicht willkürliche Fehleinschätzung der Bedeutung durch die StA und das eröffnende Gericht bildet aber keinen Revisionsgrund (s.o. Rn 70)[26].

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c) Von der allgemeinen großen Strafkammer sind die besonderen (großen) Strafkammern zu unterscheiden, die für bestimmte Deliktsgruppen zuständig sind, die sich aber in Besetzung und Strafkompetenz nicht von der allgemeinen Strafkammer unterscheiden.

aa) Dabei handelt es sich zunächst um das Schwurgericht[27], das gem. § 74 II GVG für die dort aufgelisteten Kapitaldelikte (zB Mord/Totschlag, Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Vergewaltigung, jeweils mit Todesfolge) zuständig ist. Auch hier wirken jeweils zwei Laienrichter als „Schöffen“ mit[28].

bb) Für Wirtschaftsstrafsachen ist gem. § 74c GVG eine Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig[29]. Diese kann auch für mehrere LG-Bezirke gemeinsam zuständig sein (§ 74c III GVG).

cc) Für Staatsschutzdelikte schließlich ist gem. § 74a GVG bei den Landgerichten, in deren Bezirk ein OLG seinen Sitz hat, eine (Sonder-)Strafkammer für den gesamten OLG-Bezirk zuständig.

§ 3 Gericht, Gerichtsaufbau und Zuständigkeit › IV. Die Zuständigkeit in erster Instanz und die Besetzung der Spruchkörper › 3. Das Oberlandesgericht

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