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c) Aussetzung des Verwaltungsverfahrens

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Auch die Finanzbehörde kann die Entscheidung über einen Steueranspruch nach § 363 Abs. 1 AO aussetzen, wenn die Entscheidung ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängig ist, das entweder den Gegenstand eines anderweitig bereits anhängigen Rechtsstreits bildet oder zu dessen Feststellung eine andere Behörde berufen ist.

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Die Entscheidung über eine Steuerstraftat schafft ein Rechtsverhältnis.[69] Die Aussetzung liegt im Ermessen der zur Entscheidung berufenen Behörde; sie bedarf nicht der Zustimmung des Rechtsbehelfsführers.

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Praktisch bedeutsam ist, dass angesichts der Schwemme von Rechtsmittelverfahren, der Bundesfinanzhof nunmehr auch in Einspruchsverfahren in der Tendenz sogar eine Pflicht zur Aussetzung des Verfahrens wegen eines vor dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahrens annimmt.[70] Voraussetzung ist ein vor dem Bundesverfassungsgericht anhängiges, nicht aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm, zahlreiche bei den Finanzgerichten anhängige Parallelverfahren (Massenverfahren) sowie kein besonderes berechtigtes Interesse des Rechtsbehelfsführers an einer Entscheidung des Finanzgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren. Diese für das Klageverfahren zunächst entwickelten Grundsätze sind mittlerweile vom Bundesfinanzhof auch auf das Einspruchsverfahren übertragen worden.[71]

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Dem Verteidiger gibt diese Rechtsprechung die Möglichkeit, bei einzelnen streitigen Grundsatzfragen vereinfacht, ohne seinen Einspruch näher begründen zu müssen, unter Hinweis auf derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren die Aussetzung des Verfahrens anzuregen oder dem von der Finanzbehörde angeregten Ruhen des Verfahrens zuzustimmen (§ 363 Abs. 2 AO) und damit den Steuerbescheid für diesen Teil offen zu lassen. Das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO entspricht für seinen Umfang („insoweit“) den zivilrechtlichen Wirkungen der Aussetzung oder des Ruhens des Verfahrens (§§ 249, 252 ZPO).[72] Während der Dauer der Aussetzung oder des Ruhens des Verfahrens dürfen gegenüber den Beteiligten keine Verfahrenshandlungen ergehen. Die Aussetzung und die Ablehnung der Aussetzung sind Ermessensverwaltungsakte, ein Anspruch auf Ruhen besteht nicht.[73] Die Anordnung der Aussetzung oder das Ruhenlassen des Verfahrens sind selbstständig anfechtbar. In allen anderen Fällen kann die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nur mit der Klage gegen die Einspruchsentscheidung geltend gemacht werden, § 363 Abs. 3 AO.[74] Zu beachten ist aber, dass eine Aussetzung der Vollziehung regelmäßig mit der Verfahrensaussetzung nicht verbunden ist, diese deshalb nur Sinn macht, wenn die Steuer bereits bezahlt ist.

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