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Karl und die Hitlerjugend

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Von den politischen Verwirrungen und ideologischen Irrungen bekamen Karl und seine Geschwister zunächst relativ wenig mit, da ihre Eltern sie so viel wie möglich von ihnen fernhielten. Als Karl zehn Jahre alt war, durfte er – dank des Hinweises seines Vaters, dass er noch nicht so kräftig sei – ein weiteres Jahr dem Jungvolk der Hitlerjugend (HJ) fernbleiben, doch mit elf Jahren musste er beitreten.

Karl merkte, dass diese Jugendverbände einen sehr großen positiven Reiz auf alle Kinder ausübten, war doch das, was ihnen beigebracht wurde, der interessanten Pfadfinderarbeit sehr ähnlich. Sie lernten, Zelte aufzubauen, wie Lagerfeuer entfacht wurden und erlebten andere spannende Dinge einer normalen Jugendarbeit. Als elf- und zwölfjähriger Junge fand er es natürlich auch klasse, eine Uniform zu tragen, zumal man in dieser Uniform nicht geschlagen werden durfte. Die Gruppe der „Kleinen“ wurde sogar Jungschar genannt!

Nichtsdestotrotz war es Karl bewusst, dass die ganze Sache nicht ganz konform war mit dem Leben und der Lehre, die er zu Hause mitbekam. So war es für ihn selbstverständlich, wenn sie sonntags morgens zum Appell antreten mussten, dass er um kurz vor 11 Uhr zum Kommandeur ging, sich ordnungsgemäß abmeldete und mit noch einigen anderen Jungen zum Kindergottesdienst ging. Da der Gottesdienst und Kindergottesdienst im Gegensatz zu aller anderen Jugendarbeit, zum Beispiel auch der Arbeit des CVJM-Westbundes, nicht verboten war, ließ man sie gehen. Die Glaubenshaltung der Familie Sundermeier war in Südlengern bekannt und wurde respektiert, sodass sie keine Repressalien zu fürchten hatten.

1944 sollte Karl in der HJ befördert werden, was er aber nicht wollte. Um dem zu entgehen, meldete er sich freiwillig bei der Flieger-HJ. Aus der Not wurde eine Leidenschaft fürs Segelfliegen, die er aber leider bei seinen späteren zeitaufwendigen Tätigkeiten nicht weiter vertiefen konnte. Bei der Flieger-HJ ging es zunächst einmal darum, im Fliegerhorst Barntrupp und in Oerlinghausen alle zwei bis drei Wochen das Segelfliegen zu erlernen. Wenn es nach Karl gegangen wäre, hätte es viel öfter sein können, so viel Spaß machte es ihm! Für ihn gab es damals nichts Schöneres als Fliegen, und später genoss er die vielen Flüge, die er beruflich machen musste, auch wenn es natürlich nicht damit zu vergleichen war, selber das Steuer in der Hand zu halten. Nur zwei Mal hatte er im Verlauf seines weiteren Lebens noch einmal die Chance, ein Flugzeug in der Luft eine Zeit lang selbst zu steuern – natürlich nur in Begleitung: einmal bei einem Flug über sein späteres Haus in Schwelm und einmal bei einem Flug mit einem Freund in Namibia.

Dass das Fliegen einen so schrecklichen Kriegshintergrund hatte, war Karl in dem Moment wohl in seiner ganzen schlimmen Konsequenz nicht bewusst. Erst im Nachhinein war er dankbar, dass er im Krieg keine Waffen gebrauchen und nicht gegen andere Menschen kämpfen musste. Um eingezogen zu werden, war er genau einen Monat zu jung.

Sein Vater konnte dem allerdings nicht entgehen und wurde 1941 eingezogen. Zunächst war Fritz in der Kaserne in Bielefeld stationiert. Zwei oder drei Mal fuhr Karl vor der Schule die 15 Kilometer mit dem Fahrrad nach Bielefeld, um seinem Vater Zigarren in die Kaserne zu bringen. Er musste sich jedes Mal sehr beeilen, denn schließlich musste er pünktlich um 8 Uhr auf seiner Schulbank sitzen. Vater Fritz kam aber bald wieder nach Hause, da seine Frau Paula einen Antrag an die Behörden stellte, dass Fritz wichtig sei, um die Produktion der für das Wohlbefinden der Wehrmacht wichtigen Zigarren zu gewährleisten.

Ende 1944 wurde Fritz dann doch noch einmal eingezogen und geriet später in Bayern in amerikanische Kriegsgefangenschaft. In dieser Zeit leitete Paula die Zigarrenfabrik. Da gegen Ende des Krieges die Schule von Frühjahr bis Herbst 1945 ausfiel, konnte Karl seiner Mutter im Büro helfen.

Kurz vor Ende des Krieges wurde Karl als Flakhelfer einberufen, musste aber nur Schützengräben ausheben. Da ein Offizier der englischen Besatzung in Bünde Mitglied des YMCA war, ermöglichte er Karl nach dem Krieg einen Austausch nach England – zu dieser Zeit ein außergewöhnliches Ereignis im Dorf und in der Familie.

Karl Sundermeier - Der Orchideenmissionar

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