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8.

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Ein stechender Schmerz ließ Mark aus seinem unruhigen Schlaf auffahren. Mit glasigem Blick registrierte er, dass er über dem Schachspiel eingeschlafen war, das er auf dem Nachttisch aufgebaut und sich übers Bett gezogen hatte. Sein Genick schmerzte. Mark schob den Nachttisch beiseite und rollte sich langsam in eine sitzende Haltung. Nur mühsam kämpfte er sich aus dem Bett hoch, um hinüber ins Badezimmer zu schlurfen, weil ihn auch noch seine volle Blase peinigte.

»Ich fühle mich, als wäre ich hundert«, murmelte er und riskierte lieber keinen Blick in den Spiegel. Er war noch nicht zurück am Bett, als er entschied, lieber mit einigen Chemikalien mehr im Blut, dafür glücklich und schmerzfrei zu leben und sich eine dieser starken Kopfschmerztabletten geben zu lassen.

Er warf sich den Morgenmantel über und trat hinaus auf den Flur, der jetzt im Halbdunkel lag und auf dem gähnende Leere herrschte. Das Schwesternzimmer lag nicht weit von seinem Zimmer entfernt, direkt neben dem Fahrstuhl. Doch auch dort war niemand. Sollte er zurückgehen und doch nach der Schwester läuten? Nein, er entschloss sich zu warten.

Um die Schmerzen in seinem Genick ein wenig zu lindern, massierte er sich mit einer Hand den verspannten Muskel. Nach einer Weile sah Mark sich um. Eine Sitzmöglichkeit gab es nicht, also ging er langsam auf und ab. Das Schwesternzimmer war verglast. Hinter der Durchreiche, die ihn an die Schalterhalle der Bank seines Vaters erinnerte, lagen Patientenakten. Mark blieb stehen und spähte durch das Glas. Tatsächlich: Seine Akte lag auch da. Er blickte sich um. Aber es war immer noch niemand zu sehen.

Vorsichtig öffnete er die Tür, nahm sich seine Akte und blätterte darin. Doch es gab nicht viel zu sehen. Drei handschriftliche Zeilen in einer unleserlichen Schrift, einige Kreuzchen und sonstige Zeichen. Interessant fand er den Vermerk »Selbstzahler« und beschloss, aufmerksam den Honorarsatz zu prüfen, den man für ihn veranschlagen würde. Mit flinker Hand sah er die anderen Akten durch, ob auch die seines Vaters dabei war, konnte sie aber nicht entdecken. Klar, dachte er, das ist eine andere Station. Die werden sie dort haben.

Er ordnete die Unterlagen wieder und verließ das Schwesternzimmer – gerade rechtzeitig, denn im nächsten Moment ging die Fahrstuhltür auf. Er hörte, wie ein Mann ziemlich erregt sagte: »Und warum nicht? Früher hat dir das nichts ausgemacht! Jeder sieht doch, dass er dir …« Und eine Frau fiel ihm ins Wort: »Das haben wir oft genug besprochen. Es ist aus und vorbei. Ich habe auch keine Lust, dir ständig wieder …«

In diesem Augenblick traten Schwester Beate und Doktor Wenger aus dem Fahrstuhl, und abrupt verstummte das Gespräch. Es war offensichtlich, dass die Beziehung zwischen ihnen nicht nur beruflicher Natur war. Mark musste an Ricarda denken und daran, wie er sie am Nachmittag mit dem Arzt im Park gesehen hatte. Hatte dieser Wenger tatsächlich mit seiner Tochter geflirtet? Vielleicht sollte er mit Ricarda sprechen. Aber dann schob er diesen Gedanken beiseite. Sie würde ihn nur wieder der väterlichen Eifersucht bezichtigen, und Mark gestand sich ein, dass sie meistens damit auch recht hatte.

»Kann man Ihnen irgendwie helfen?«, fragte Doktor Wenger und musterte zuerst Mark und dann die Tür zum Schwesternzimmer.

Verdammt, dachte Mark, ich habe sie offen gelassen. »Ich, äh, bräuchte etwas gegen meine Kopfschmerzen«, sagte er und hatte das Gefühl, dass Wenger verärgert schien. Hatten sich die beiden gestritten? Auch Schwester Beate wirkte ungehalten.

»Gerne«, sagte sie knapp. »Ich bringe Ihnen gleich was.« Sie ging ins Schwesternzimmer und schloss die Tür hinter sich lauter, als es nötig gewesen wäre.

»Danke«, murmelte Mark verdutzt und winkte dem Arzt mit müdem Arm. »Gute Nacht dann. Ich hoffe, Sie haben heute keinen Nachtdienst.«

Doktor Wenger lächelte gequält. »Das war für mich die letzte OP heute«, sagte er, offenbar um einen gelassenen Tonfall bemüht. »Gute Nacht. Versuchen Sie etwas zu schlafen.«

Mark nickte und ging wieder zu seinem Zimmer. Die Kopfschmerzen waren schon fast weg, der Nacken machte auch keine größeren Probleme mehr. Ein wenig Bewegung und Ablenkung, und man fühlte sich gleich viel gesünder. Die Tablette würde er trotzdem nehmen.

Wenig später kam die Schwester ins Zimmer und hatte wieder ihre gewohnt aufgeräumte Miene aufgesetzt. »So«, sagte sie. »Jetzt bekommen Sie etwas gegen ihre Schmerzen.«

»Danke, Schwester …«

»Beate«, sagte die Schwester. Sie drückte Mark eine Tablette aus der Folie und schenkte ihm eine Tasse Pfefferminztee ein. »Hier. Die nehmen Sie bitte mit ein paar Schlucken Tee. Wirkt in fünf Minuten. Wenn Sie dran glauben, geht es sogar noch schneller.«

Sie lächelte und sah dabei bezaubernd aus.

»Beugen Sie sich mal ein bisschen vor«, sagte sie. »Dann kann ich Ihr Kissen aufschütteln.« Während sie sein Bett zurechtmachte, warf sie einen Blick auf das Schachbrett und lächelte ihn an: »Matt in zwei Zügen.«

»In … zwei … Zügen«, stotterte Mark irritiert. »Im Ernst?«

»Sagen Sie bloß, das war nicht geplant!«

»Ich sehe es nicht einmal …« Mark starrte mit verwirrter Miene auf das Schachbrett, während die Schwester wieder zur Tür ging. »Na, dann sollten Sie mal Ihre Springer etwas im Auge behalten. Und jetzt gute Nacht. Diesmal machen wir die Tür zu, ja?« Sie löschte das Licht und verließ leise das Zimmer. Mark aber saß grübelnd in seinem Bett und sah ihr nachdenklich nach.

In besten Händen

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