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2. Kapitel 1.

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»Tja«, sagte Doktor Englisch, Oberarzt an der Hamburger Feilhauer-Klinik, und blickte Mark über den Rand seiner Brille hinweg an. »Damit ist nicht zu spaßen. Es hätte auch tödlich ausgehen können. Ihr Vater ist Gott sei Dank trotz seines stolzen Alters sehr rüstig.«

Rüstig. Ein Wort, das Mark nicht gerne hörte. Rüstig nannte man Greise, keine Männer, die noch mitten im Leben standen. Andererseits: Würde sein Vater jemals wieder so die Puppen tanzen lassen können, wie er das all die Jahre über getan hatte, seit Mark sich erinnern konnte?

Der Arzt sah ihm die Frage förmlich an. »Um es gleich zu sagen, es wird nicht mehr alles so sein wie früher. Ihr Vater wird zwar weiterhin ein normales Leben führen können – das hoffen wir zumindest –, aber er wird ein paar Gänge runterschalten müssen. Immerhin ist er über achtzig …« Doktor Englisch stand auf und ging zum Fenster, wo er, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, stehen blieb und eine kleine Weile schweigend hinausblickte. »Ich bin geneigt zu sagen, der Stress sei für den Schlaganfall verantwortlich. Doch das wäre nur die halbe Wahrheit. Man muss bedenken, dass es auch dieser Stress war, der ihn bisher so fit gehalten hat. Das Teilnehmen am öffentlichen Leben, die Verantwortung, die er bis zuletzt in seiner beruflichen Stellung hatte. Ihr Vater war ja kein Unbekannter …«

»Aber so sprechen Sie doch nicht immer in der Vergangenheit von ihm, Herr Doktor«, unterbrach ihn Mark. »Immerhin lebt er ja noch und ist auf dem Weg der Besserung. Hoffentlich.«

»Aber sicher!«, betonte der Oberarzt und hob die buschigen Augenbrauen. »Meine Prognose ist gut. Aber wissen Sie, ich kenne Männer wie Ihren Vater. Wenn Sie in zwei, drei Tagen hier rausmarschieren und tun, als wäre nichts gewesen, dann geht das völlig in Ordnung. Ihre Gehirnerschütterung hatte einen äußeren Anlass, und der wird sich hoffentlich nicht wiederholen. Wenn Ihr Vater in einiger Zeit die Klinik verlässt und tut, als wäre nichts gewesen, dann haben wir ihn schneller wieder hier, als Sie alle sich das vorstellen können.«

»Verstehe«, sagte Mark. »Das wird nicht leicht sein.«

»Kann ich mir vorstellen.« Der Arzt lächelte und kehrte zu seinem Stuhl zurück.

»Sie sagen: Wenn er in einiger Zeit die Klinik verlässt … Wie lange rechnen Sie, dass er hierbleiben muss?«

»Schwer zu sagen. Erst mal müssen wir ihn ein paar Tage beobachten …«

Das Telefon klingelte, Doktor Englisch nahm den Hörer ab und meldete sich mit einem knappen »Ja«. Dann lauschte er. »Und die wollen was?«, fragte er. »Mein Gott, ja, sagen Sie ihnen, sie sollen im Institut anrufen, die sollen ihnen einfach die Kopien schicken. Oder besser, Sie rufen im Institut an und sagen es denen. Einfach die letzten drei oder vier Jahrgänge. Ja.« Englisch musterte Mark mit düsterem Blick, während er wieder lauschte. »Ich finde das albern, Wenger«, sagte der Arzt ungehalten.

Wenger, dachte Mark. Offenbar war der Arzt, der ihn behandelt hatte, die rechte Hand des Oberarztes.

»Die Sache ist doch klar«, raunzte Englisch in den Hörer. »Seit Paduani tot ist, herrscht hier dieses lächerliche Kompetenzgerangel. Machen Sie kurzen Prozess mit den Herren und … Ja, ja, natürlich, alles auf die sanfte Art. Also. Bis dann.« Er legte auf.

»Ärger mit den Behörden wegen eines Todesfalls?«

Englisch schürzte die Lippen. »Ja. So kann man das auch sagen.« Er suchte etwas in der Tasche seines Kittels. »Kein Patient. Keine Sorge.« Die Suche war offenbar erfolglos, weil er sich nun mit gefurchter Stirn auf dem Schreibtisch umsah. »Unser Chefarzt«, erklärte er. »Krebs«, als wäre damit alles gesagt.

»Das tut mir leid.«

»Tja«, sagte Englisch und blickte auf. »Damit ist nicht zu spaßen.«

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