Читать книгу In besten Händen - Sky du Mont - Страница 8
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Оглавление»Sie sind eine interessante Frau, wissen Sie das?«, sagte Doktor Steffen Wenger und blinzelte in die Herbstsonne, die durch das schon etwas fadenscheinige Blätterdach der Buchen fiel.
»Und Sie sind ein ziemlicher Charmeur«, sagte Ricarda und warf ihr volles, dunkles Haar über die Schulter, »wissen Sie das?«
»Nur, wenn ich nicht anders kann. Kommen Sie, gehen wir ein Stück gemeinsam. Sie wollen doch auch ins Haupthaus?«
»Klar. Ich habe ja zwei Patienten bei Ihnen.«
»Erzählen Sie mir ein bisschen von Ihren Träumen.«
Ricarda lachte auf. »Sind Sie auch Seelenklempner? Oder ist das nur eine Methode, einen besseren Zugang zu Ihren Patienten zu bekommen?«
»Oh, weder noch. Das ist lediglich Interesse. Sie sind eine attraktive junge Frau und kommen aus einer angesehenen Familie, Sie sind von Hause aus reich. Da fragt man sich natürlich, welche Ziele jemand hat, der vom Glück so begünstigt wurde.«
»Ach, so sehen Sie das? Na ja, vielleicht stimmt die Analyse ja. Sie wäre zumindest eine Erklärung dafür, dass ich ständig mein Studienfach wechsle.«
»Ah ja? Und was ist es jetzt?«
»Kunstgeschichte, Kunsttheorie und Grafikdesign.«
»Sie haben es auf eine Karriere im Kunsthandel abgesehen. Oder als Kuratorin in einem der großen Museen? Bei den Beziehungen Ihres Großvaters sehe ich Sie schon vor mir als Leiterin der Eremitage in Sankt Petersburg.«
Die Bemerkung missfiel Ricarda. Sie war es gewohnt, dass alle Welt mutmaßte, jede gute Note, die sie schrieb, jedes gelungene Vorhaben, das sie anpackte, wäre nichts weiter als das Ergebnis der geschäftigen Erfolge ihres Großvaters. »Vermutlich«, sagte sie betont knapp, »Aber ich habe es nicht auf eine Karriere als Hüterin der Kunstwerke anderer abgesehen. Ich werde Konzeptkünstlerin.«
»Oh.« Wenger schwieg eine Weile. Es war offensichtlich, dass er nicht sicher war, was eine Konzeptkünstlerin war. Ricarda genoss die Verlegenheit und schwieg ebenfalls. Schließlich fragte Wenger: »Und was macht man so als Konzeptkünstlerin? Ich bin Arzt, und von moderner Kunst verstehe ich so gut wie nichts.«
»Nun, je nachdem, durch welche Mittel man sich künstlerisch ausdrücken will, greift man auf Tanz, Theater, Malerei, Bildhauerei, Literatur zurück, auf Vortrag oder Video, bewegte oder statische Bilder.«
»Ah, ich verstehe.« Man sah Wenger deutlich an, dass er von alldem nichts verstanden hatte. »Das klingt aufregend. Ich kann mir vorstellen, dass das großen Spaß macht.«
»Tut es«, bestätigte Ricarda. »Na ja, sagen wir: täte es.«
»Täte es?«
»Wenn es nicht so verdammt schwer wäre, Konzeptkunst zu platzieren. Sie können sich nicht vorstellen, wie spießig die Kunstszene ist.« Sie sah ihn von der Seite an. »Und auf die guten Verbindungen meines Großvaters möchte ich mich nicht berufen.«
»Sie wollen das allein schaffen«, stellte Wenger fest und blieb stehen.
»Exakt.«
Er überlegte. »Vielleicht kann ich Ihnen dabei helfen.«
»Echt?«
»Es gibt da eine Stiftung, zu der ich ganz gute Kontakte habe, weil unser ehemaliger Chefarzt dort Vorsitzender war. Vielleicht kennen Sie sie: die Paduani-Stiftung.«
»Sagt mir nichts.«
»Sie fördert vielversprechende Kunstprojekte, und ich könnte arrangieren, dass Sie dort vor den entsprechenden Leuten Ihr Projekt vorstellen.«
Ricarda strahlte Wenger an. Vielleicht war das die Chance. Vielleicht hatte sie gerade das Gespräch geführt, das ihrem Leben die entscheidende Wendung geben würde.