Читать книгу Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren - Steffen Stern - Страница 24

III. Aufklärungsquote bei Tötungsdelikten

Оглавление

24

Die allermeisten der als unnatürlich erkannten Todesfälle, die in ein Ermittlungsverfahren münden, gelten als aufgeklärt[69]. Die Quote in Bezug auf Mord und Totschlag liegt seit Jahrzehnten auf hohem Niveau bei etwa 90 bis 95 Prozent[70]. Für einige Großstädte wie Augsburg, Bielefeld, Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Gelsenkirchen, Halle, Krefeld, Leipzig, Lübeck, Mannheim, Münster, Rostock oder Wiesbaden wurden 2010 Aufklärungsquoten von 100 % vermeldet[71]. Doch diese Erfolgszahlen täuschen über den allgemeinen „Täterschwund“ hinweg, der von der Registrierung des Tatverdächtigen in der PKS bis zum Verfahrensabschluss, wie er sich in der Rechtspflegestatistik niederschlägt, zu beobachten ist. Während die PKS die Verdachtslage aus polizeilicher Sicht widerspiegelt und nicht nachträglich korrigiert wird, falls sich der Verdacht nicht erhärtet, misst die Strafverfolgungsstatistik (StrVerfStat) das Ergebnis der (in Form von Strafprozessen durchgeführten) gerichtlichen Untersuchungen. Bisweilen entpuppt sich ein – zumindest aus Polizeisicht – scheinbar eindeutig geklärter Mord im Nachhinein als harmloser Unglücks- oder natürlicher Todesfall. Nach Abgabe der Akten an den Staatsanwalt kommt es überdies nicht nur zu Verfahrenseinstellungen, weil Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bestehen, sondern in ganz hoher Zahl werden die Vorwürfe auch „herunterdefiniert“, vom Mord zum Totschlag, von der vorsätzlichen zur fahrlässigen Tötung, zur Körperverletzung mit Todesfolge oder zum Rauschdelikt[72].

25

Aus älteren Untersuchungen der frühen 70er wissen wir, dass mindestens jeder 2. Fall, in dem der Verdacht eines vorsätzlichen Tötungsdelikts bestanden hat, nicht zu einer entsprechenden Verurteilung geführt hat. Noch dramatischer waren die Zahlen, wenn es um nur versuchte Tötungsdelikte ging. In allenfalls ein Viertel der Vorwürfe hatte sich der Verdacht auch im Schwurgerichtsverfahren uneingeschränkt bestätigt[73]. Im Jahre 2010 endeten immerhin 44 Verfahren wegen versuchten oder vollendeten Mordes oder Totschlags mit Freispruch[74]. Kommt es wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts zum Schuldspruch, werden im Durchschnitt zwischen 7 und 8 Haftjahre verhängt[75].

Teil 1 EinführungA › IV. Charakteristische Tötungsdelikte

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

Подняться наверх