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a) Sexualmorde an Kindern

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Die mediale Resonanz auf Sexualmorde an Kindern oder Jugendlichen ist gewaltig. Entsprechend stark ist denn auch die Anteilnahme in der Bevölkerung, wenn sie vom plötzlichen Verschwinden eines namentlich genannten Kindes und wenig später vom Auffinden der Kindesleiche erfährt. Über Abscheu und Entsetzen lösen Berichte über ermordete Kinder bei vielen Eltern große Beunruhigung aus. Nicht immer ist die Sorge völlig unbegründet: Über ein Jahrzehnt fahndete die SoKo „Dennis“ nach dem „Maskenmann“, einem mutmaßlichen Serientäter, der zwischen 1992 und 2004 fünf Jungen getötet und mehr als 40 sexuell misshandelt haben soll. Immer wieder soll er nachts unbemerkt in Schullandheime, Internate und Zeltlager eingedrungen sein und Jungen einer bevorzugten Altersgruppe mit ähnlicher Statur missbraucht oder entführt haben[140]. Am 15.04.2011 gab die Polizei endlich die Festnahme eines 40-jährigen Pädagogen aus Hamburg bekannt, der alsbald ein Teilgeständnis abgelegt und die Tötung von drei Jungen sowie etwa 40 Missbrauchsfälle eingeräumt haben soll[141]. Eine vergleichbare Mordserie an Kindern ereignete sich in den 1960er-Jahren in Pirmasens[142]. Im Schwurgerichtsprozess gegen den „Maskenmann“ vor dem LG Stade hat Nedopil als Gutachter beim Angeklagten zwar eine „schwere seelische Abartigkeit“ diagnostiziert, hielt ihn aber dennoch für uneingeschränkt schuldfähig[143].

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Sexualmorde machen allerdings, anders als die medial bewegte Bevölkerung glaubt, nur einen geringen Prozentsatz der Tötungsdelinquenz aus. Umfragen zufolge herrscht die Meinung vor, Sexualmorde an Kindern hätten in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen. Jedoch sind nach den verfügbaren Daten die Zahlen seit Langem rückläufig[144]. Das Risiko, Opfer eines Sexualmordes zu werden, hat seit 1973 um etwa zwei Drittel abgenommen. In der Zeitspanne von 1973 bis 1987 wurden insgesamt 83 Kinder und Jugendliche als Opfer von Tötungsdelikten gezählt (~ 6 pro Jahr); von 1995 bis 1999 waren es dagegen nur noch 18 (~ 4 pro Jahr)[145]. In den letzten 2 Jahrzehnten wurden in den alten Ländern der Bundesrepublik durchschnittlich 2 bis 3 Fälle pro Jahr des vollendeten Mordes aus sexuellen Motiven an Kindern gezählt[146]. Im Berichtsjahr 2010 hat es nur einen Sexualmord[147] an Kindern (bis 13 Jahre) gegeben; betroffen war ein Mädchen[148].

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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