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a) Ehrenmorde

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Ehrenmorde finden innerhalb der eigenen Familie statt. Das Grundschema des Ehrenmordes, wie er vorwiegend in türkischstämmigen Familien vorkommt, besteht in der Tötung eines zumeist weiblichen Familienmitgliedes durch ein männliches Mitglied ein und derselben Familie zur Wiederherstellung der Familienehre, die zuvor durch das Opfer beschmutzt bzw. beschädigt worden ist. Mit der Tötung des „Rechtsbrechers“ durch die Hand eines Familienmitglieds ist die verloren geglaubte Ehre der Familie wiederhergestellt und der Konflikt „bereinigt“[126]. Das landläufig verbreitete Bild, dass die Opfer fast ausnahmslos Frauen seien, die Tabus verletzen und dadurch die Ehre der Familie beschädigen, wird durch eine soeben veröffentlichte, vom BKA in Auftrag gegebene Studie zurechtgerückt. Immerhin sind 1/3 der durch Ehrenmorde Getöteten männlichen Geschlechts[127].

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Nicht selten sind Ehrenmorde darauf zurückzuführen, dass sich junge Frauen einer Zwangsheirat entzogen oder widersetzt haben. Das am 01.07.2011 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat (ZwHeiratBekG) v. 23.06.2011 (BGBl. I S. 1266 [Nr. 33]) ist ein erster wichtiger Schritt, der bundesdeutschen Rechts- und Werteordnung auch innerhalb rückständiger nichtdeutscher Familien oder Gemeinschaften Geltung zu verschaffen.

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Spektakuläre Strafprozesse über Ehrenmorde[128], in denen die Werte des deutschen Rechtsstaats und die verkrusteten Vorstellungen einer anatolischen, afghanischen oder yezidischen Parallelgesellschaft aufeinanderprallen, sind Zeitdokumente einer gescheiterten Integration.

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Erst im September 2010 hat der BGH das Ehrenmord-Urteil gegen einen 47 Jahre alten türkischen Angeklagten bestätigt, den im März 2010 das SchwurG Schweinfurt wegen der Ermordung seiner 15-jährigen Tochter zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt hatte[129]. Der in seinem Ehrgefühl verletzte Täter missbilligte die Beziehung seiner Tochter zu einem gleichaltrigen Freund. Nachdem sein Bemühen, die Tochter in die Türkei zurückzuschicken, gescheitert war, hatte er in der Nacht zum 24.06.2009 mit einem dreißig Zentimeter langen Fleischmesser 68-mal auf seine Tochter eingestochen. Aus Verteidigersicht stellt sich bei geklärter Täterschaft die Frage nach der Bewusstseinslage des verblendeten Tatverdächtigen in Bezug auf etwaige Mordmerkmale (Heimtücke und niedrige Beweggründe[130]) und – auch angesichts der engen Stichfolge – der verminderten Schuldfähigkeit wegen eines Affekts[131]. Die Tat beruht in diesen Fällen nach den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft in Deutschland jedenfalls dann auf niedrigen Beweggründen, wenn der Täter bereits viele Jahre in Deutschland lebt, auch hier zur Schule gegangen und mit den deutschen Rechts- und Wertvorstellungen vertraut ist – so die Urteilsbegründung das LG Hamburg im Prozess um den Ehrenmord an der 16-jährigen Morsal O., die im Mai 2008 durch ihren 23-jährigen Bruder mit 23 Messerstichen getötet worden war, weil sie ihren Körper nicht genügend durch Kleidung verhüllt, sich zu stark geschminkt, heimlich Umgang mit Männern gepflegt, sich angeblich prostituiert und Drogen genommen hatte. Der Täter war mit seiner Familie 1992 aus Afghanistan in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt und hatte in der Folgezeit die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen[132].

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Häufig gibt es eine Vielzahl von tatverdächtigen Familienangehörigen, die als Haupttäter, Anstifter oder Gehilfen in Betracht kommen, wie etwa im Fall eines vom LG Kleve abgeurteilten Ehrenmordes. Ein 20 Jahre altes türkisches Mädchen musste die intime Beziehung zu seinem Freund mit dem Leben bezahlen[133]. Die junge Frau war durch einen Gehilfen an einen entlegenen Ort gelockt und dort von ihrem Bruder durch Angriffe gegen den Hals und durch das Zertrümmern des Schädels getötet worden. Der Vater hatte derweil plangemäß die andere Tochter abgelenkt[134].

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Dass archaische Strukturen auch überwunden werden können, zeigt der Fall eines durch das LG Limburg an der Lahn wegen versuchter Anstiftung zum Ehrenmord verurteilten Türken. Der aus Anatolien stammende, als Imam tätige und den heimatlichen Wertvorstellungen eng verbundene 47-jährige Angeklagte hatte entschieden, eine seiner Töchter im Sommer 2006 in die Türkei zu schicken, um sie dort mit ihrem Cousin, dem sie nie begegnet war, zu verheiraten. Es kam zur Verlobung, die die Tochter jedoch wieder löste, nachdem sie sich in der Türkei in einen anderen Mann verliebt hatte. Der Vater drohte seiner Tochter mit dem Tod, falls die Hochzeit nicht doch noch stattfinden werde. Die Tochter floh zur Familie ihres neuen Lebensgefährten, den sie auch heiraten wollte. Der Angeklagte bedrängte einen seiner Söhne, seine Schwester in der Türkei zu töten. Der verzweifelte Sohn offenbarte sich jedoch seinem Lehrer, der die Polizei verständigte[135].

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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