Читать книгу Der NSU Prozess - Tanjev Schultz - Страница 30
Tag 13
Оглавление20. Juni 2013
Manfred Götzl, Richter. Carsten Schultze, Angeklagter. Anja Sturm, Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl, Verteidiger von Beate Zschäpe. Olaf Klemke, Nicole Schneiders, Verteidiger von Ralf Wohlleben. Doris Dierbach, Anwältin der Nebenklage. Henning Saß, Gutachter. Er soll für das Gericht ein psychiatrisches Gutachten über die Hauptangeklagte Beate Zschäpe erstellen.
(Die Befragung von Carsten Schultze wird fortgesetzt.)
Saß Wenn Sie mit Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe Kontakt gehabt haben, wie war dann die Beziehung der drei untereinander?
Schultze Ich habe nur zwei, drei Bilder vor dem Abtauchen im Kopf. Von den Telefonaten mit den dreien habe ich nur wenig Erinnerungen. Und das Treffen in Chemnitz dauerte nur wenige Minuten.
Saß Wie haben Sie die drei da erlebt?
Schultze Da war kein Unterschied zu früheren Treffen. Es gab ein freundliches Hallo, wir haben uns ganz normal hingesetzt. Es hat nicht den Eindruck gemacht, als hätten wir uns länger nicht gesehen.
Saß Sie haben gesagt, es gab keine Hierarchie bei den dreien. Also waren sie gleichberechtigt?
Schultze Ja, also das ganz Normale.
Saß Kamen Wortbeiträge von allen drei Personen?
Schultze Ja.
Saß War die Begegnung: freundschaftlich, sachlich – es gibt da ja verschiedene Möglichkeiten?
Verteidiger Stahl Ich beanstande die Frage, sie ist spekulativ.
Götzl Ich lasse die Frage zu.
Saß War etwas zu erkennen wie die Anführerschaft oder argumentative Führerschaft?
Verteidigerin Sturm Was soll die Frage? Herr Schultze hat bereits mehrfach vorgetragen, dass die Situation im Café nur zwei bis drei Minuten dauerte und er nur sehr wenige Sätze mit Frau Zschäpe gewechselt hat damals. Er wird von Ihnen dazu angehalten, Spekulationen vorzunehmen.
Verteidiger Heer Was soll überhaupt der Begriff Anführerschaft? Der Gutachter Saß möge das im Hinblick auf die Tatsachen umformulieren.
Saß Herr Schultze ist doch mit solchen Begriffen vertraut, er hat Sozialpädagogik studiert.
Verteidigerin Sturm Das hat er ja erst später studiert. Er wird hier angeleitet, zu spekulieren.
Götzl Sie wollen, dass jetzt nicht mehr nachgefragt wird? So können wir es ja auch nicht handhaben. (Wendet sich Schultze zu.) Antworten Sie bitte.
Schultze Mir fällt nur ein: Es war alles ganz normal.
(Pause.)
Verteidiger Klemke Ich möchte Folgendes bemerken: Einer Verwertung der Aussagen von Herrn Schultze zum Nachteil von Ralf Wohlleben steht die europäische Menschenrechtskonvention entgegen; Herr Schultze hat zwar das Recht, eine Befragung durch meinen Mandanten zu verweigern. Aber jeder Angeklagte hat auch das Recht, jeden Zeugen unmittelbar zu befragen.
Verteidigerin Schneiders Die Behauptung des Angeklagten Schultze, dass er die Fragen des Angeklagten Wohlleben nicht beantworte, um der Verteidigung kein Podium zu bieten, ist als reine Schutzbehauptung zu werten. In Wahrheit will er seine eigene Rolle und sein politisches Wirken herunterspielen.
Anwältin Dierbach Wir beantragen, den Antrag, die Aussage von Carsten Schultze nicht zu verwerten, zurückzuweisen. Es wird übersehen, dass sich der Anspruch auf konfrontative Befragung auf das Gericht bezieht. Carsten Schultze hat sich hier befragen lassen, aber er hat auch das Recht zu schweigen. Dieses Recht hat ja auch der Angeklagte Wohlleben in Anspruch genommen. Von einer Verletzung der Menschenrechte kann überhaupt keine Rede sein.
(Pause.)
Götzl Dann verlese ich noch einen Beschluss des Senats: Die Anträge von seiten der Verteidigung Wohlleben und Zschäpe, das Verfahren einzustellen, werden zurückgewiesen.