Читать книгу Der NSU Prozess - Tanjev Schultz - Страница 41
Tag 24
Оглавление17. Juli 2013
Manfred Götzl, Richter. Frank Lenk, Brandursachenermittler in Beate Zschäpes abgebranntem Wohnhaus in der Frühlingsstraße 26 in Zwickau. Er sagte auch an den Tagen 15 und 38 aus. Horst-Thomas S., Kriminalbeamter des BKA. Er sagte auch an den Tagen 23 und 25 aus. Anette Greger, Jochen Weingarten, Vertreter der Bundesanwaltschaft. Wolfgang Heer, Anja Sturm, Verteidiger von Beate Zschäpe. Stefan Hachmeister, Verteidiger von Holger Gerlach.
(Wie schon bei der ersten Vernehmung von Lenk werden Lichtbilder der abgebrannten Wohnung von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in der Frühlingsstraße in Zwickau gezeigt, die der Zeuge kommentiert.)
Lenk Hier sind Bilder zu sehen, bevor die Feuerwehr in dem Haus war. Man sieht Schutt und die Zerstörung der 24 Zentimeter dicken Wand, die durch die Explosion in Richtung Nachbarwohnung verschoben wurde.
Die Feuerwehr hat das Gebäude abgestützt, mit Metallstäben. Eine Wand stürzte auf einen Kleiderschrank. Die Textilien darin waren aber gut erhalten. Sofa, Tisch, Sessel. Kamera im Blumenkasten.
Hier der Computer, der unter dem Hochbett stand. Er wurde ausgewertet, die Festplatte ebenfalls. Er war bis 14.30 Uhr in Betrieb. Wir haben auch die Schubladen geleert und den Inhalt mitgenommen. Es fanden sich CDs, verschiedene Fotos, unter anderem welche, die Frau Zschäpe zeigen. Es wurde auch ein Impfausweis auf den Namen Mandy Struck gefunden. (Struck zählte kurz nach dem Untertauchen zu den Unterstützern des Trio.) Bei dem Dokument handelt es sich um einen Impfausweis für eine Katze namens Lilly: schwarz mit weiß, männlich, kastriert.
Es folgen jetzt Bilder vom Brennzentrum über dem Hochbett. Es zeigen sich lokale Zerstörungen an der Kante des Hochbetts und an der Treppe zum Hochbett. Die typische Ausprägung eines Waffelmusters, wenn das Holz verbrennt. In diesem Bereich links ist eine größere thermische Beaufschlagung durch den Brand erfolgt als rechts. Es müssen rund 1200 Grad geherrscht haben, sodass sich Metall verbogen hat. Das zweite Brandzentrum war bei den Fernsehern und Aufzeichnungsgeräten. Wir fanden noch Zeitungen unter dem Tisch, etwa die Fernsehzeitschrift »Die 2«. Die Videogeräte waren vollständig zerstört. Im Schlafzimmer war auch ein Computer, aber der war völlig ausgebrannt. Außerdem gab es da einen Unterschrank. In dem Bereich habe ich die erste Waffe gefunden. Im Katzenzimmer wurde die dritte Waffe gefunden. Außerdem gestapeltes Kartenmaterial und ein abgebranntes Teelicht.
Im Bettkasten im Schlafzimmer war eine Pappkiste. Aus ihr ragten Drähte, die angeschlossen waren an eine Batterie. Die Kampfmittelbeseitigung hat den Karton sofort geröntgt. Es handelte sich aber um eine Attrappe, nicht um eine Bombe.
(Lenk verlässt den Saal, der nächste Zeuge, wird aufgerufen. Nun geht es erneut um Holger Gerlachs Aussage gegenüber dem BKA-Beamten Horst-Thomas S.)
Horst-Thomas S. Bei der letzten Vernehmung ging es Holger Gerlach offensichtlich besser. Er führte uns zur mutmaßlichen Tatwaffe und hat damit wirklich zur Aufklärung beigetragen. Er sagte auch zur ADAC-Karte aus. Ach ja, Scheiße, die hab ich auch übergeben, sagte er. Am 27.11. sind wir mit Gerlach von der JVA Köln zum Bahnhof von Zwickau gefahren. Von dort ist er so zielstrebig zur Polenzstraße gegangen, dass ich nicht geglaubt habe, dass er nur einmal dort war. Er ist in eine Straße eingebogen, in die wäre ich nie eingebogen. Hat auch schon von Weitem gesagt, das ist das Haus an der Ecke. Es war ein schmaler Weg nach einer Unterführung, wir sind ziemlich weit gelaufen. Es war ein extrem weiter Weg. Er sagte, er habe ein Déjà-vu-Erlebnis gehabt, aber er kannte den Weg so gut, dass ich mir das nicht vorstellen kann.
Verteidiger Hachmeister Im Protokoll wird erwähnt, unser Mandant habe von Systemchecks gesprochen, wenn er über die Besuche von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bei ihm sprach. Wer hat dieses Wort benutzt?
Horst-Thomas S. Herr Gerlach hat das Wort genannt, und Herr Staatsanwalt Moldenhauer sagte, das gehört so ins Protokoll.
Verteidiger Hachmeister Hat er das damals oder erst nachträglich als Systemcheck empfunden?
Horst-Thomas S. Ich glaube nachträglich.
Verteidiger Hachmeister Was war die Motivation für Herrn Gerlach, die AOK-Karte zu besorgen?
Horst-Thomas S. Er sagte, es ging Frau Zschäpe schlecht, deswegen.
Verteidiger Heer Können Sie etwas über den Ablauf der Vernehmungen berichten? Sie erscheinen recht lang, das, was protokolliert wurde, relativ kurz.
Horst-Thomas S. Wir haben keine bösen Sachen mit Herrn Gerlach gemacht. Der Anwalt war dabei. Wir müssen den Raum parat machen, uns ausbreiten, Herr Gerlach wird vorgeführt. Eine ganz normale Vernehmung halt.
Verteidiger Heer Ich will Ihnen keine unnormale Vernehmung unterstellen. Gab es vor jeder offiziellen Vernehmung ein Vorgespräch?
Horst-Thomas S. Nein, nur die Belehrung. Da habe ich mich falsch ausgedrückt.
Verteidiger Heer Wie wurde in die Vernehmung eingetreten?
Horst-Thomas S. Der Grundtenor war, dass Herr Gerlach aussagen wollte. Ich war ja nicht der Erste, der Herrn Gerlach vernommen hat. Er strebte die Kronzeugenregelung an.
Verteidiger Heer Wann wurde die Kronzeugenregelung zum ersten Mal thematisiert?
Horst-Thomas S. Am 12.1.2012 kam sie zum ersten Mal ins Protokoll.
Verteidiger Heer Ich habe nicht nach dem Protokoll gefragt, sondern wann sie zum ersten Mal angesprochen wurde.
Horst-Thomas S. Ich glaube, von Anfang an. Herr Rechtsanwalt Hachmeister hat zum Ausdruck gebracht, dass sein Mandant umfassend aussagen will. Wenn jemand umfassend aussagen will, dann zielt er auf die Kronzeugenregelung ab.
Verteidiger Heer Ich will die Vernehmungen einzeln mit Ihnen durchgehen. Wer hat belehrt?
Horst-Thomas S. Ich nehme an, Herr Staatsanwalt Moldenhauer.
Verteidiger Heer Wie haben Sie belehrt?
Horst-Thomas S. Er wurde belehrt, in Anwesenheit seines Anwalts und gut isses.
Verteidiger Heer Wie genau?
Horst-Thomas S. Ich sage Ihnen, wie ich meine Vernehmung vorbereite. Ich habe einen Fragenkatalog im Laptop, da ist die Belehrung schon drin, damit ich nichts vergesse.
Verteidiger Heer Wie war die Situation genau in Ossendorf?
Horst-Thomas S. Es gibt einen großen Vernehmungssaal in der JVA, man kann die Tische selbst anordnen. Herr Moldenhauer und ich haben uns abgewechselt. Beim zweiten Mal waren wir im Besucherraum und haben uns durch die Trennscheibe unterhalten – das ist für ein Gespräch nicht gerade förderlich. Beim dritten Mal war es ein schöner, großer Vernehmungsraum. Kommt drauf an, wie die JVA Platz hat, ich muss nehmen, was ich kriegen kann. Die Vernehmung sollte schnell erfolgen. Die JVA will einem nichts Böses. Die machen das möglich. Das ist halt so. Life is life.
Verteidiger Heer Wer hat Ihnen den Platz angewiesen?
Horst-Thomas S. Weiß ich nicht mehr.
Verteidiger Heer Haben Sie sofort protokolliert oder reden lassen?
Horst-Thomas S. Wir haben ihn reden lassen, außer es ging um bestimmte wichtige Dinge.
Verteidiger Heer Warum haben Sie nicht die wörtliche Frage aufgeschrieben? Und die wörtliche Antwort.
Horst-Thomas S. Das ist nicht meine Arbeitsweise.
Verteidiger Heer Wurden Unterbrechungen oder Pausen von Ihnen auch vermerkt?
Horst-Thomas S. Nein.
Verteidiger Heer Haben Sie in inhaltlicher Hinsicht ein Fragekonzept verfolgt? Sie sagten ja, Herr Gerlach war sprunghaft. Haben Sie ihn geführt?
Horst-Thomas S. Wir haben Fragen gestellt, und wenn er auf ein anderes Thema kam, dann haben wir uns das angehört. Wir haben bei anderen Themen immer wieder nachgefragt.
Verteidiger Heer Das beantwortet nicht meine Frage.
Horst-Thomas S. Dann habe ich Ihre Frage nicht richtig verstanden.
Verteidiger Heer Hatten Sie den Eindruck, dass Herr Gerlach sprunghaft war?
Horst-Thomas S. Nein.
Verteidiger Heer War sein Anwalt nur zugegen oder hat er eine aktive Rolle eingenommen?
Horst-Thomas S. Er hat Gelegenheit bekommen, sich mit seinem Mandanten zu besprechen. Er hat eingegriffen, wenn er der Meinung war, dass die Protokollierung jetzt nicht korrekt war.
Verteidiger Heer Hat er Formulierungsvorschläge gemacht?
Horst-Thomas S. Ich meine ja.
Verteidiger Heer Ist denen entsprochen worden?
Horst-Thomas S. Ja.
Verteidiger Heer Wer hat bei welcher Vernehmung welche Thematiken erörtert?
Horst-Thomas S. Herr Moldenhauer stellte nur die ersten Fragen. Dann wurde sehr schnell gewechselt. Da hatte ich den besseren Background. Aber ich kann nicht jede einzelne Frage zuordnen.
Verteidiger Heer Sie sagten, Herr Gerlach habe von den dreien gesprochen. Haben Sie den Versuch unternommen, Herrn Gerlach dazu detailliert zu befragen?
Horst-Thomas S. Sie meinen, das Telefonat? Wo er sagte, einer von den dreien?
Verteidiger Heer Hätte es sich nicht aufgedrängt, zu fragen, wer war dran?
Oberstaatsanwalt Weingarten Ich beanstande diese Frage, ob es sich aufgedrängt hätte nachzufragen. Sie ist für den Rechtsfolgenbereich nicht geeignet, eine belangvolle Antwort zu geben.
Verteidiger Heer Haben Sie nicht nachgefragt?
Horst-Thomas S. Wir haben immer nachgefragt. Das konnte Herr Gerlach nicht konkretisieren. Das war ihm nicht erinnerlich.
Verteidiger Heer Hat Holger Gerlach präziser geantwortet, als Sie oder die Protokollkraft das protokolliert haben?
Horst-Thomas S. Wir haben nicht jedes Mal nachgefragt, wen er mit den dreien meint.
Verteidiger Heer Haben Sie zur Waffenübergabe nachgefragt?
Horst-Thomas S. Wir haben Herrn Gerlach eine Skizze von der Wohnung fertigen lassen.
Verteidiger Heer Hat Herr Gerlach berichtet, ob er in der Wohnung geraucht hat?
Horst-Thomas S. Er ist, soweit ich weiß, Nichtraucher.
Verteidiger Heer Hat er sich geäußert zur Dauer seines Aufenthalts in der Wohnung?
Horst-Thomas S. Wenn es nicht im Protokoll steht, dann nein oder nicht so weit, dass wir es aufgenommen haben.
Verteidiger Heer Wissen Sie noch, wie lange Sie gefragt haben?
Horst-Thomas S. Nein. Ich schaue nicht auf die Uhr in einer Vernehmung, da ist meine ganze Konzentration gefordert. Plötzlich hörten wir von dem Waffentransport, damit haben wir nicht gerechnet. Da können Sie sich unser Erstaunen vorstellen.
Verteidiger Heer Hat Herr Gerlach geäußert, dass Frau Zschäpe ein Interesse für die Waffe gezeigt hat?
Horst-Thomas S. Nein, er hat nur gesagt, dass sie anwesend war, nicht, dass sie ein besonderes Interesse gezeigt hat.
Verteidigerin Sturm Zur Vernehmung am 25.11.2011, da kam ja die Frage: Ist Ihnen bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Gera mal wegen eines Sprengstoffdelikts gegen Sie ermittelt hat? Wie ist die Frage da reingekommen?
Horst-Thomas S. Das ist ganz normale Ermittlertätigkeit. Die Frage muss ich doch stellen, wenn ich von den Ermittlungen weiß.
Verteidigerin Sturm Es geht mitnichten darum, Ihnen etwas zu unterstellen, Sie hätten hier etwas nicht ordentlich gemacht. Sie sind für uns eine interessante Erkenntnisquelle. Wir haben ja keine Gelegenheit gehabt, Herrn Gerlach zu vernehmen. (Pause.) Sollte er in Zwickau seine Reisetasche übergeben?
Horst-Thomas S. Nein, nur den Stoffbeutel.
Verteidigerin Sturm Konnte er die drei charakterisieren, einzeln?
Horst-Thomas S. Wir haben ihn nicht einzeln charakterisieren lassen. Er sagte nur, Böhnhardt sei der Waffennarr gewesen, und die drei zusammen waren die Macher. Er hat zu ihnen aufgeblickt.
Verteidigerin Sturm Einmal soll Herr Gerlach gesagt haben, die Uwes hätten in der Hierarchie oben gestanden und dann sei Zschäpe gekommen, ein anderes Mal, sie sei gleichberechtigt gewesen. Was können Sie zu der Differenz zwischen diesen Aussagen sagen?
Horst-Thomas S. Wir haben gezielt nach der Rolle von Frau Zschäpe gefragt. Und da sagte er, sie habe genauso viel zu sagen gehabt wie Böhnhardt und Mundlos.
Verteidigerin Sturm Er hat ja laut Protokoll ausgesagt: Beate hatte die Finanzen im Griff. Wie oft kam es in Gerlachs Gegenwart vor, dass sie die Rechnung bezahlt hat? Wie viele Restaurantbesuche waren das, kann man die Häufigkeit einschätzen?
Horst-Thomas S. Dazu haben wir ihn nicht gefragt. Dass sie für die Restaurantbesuche und Rundflüge bezahlt hat, das war für uns so schlüssig.
Verteidigerin Sturm Was hat Herr Gerlach mit großzügig gemeint? Beate Zschäpe war immer großzügig mir gegenüber, soll er gesagt haben. Waren auch die Uwes großzügig?
Horst-Thomas S. Zu den Uwes haben wir ihn nicht befragt.
Verteidigerin Sturm Hat Herr Gerlach über Spannungen gesprochen zwischen Mundlos und Böhnhardt und Beate Zschäpe?
Horst-Thomas S. Nein.
Oberstaatsanwältin Greger Herr Eminger macht den Eindruck, als ob er schlafen würde.
(Der Angeklagte Eminger schreckt auf und zeigt sich empört.)
Verteidigerin Sturm Hatten Sie den Eindruck, dass der Angeklagte immer die Wahrheit sagt?
Oberstaatsanwalt Weingarten Ich beanstande die Frage.
Verteidigerin Sturm Wir haben auch schon andere Zeugen nach ihrem eigenen Empfinden gefragt, das ist zulässig. (Pause.) Mussten Sie oft nachbohren bei Ihrer Befragung von Herrn Gerlach?
Horst-Thomas S. Mit Sicherheit.
Verteidigerin Sturm Bei welchem Thema mussten Sie nachbohren?
Horst-Thomas S. Bei dem Beutel. Ich sagte, die ganze Sache muss logisch sein. Völlig unlogisch erschien mir, dass mir einer einen Beutel in die Tasche steckt und ich nicht nachgucke, was das ist. Da soll er mal nachdenken. Da hat er gesagt, stimmt. Da haben wir nachgebohrt.
Verteidigerin Sturm Hat er freiwillig darüber geredet?
Horst-Thomas S. Ja. Wir waren sehr überrascht deshalb. Wenn er das verschwiegen hätte, hätten wir es nicht rausgekriegt.