Читать книгу Der NSU Prozess - Tanjev Schultz - Страница 46
Tag 29
Оглавление30. Juli 2013
Manfred Götzl, Richter. Axel Kramer, Ergänzungsrichter. Monika M., 64, Nichte von Zschäpes Wohnungsnachbarin Charlotte Erber. Sie beobachtete, wie das Wohnhaus von Beate Zschäpe brannte und Zschäpe floh. Sebastian Scharmer, Reinhard Schön, Anwälte der Nebenklage. Henning Saß, psychiatrischer Gutachter.
Götzl Es geht uns um das Ereignis vom 4. November 2011. Erzählen Sie bitte!
Monika M. Mit einem Mal gab es einen dumpfen Knall, ich dachte, zwei Autos sind zusammengestoßen. Mein Mann ging ans Fenster und sagte: Gegenüber brennt’s. Ich habe sofort meine Tante angerufen, dass sie raus muss. Die hat das alles anfangs gar nicht begriffen. Am Abend mussten wir dann aber doch den Notarzt anrufen, sie hat da angefangen zu zittern. Der hat sie ruhiggestellt. Von einem Moment auf den anderen war sie obdachlos, mit ihren 89 Jahren.
Götzl Wie geht es denn Frau Erber heute?
Monika M. Sie hat sich nicht wieder richtig erholt. Das war ihre Traumwohnung. Jetzt ist sie im Seniorenheim. Sie hatte auch letztes Jahr noch eine Herzoperation, es geht ihr nicht besonders gut.
Götzl Wie war denn der Gesundheitszustand zum damaligen Zeitpunkt, am 4. November 2011?
Monika M. Laufen konnte sie schlecht. Sie hat sich viel hingelegt. Wir haben sie auch immer mit dem Rollstuhl abgeholt. Sie ist in ihrer Wohnung noch so langsam hin und her. Sie ist eben sehr langsam gelaufen. Und dann hat sie auch noch ein bisschen schwer gehört.
Götzl Hat sie Ihnen denn gesagt, was sie mitbekommen hat?
Monika M. Sie hat gesagt, sie habe gar nichts mitbekommen.
Götzl Also irgendeinen Knall oder so was?
Monika M. Nein, hat sie nicht gehört.
Götzl Wie häufig hat denn Frau Erber die Wohnung verlassen?
Monika M. Die hat sie eigentlich nur verlassen, wenn wir sie geholt haben.
Götzl Konnte sie sich denn noch selbstständig draußen fortbewegen?
Monika M. Also ganz langsam.
Götzl Hatte Sie Hilfsmittel?
Monika M. Sie hatte einen Rollator.
Götzl War sie auch mal ohne Rollator unterwegs?
Monika M. Nein, das konnte sie nicht mehr so.
Götzl Wenn wir jetzt zur Wohnung kommen, wo es gebrannt hat. Kannten Sie die Bewohner?
Monika M. Die Dame, ich wusste damals überhaupt nicht, wie sie hieß. Wir haben uns ab und zu unterhalten, sie war eigentlich sehr nett. Einmal hab ich sie bei der Sparkasse getroffen, und da haben wir uns über ihren Urlaub unterhalten, dass es sechs Wochen waren. Da hab ich gefragt, ob der Chef denn so lange freigibt. Da hat sie mir erzählt, sie würden das ansparen und könnten frei am Computer arbeiten.
Götzl Ist denn über Urlaubsziele gesprochen worden?
Monika M. Dass sie auf Fehmarn waren, das hat sie mir erzählt.
Götzl Hatten Sie die beiden Herren denn auch mal gesehen?
Monika M. Nö. Einmal hab ich sie gesehen, da haben sie eine Waschmaschine bekommen, da habe ich Hilfe angeboten, wir haben ja auch Männer, die helfen könnten. Aber die sagten, es wäre nicht so schwer.
Götzl Die Dame – wie hat sie sich Ihnen gegenüber verhalten?
Monika M. Sehr nett und freundlich, eine nette Person.
Götzl Hatte sie auch Kontakt zu Ihrer Tante?
Monika M. Sie hat auch mal gefragt, wie es geht. Aber direkt? Wüsste ich jetzt nicht.
Götzl Wie haben sich die Männer verhalten? Wie würden Sie die beschreiben?
Monika M. Am Fenster hab ich die mal gesehen, vor allem den Älteren. Die waren beide relativ groß, kurz geschnittene Haare. Dass einer älter war und einer jünger, das hat man gesehen.
Götzl Sie hatten berichtet, der eine war Ihnen als Freund und der andere als dessen Bruder beschrieben worden. Wussten Sie, wer wer war?
Monika M. Nee, das wusste niemand so richtig.
Götzl Haben Sie mal gesprochen, was die beruflich machen?
Monika M. Also alles über Computer von zu Hause aus. Aber was genau, das weiß ich nicht. Manchmal hat man durch die Wand auch Besuch gehört. Man hat gehört, dass die viel Spaß hatten.
Götzl Konnten Sie deren Fahrzeuge zuordnen?
Monika M. Einmal einen Van und dann das Wohnmobil. Das stand da länger gegenüber.
Götzl Wie lange?
Monika M. Ein paar Tage. Es hatte eine vogtländische Nummer.
Götzl Sie sind ja von der Polizei vernommen worden am 11.11.2011. Da ging es auch um das Wohnmobil. Ist denn dieses Wohnmobil umgestellt worden?
Monika M. Ja, es stand mal zur Seite und mal hinter dem Haus. Ich hab es immer stehen sehen. Ich hab noch zu meinem Mann gesagt: Dass die das da so stehen lassen! Einen Tag vor dem Brand habe ich es das letzte Mal gesehen.
Götzl In Ihrer Zeugenvernehmung bei der Polizei haben Sie angegeben, Sie hätten Frau Zschäpe mal in der griechischen Gaststätte, die im Erdgeschoss war, gesehen. Sie habe dort zusammen mit einer anderen Frau gesessen, die sie als ihre Freundin oder Schwester ausgegeben habe.
Monika M. Ja, die andere Frau war etwa gleich alt. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, dass gesagt wurde, dass es die Schwester war.
Götzl Sie sprachen bei der Polizei auch von mehreren Personen auf der Fensterbank.
Monika M. Das waren mehrere Männer, die haben da geraucht und auf dem Fensterbrett gesessen.
Götzl Wie viele Personen waren das?
Monika M. Weiß ich nicht.
Götzl Wie gut hat Ihre Tante eigentlich noch gesehen?
Monika M. Och, nicht mehr so gut. Sie hat eine Brille gebraucht, aber die lag dann immer irgendwo herum.
Götzl Und wie gut hat sie gehört?
Monika M. Sie hat schwer gehört, aber kein Hörgerät gewollt und deshalb den Fernseher immer sehr laut gehabt. Und da hab ich auch mal die Nachbarin, also die Frau Zschäpe, gefragt, ob sie das stören würde. Sie hat gesagt, es würde sie nicht stören.
Götzl Bei der Polizei haben Sie angegeben, dass Sie die Frau auch mal auf die neuen Türen angesprochen haben.
Monika M. Ja. Wie das genau war, weiß ich aber nicht mehr.
Götzl Sie haben bei der Polizei angegeben: Die Frau habe gesagt, dass sie die neuen Türen selbst eingebaut hätten. Sie habe gesagt, sie sei oft allein zu Hause und habe dann Angst.
Monika M. Ja, das stimmt.
Richter Kramer Haben Sie an den Fenstern der Wohnung irgendwelche Beobachtungen gemacht?
Monika M. Ab und zu war eine rote Lampe an. Da haben wir erst gedacht, die arbeitet in einem anderen Bereich. (Lacht.) Eine kleine rote Leuchte, die im Fenster stand. Wir haben immer gesagt, das ist ja merkwürdig. Heißt das: Der Nächste kann kommen?
Anwalt Scharmer Sie haben Folgendes zu Protokoll gegeben, ich zitiere: »Im Nachhinein muss ich sagen, dass die Frau den Tod meiner Tante in Kauf genommen hat.« Können Sie mir sagen, wie Sie zu dieser Aussage kommen?
Monika M. Sie wusste ja, dass meine Tante ganz schwer zu Fuß war. Und es hätte ja noch schlimmer ausgehen können.
Anwalt Schön Haben Sie an der Wohnung Blumenkästen gesehen?
Monika M. Ja, mit künstlichen Pflanzen.
Anwalt Schön Gab es da Veränderungen?
Monika M. Die letzte Zeit, wo das passiert ist, waren sie mal weg. Es hatte sich mal verändert. Es war alles künstliches Efeu. Da haben wir uns gewundert.
Saß Können Sie noch etwas sagen, wie das Verhalten war, wenn die drei zusammen waren?
Monika M. Immer lustig, war nie Streit oder so was.
Saß Hatten Sie den Eindruck, wie so die Stellung der drei zueinander war?
Monika M. Weiß ich nicht.
Saß Hat man das in der Siedlung eigentlich geglaubt? Dass die Frau da mit ihrem Freund und dessen Bruder zusammenwohnte?
Monika M. (windet sich) Ich wollte das so genau gar nicht wissen. Auf eine Art war es uns ja auch egal.