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Tag 31

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1. August 2013

Manfred Götzl, Richter. Albert V., 51, Kriminalhauptkommissar aus Nürnberg. Er ermittelte in den Fällen des Blumenhändlers Enver Şimşek und des Schneiders Abdurrahim Özüdoğru, die beide in Nürnberg ermordet wurden. Albert V. sagte auch am Tag 140 aus.

Albert V. Das Mordopfer Enver Şimşekwar 38 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, 13 und 14 Jahre alt, wohnhaft in Schlüchtern. Herr Şimşek hatte einen Blumengroßhandel, betrieb ein Ladengeschäft und drei mobile Stände. Er hatte einen Verkäufer angestellt, der am 9.11.2000 im Urlaub war. Deswegen war Herr Şimşek an diesem Tag das dritte Wochenende in Folge selbst an dem Blumenstand. Seinen Großhandel führte er seit 1996. Einmal in der Woche fuhr er nach Holland, um Schnittblumen zu ersteigern. Herr Şimşek war als arbeitslos gemeldet, der Großhandel lief auf dem Namen seiner Frau. Er hatte aber die Genehmigung, mehrere Stunden im Geschäft seiner Frau zu arbeiten. Nach meiner Kenntnis ist Herr Şimşek 1985 mit seiner Ehefrau nach Deutschland gekommen, anfangs wohnhaft in Fulda. 1995/1996 sind sie nach Schlüchtern gezogen und haben dort den Blumengroßhandel aufgebaut. Schon damals hat er bemerkenswert gut verdient. 1995/1996 hat er sein Vermögen umgewandelt und es dann bei verschiedenen türkischen Holdings angelegt.

Götzl Wie ist er denn von seiner Persönlichkeit beschrieben worden?

Albert V. Er ist von mehreren Zeugen als sehr zielstrebig und arbeitsam beschrieben worden und auch als sehr durchsetzungsfähig. Er war sehr beliebt in der islamischen Gemeinde und als Familienvater sehr liebevoll.

Götzl Ist denn das Handy des Opfers ausgewertet worden? Es geht mir auch um den Tatzeitpunkt.

Albert V. Es war eine Stummschaltung eingestellt. Die Auswertung ergab, dass es um 12.18 Uhr und 12.40 Uhr jeweils ein eingehendes Gespräch gab. Wir sind davon ausgegangen, dass er die beiden Gespräche auch noch selbst geführt hat. Denn der Tatzeitraum wurde zwischen 12.45 Uhr bis 14.45 Uhr angenommen; um 12.45 Uhr hatte ein Zeuge Şimşek noch gesehen.

Götzl Was haben denn die spurentechnischen Untersuchungen des Transporters ergeben?

Albert V. Der Sprinter ist sehr intensiv untersucht worden. Aber letztlich blieben keine Spuren übrig, die einem Täter zuzuordnen waren.

Götzl Was können Sie noch zur Auswertung der Verbindungsdaten sagen?

Albert V. Wir haben beim Handy des Geschädigten Daten angefordert und bekommen. Wer die letzten beiden Anrufer waren, konnte die Telefongesellschaft nicht sagen, weil die Anrufe aus dem Ausland oder von einem ausländischen Handy kamen. Alle Kontakte, die wir feststellen konnten, kamen aus seinem Umfeld.

Götzl Welche Ermittlungen zur Person wurden da jetzt angestellt? Was waren da im Einzelnen die Quellen gewesen?

Albert V. Wir haben in seinem persönlichen Umfeld ermittelt. Am Tatort gab es ja einige Widersprüche in der Wahrnehmung der Zeugen. Eine Zeugin sagte aus, dass sie in einem Waldstück, etwa 900 Meter vom Tatort entfernt, ein Streitgespräch beobachtet habe, zwischen zwei Männern. Einer der Männer war zu 100 Prozent der Blumenhändler Enver Şimşek, behauptete die Frau. Und sie sah Autos der Streithähne mit rumänischem Kennzeichen. Es gab sehr viele solcher Wahrnehmungen, aber sie waren nicht einheitsgleich. Wir haben umfangreiche Ermittlungen geführt in verschiedenen Bereichen. Der erste Schwerpunkt führte zu einem Konkurrenten, der auch einen Großhandel hatte. Es wurde bekannt, dass sie sich gegenseitig bekämpft hatten. Wir hatten eine verdeckte Info, der Konkurrent habe Şimşek mit einem Auftragskiller umbringen wollen. Und ein Zeuge hatte Şimşek erkannt: Er habe 1997 Streckmittel für Drogen von Holland nach Frankfurt gebracht. Letztendlich muss man aber sagen, dass das so nicht stimmen kann. Auch die Ermittlungen nach Rumänien haben zu keinem Ergebnis geführt.

Götzl Kommen wir bitte dann auch zu den Ermittlungsergebnissen zu dem Geschädigten Özüdoğru. Können Sie uns da auch die Ergebnisse darstellen?

Albert V. Abdurrahim Özüdoğru war 48 Jahre alt, 1980 ist er nach Deutschland gekommen. 1982 wurde seine Tochter geboren. 1998 wurde er von seiner Frau geschieden. Er hat eine Änderungsschneiderei betrieben. Wir haben allerdings festgestellt, dass hier nahezu kein Umsatz im Geschäft vorhanden war.

Was die Tat angeht: Die Zeugin P. sagte aus, sie habe am 13. Juni 2001 gegen 16.30 Uhr Schüsse und ein Fahrzeug wahrgenommen; angeblich einen Opel Omega, in den ein Mann eingestiegen sei. Sie konnte den Mann beschreiben, ein Phantombild wurde angefertigt. Die Zeugin sagte, sie habe den Mann schon zwei Tage zuvor gesehen, mit Opel und Anhänger. Es habe einen Streit zwischen den beiden Männern gegeben. Das war natürlich ein Ermittlungsansatz für uns, weshalb wir umfangreiche Ermittlungen angestellt haben. Die Frau hat gesagt, der Opel habe ein schwarzes Kennzeichen mit weißen Buchstaben gehabt. Wir konnten das Fahrzeug aber nicht ermitteln.

Auffällig war damals auch eine Telefonnummer aus England. Hier wurde festgestellt, dass diese Nummer in einem englischen Rauschgiftverfahren vorkam. Letztendlich kamen wir aber zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Telefonnummer um die eines Bekannten der Ehefrau handelte – und der belanglos war. Im Weiteren wurde eine Telefonnummer aus den Niederlanden gefunden. Auch dieser Mann wurde überprüft, auch das hat keine Erkenntnisse gebracht.

Wir haben die These überprüft, Özüdoğru könnte an einem Rauschgifthandel beteiligt gewesen sein. Wir haben daraufhin von drei Hartschalenkoffern, die wir in der Wohnung des Opfers fanden, Staub abgesaugt. Hier wurde festgestellt, dass es sich um Restspuren von Betäubungsmitteln handelte. Solche Spuren fanden sich auch auf der Sitzfläche des Beifahrersitzes seines Pkw. Es waren aber feinste Spuren, theoretisch könnten es auch Übertragungsspuren gewesen sein. Letztendlich muss man feststellen, dass auch hier keine Spuren übrig blieben, die einem Täter zugeordnet werden konnten.

Götzl Haben denn die Ermittlungen einen Bezug zwischen Herrn Şimşek und Herrn Özüdoğru ergeben, abgesehen von der Tatwaffe, die in beiden Fällen gleich war?

Albert V. Nein, ansonsten haben wir keine direkte Verbindung festgestellt.

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