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aa) Überblick
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Die in § 45 Abs. 1 VwVfG abschließend genannten[630] Verfahrens- und Formfehler können geheilt werden, so dass sie als Rechtswidrigkeitsgrund ausscheiden. Die Heilbarkeit setzt voraus, dass der Verwaltungsakt durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG), ihm keine zur Nichtigkeit führenden Rechtswidrigkeitsgründe anhaften (§ 45 Abs. 1 i.V.m. § 44 VwVfG) und er nicht inzwischen aufgehoben wurde.
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Umstritten ist die Frage nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Heilungswirkung, ob also die Heilung rückwirkend zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (ex tunc)[631] oder erst im Zeitpunkt der Heilungshandlung (ex nunc) bewirkt wird[632]. Der Gesetzgeber hat dies bewusst offengelassen, weil er für eine Klarstellung kein praktisches Bedürfnis gesehen hat.[633] Allerdings steht nur die rückwirkende Heilung mit dem Wortlaut sowie mit dem Sinn und Zweck des § 45 VwVfG in Einklang. Ziel des Gesetzgebers war es, bestimmte Verfahrens- oder Formfehler im Falle ihrer Nachholung „für den Bestand des Verwaltungsaktes schlechthin ‚unbeachtlich‚“[634] werden zu lassen. Damit hat er unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass gegen einen solchen Verwaltungsakt jedenfalls kein erfolgreicher Primärrechtsschutz erreicht werden können soll,[635] sofern der Verwaltungsakt nicht an zusätzlichen, nicht heilbaren oder nicht geheilten Fehlern leidet. Dieses Ziel der „Unbeachtlichkeit schlechthin“ im Primärrechtsschutz ist nur zu erreichen, wenn die Heilungswirkung ex tunc eintritt.
Beispiel:
Der Bürgermeister einer Gemeinde verfügt sofort vollziehbar die Zurruhesetzung eines Kommunalbeamten (mit den entsprechenden besoldungs- und versorgungsrechtlichen Konsequenzen) zum 1. Januar des Jahres. Die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats wird erst zum 1. September des Jahres eingeholt (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG). Wirkt die Heilung ex tunc, ist die Zurruhesetzungsverfügung insgesamt rechtmäßig, anderenfalls käme ihre Teilaufhebung insoweit in Betracht, als sie die Zurruhesetzung vor dem 1. September anordnet.[636]