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Kapitel 6

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Der Erfolg der Familie Rößler hat mich, kaum das ich wieder im Büro an meinem Schreibtisch die nächsten Aufträge versuchte durchzulesen, nicht mehr in Ruhe gelassen. In den Jahren, oder besser auf den Punkt gebracht, die 40 Jahre DDR war für viele die Nachfolge der kleinen „Hitler“, viele wollten es aber nicht wahrhaben. Das Wort „Unrechtsstaat“ ist für sie ein rotes Tuch. In meinem Büro in Hannover sitzt mir ein älteres Ehepaar aus Halle gegenüber. „Können sie uns helfen? Unsere beiden Söhne haben wir im Juni 1953 zum letzten Mal gesehen. Können sie herausfinden wo die Beiden geblieben sind?“ Ich verspreche, alles möglich zu machen um auch diese Schweinerei ans Licht zu bringen. Die beiden jungen Männer waren 1953 neunzehn und dreiundzwanzig Jahre jung. Günter, der Jüngere, war Maurer und Hans, der Ältere war Zimmermann. Ob ich den Eltern Schlamelcher helfen kann war mir schon klar, aber wie?

Aus der Geschichte um 1953 gab es sehr dunkle und schlimme Berichte. Der Volksaufstand vom 17. und 21. Juni 1953 war eine Massenbewegung in über 700 Ortschaften der DDR. Streiks, Demonstrationen, Proteste. Die Zentren des Aufstandes lagen in Berlin, im mitteldeutschen Industriegebiet, in den Großstädten Halle, Magdeburg, Leipzig oder in den kleineren Städten wie Görlitz oder Jena. Auch dürfen wir nicht vergessen, das Land kam auch zu seinem Recht. Aber da war noch jemand, die Besatzungsmacht. Die „Russen.“ Der Militär Kommandant des Bezirks Leipzig, Oberst Jazkewitsch, gibt folgenden Befehl heraus:

Ab 17. Juni 1953 ist in der Stadt und dem Bezirk Leipzig der Ausnahmezustand zu verhängen.

Ich verbiete ab sofort sämtlich Demonstrationen und Zusammenkünfte mit mehr als drei Personen in der Stadt. Sämtlicher Verkehr ab 21 Uhr bis 5 Uhr früh ist verboten.

Im Nichtbefolgungsfalle werden militärische Maßnahmen ergriffen.

Allen Bewohnern empfehle ich, sich an ihre Arbeitsplätze zu begeben und weiter zu arbeiten, zum Wohle des Deutschen Volkes.

Im Westen wurde der 17. Juni 1953 als „Tag der Deutschen Einheit“ gefeiert. Im Osten aber, vor Ort, will das Volk seinen Willen zur Freiheit zum Ausdruck verhelfen. Die SED, ach ja die waren ja auch noch da. Was sagen diese Holzköpfe dazu? Klar: „Faschistischer Putschversuch vom Westen.“ Dass es ihre Dummheit war, lassen sie erst gar nicht zu. Die Holzköpfe in Russland und der DDR haben zwar die Krise kommen sehen, aber so? Dass sich daraus solch eine Volkserhebung entwickeln könnte, damit haben die Dummköpfe nicht gerechnet. In der Nacht vom 16. zum 17. Juni trafen sich Semjonow, Gretschko, Ulbricht, Grotewohl und Zaisser. Was bleibt den Männern anderes übrig? „Panzer“ müssen rollen. Und sie rollen! Die sowjetische Militärführung verhängte über 167 Land- und Stadtkreise den Ausnahme Zustand, der in Berlin und Leipzig bis zum 9. Juli 1953 anhielt. Genaue Zahlen über Tote existieren nicht. Die Angaben schwanken von etwa 50 bis 125 Personen. In einigen Ortschaften kam es auch zu Racheakten an Funktionären der SED und MfS. Was der Aufstand der „freien Welt“ sagen wollte, war eindeutig: „Nieder mit der SED!“ „Freie Wahlen!“ „Freilassung aller politischen Häftlinge!“ „Rücktritt der Holzköpfe!“ „Wiedervereinigung!“ Bei den Einsätzen kamen laut Berichten von Gretschko nach Moskau 33 Personen durch „uns“ und 17 Personen durch ostdeutsche Truppen ums Leben. Er bestätigte zudem 18 standrechtliche Erschießungen von Aufständischen und vermeintlichen Rädelsführern.

Mein Abschlussbericht an das Ehepaar Schlamelcher hat leider eine traurige Botschaft. Eine Gruppe von Russen, circa 41 Männer wurden vom Schnellgericht erschossen, weil sie sich geweigert haben, auf Deutsche zu schießen. Die Namen und Gräber wurden geheim gehalten. Bei den standrechtlichen Erschießungen der Deutschen aber gab es, wie immer bei den Deutschen, eine genaue Buchführung und Auflistung der armen Opfer. Auch Günter und Hans Schlamelcher waren dabei.

Die Fälle der Detektei Franz

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