Читать книгу Stille Nacht, höllische Nacht - Thomas R. Behrendt - Страница 17

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23:33 h

„Hier muss es irgendwo sein.“ Dr. Alexander Braun schwenkte den Blick hin und her. Von der linken Straßenseite zur rechten und wieder zurück.

„Ja, dort ist Hausnummer 36..., 38..., 40..., stopp! Wir sind da. Brückenstraße 42.“ Manfred Gerling zeigte mit ausgestrecktem Arm auf das gesuchte Objekt. Ein schäbiges Gebäude, dachte er, in einer schäbigen Wohngegend.

Auch Alex rümpfte die Nase: „Nicht gerade die erste Adresse“, sagte er zögernd. Dann aber: „Packen wir's an.“ Er parkte seinen roten Porsche Carrera vor dem Haus gegenüber und stellte den Motor ab.

Manfred stieg als erster aus und sah sich vorsichtig um. Die Brückenstraße war wie ausgestorben. Nur wenige Laternen brannten. Ohne die Reflexion des Schnees wäre es stockfinster gewesen.

Der junge Doktor trat hinter den schnauzbärtigen Pfleger und raunte ihm zu: „Los, probieren Sie, ob die Haustür offen ist.“

Manfred wunderte sich, warum Dr. Braun es nicht selbst probierte, sagte aber nichts, sondern tat wie geheißen. Er drückte die Klinke nach unten und versetzte der Tür mit der anderen Hand einen kräftigen Stoß. Sie leistete keinen Widerstand.

„Nicht abgeschlossen“, stellte Alex fest. „Los, gehen Sie vor.“

Manfred trat in den Hausflur und suchte nach dem Lichtschalter. Doch Alex fiel ihm in den Arm. „Nein! Kein Licht. Sonst sieht uns noch jemand.“

„Wie wollen wir denn im Dunkeln die Wohnung von Herrn Karabük finden?“, flüsterte Manfred.

„Warten Sie. Ich hab' eine Taschenlampe im Auto.“ Alex Braun öffnete leise die Haustür und huschte wieder auf die Straße hinaus.

Nach einer Minute kam er zurück: „Hier nehmen Sie. Da vorne ist die Treppe. Wir schleichen uns nach oben und überprüfen die Namensschilder an den Wohnungstüren.

Manfred Gerling ergriff die Taschenlampe und marschierte voran. Unter der Last seiner gut neunzig Kilo knarrte die Holztreppe bedenklich.

„Schschscht!“, zischte Alex. „Seien Sie doch leise, Mann.“

Manfred gab keine Antwort und stieg weiter Stufe für Stufe hinauf, bis er die erste Etage erreicht hatte. Der Strahl der Taschenlampe fand das Türschild der Wohnung zu ihrer Rechten: Moussadi war darauf zu lesen.

„Weiter!“, befahl Alex.

Markovic stand auf dem Türschild zu ihrer Linken. Der Doktor packte Manfred am Arm und schob ihn vorwärts. „Auf geht’s, nächste Etage“, flüsterte er.

Aber auch im zweiten Stock hatten sie kein Glück. Erst im dritten huschte plötzlich ein Lächeln über das Gesicht des jungen Assistenzarztes. „Karabük!“, sagte er triumphierend. „Hier sind wir richtig.“

Manfred nickte. „Und was jetzt?“

„Drücken Sie auf den Klingelknopf.“

Manfred drückte.

Alex wartete ungeduldig.

„Es scheint niemand daheim zu sein“, sagte Manfred nach einer Weile und runzelte die Stirn.

„Verdammt!“, fluchte Alex. „Versuchen Sie es noch mal. Und drücken Sie diesmal länger. Vielleicht schlafen sie schon.“

Manfred tat wieder, wie ihm geheißen. Mit dem gleichen Resultat. „Keiner da“, stellte er trocken fest.

„Oder die stellen sich taub. Horchen Sie doch mal.“

Manfred legte weisungsgemäß sein Ohr an die Tür und lauschte. Nichts war zu hören. Nicht das geringste Geräusch.

„Kriegen Sie die auf?“, fragte Alex beiläufig und deutete mit dem Zeigefinger auf die Wohnungstür.

„Na ja“, überlegte Manfred, „mit einer Scheckkarte vielleicht. Wenn sie nicht von innen verriegelt ist...“ Plötzlich erschrak er. „Sie wollen doch nicht etwa...?“

„Los, stellen Sie sich nicht so an.“

„Aber ich bin doch kein Einbrecher!“

„Was heißt hier Einbrecher? Sie haben wohl noch nie etwas von Güterabwägung gehört?“

„Wieso? Was meinen Sie damit?“

„Wenn wir damit einen Mord verhindern können, ist es völlig legitim, eine fremde Wohnung zu betreten.“

„Mord? Wieso Mord?“ Manfred schaute verdattert aus. Er verstand überhaupt nichts mehr.

„Das erkläre ich Ihnen, wenn wir drin sind“, zischte Alex Braun. „Nun zücken Sie schon Ihre Scheckkarte und machen Sie die verdammte Tür auf.“

Manfred wollte protestieren, aber als er das zornige Blitzen in Alex' Augen sah, gab er seinen Widerstand auf. Er fischte die Scheckkarte aus seiner Geldbörse und steckte sie in den schmalen Schlitz zwischen Zarge und Tür.

Beide Männer hielten kurz den Atem an. Dann schnappte das Schloss zurück, die Tür sprang auf.

Manfred Gerling schaute den Doktor noch einmal zweifelnd an, aber der gab ihm einen Schubs. Und ehe er sich versah, stand er in der Wohnung von Ahmed Karabük, zusammen mit Dr. Braun.

Es war stockduster. Manfred ließ den Strahl der Taschenlampe ziellos hin und her wandern. „Wonach suchen wir eigentlich?“

„Keine Ahnung“, antwortete Alex. „Aber irgendwas werden wir schon finden.“

Stille Nacht, höllische Nacht

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