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SAUER
ОглавлениеEs gibt nur wenige vordergründig „saure“ Gemüse wie Rhabarber, viele, die leicht säuerlich schmecken und noch mehr, bei denen die Säure kaum wahrnehmbar ist, aber dennoch im Hintergrund den Geschmack mit beeinflusst. Säure dient vielen Pflanzen zur Eindämmung eines unerwünschten Keimwachstums. Säure, also die Reizung der Grundgeschmacksrichtung „sauer“, bedingt stets einen Geschmackskick im Gericht. Kaum merkliche Säurespuren genügen, um ein Gemüse frischer, ansprechender oder runder wirken zu lassen.
PROTONEN, PH UND PKS Die Geschmacksrichtung „sauer“ wird durch Protonen verursacht, die jeder Säure zu eigen sind. Protonen sind positiv geladene Wasserstoffkerne H+ (das H steht für Wasserstoff). Das Proton der Säure bindet sich in wässriger Lösung an ein Wassermolekül (H2O) und bildet das Hydronium H3O+. Diese Moleküle werden von „Sauer“-Rezeptoren in den Geschmacksknospen ( Geschmacksinn und Grundgeschmack, Seite 22) detektiert und an das Gehirn weitergeleitet. Die Anzahl dieser Hydroniumionen bestimmt die Säure einer Lösung und wird mit dem pH-Wert angegeben. Dieser wird der Einfachheit halber mit einer reinen Zahl zwischen 0 und 14 bestimmt. Dabei ist pH=14 alkalisch (Lauge), pH=7 neutral (z. B. Wasser) und pH=0 sauer.
Eine schnelle, wenn auch ungenaue Messung des pH-Werts kann mit Universalindikatoren (pH-Papier) gemessen werden. Je nach Säuregehalt erhält man dabei einen bestimmten Farbumschlag ( siehe Schaubild Seite 402). In der Küche ist Rotkohl quasi ein Indikatorgemüse, denn er verfärbt sich in säuerlichem Umfeld (mit Essig oder Apfelstückchen gekocht) eher rot, in basischem blau. Dies spiegelt sich auch in seinen regionalen Namen wider: Dort, wo man ihn säuerlich mag (in Baden-Württemberg und im Norden), heißt er Rotkohl oder -kabis, in anderen Gegenden kennt man ihn als Blaukraut. Gibt man sehr viel Haushaltsnatron hinzu, wird er sogar grün (schmeckt dann allerdings seifig).
Die „Säurewirkung“ hängt aber nicht nur von der Konzentration, also der Menge der Säure ab (pH-Wert), sondern auch davon, wie leicht oder schwer der Wasserstoffkern H+ auf der Zunge gelöst (dissoziiert) wird und an den Geschmacksknospen wirksam werden kann. Je leichter diese Dissoziation vonstattengeht, desto stärker ist die Säurewirkung. Der pKs-Wert einer Säure beschreibt, wie leicht oder schwer ein Wasserstoff des Moleküls abgegeben wird, um die Säurewirkung zu entfalten. Je höher der pKs-Wert, desto schwächer ist die Säure. Was hier sehr theoretisch klingt, ist für die Küche von großer Bedeutung. Die Idee, mit mehr Essig abzuschmecken, um einem Gericht mehr Säure zu verleihen, ist zwar richtig, aber irgendwann stört das immer penetrantere und trigeminal stechende Essigaroma. Daher ist es durchaus von praktischer Bedeutung, die Säurewirkung steuern zu können, ohne die Balance auszuhebeln. Vielleicht ist es mitunter nützlich, auf andere Säuren zurückzugreifen, etwa Zitronensäure, oder auch auf Gemüse, die andere Säuren mit einer ähnlich starken Säurewirkung enthalten und sich geschmacklich besser einfügen. Die Säurekonstanten aller lebensmittelrelevanten Säuren sind in der Tabelle auf Seite 52 zusammengefasst.
PH-WERTE – BEISPIELE
Salzsäure (3,5 %) | 0,0 |
Salzsäure (0,35 %) | 1,0 |
Magensäure (nüchtern) | 1,0 |
Zitronensaft | 2,0 |
Essigessenz | 2,0 |
Essig | 3,0 |
Colagetränk | 3,0 |
Wein | 4,0 |
Sauermilch | 4,5 |
Bier | 5,0 |
Hautoberfläche | 5,5 |
Mineralwasser | 6,0 |
reines Wasser | 7,0 |
Blut | 7,4 |
Sauberes Seewasser | 8,3 |
Darm | 8,3 |
Waschmittellösung | 10,0 |
Natronlauge (3 %) | 14,0 |