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WAS PASSIERT BEIM GAREN?

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Das Garen von Gemüse und anderen pflanzlichen Lebensmitteln unterscheidet sich grundsätzlich von dem proteinreicher Lebensmittel. Der Grund dafür liegt in der Zellstruktur. Für das Garen und die Gartemperaturen sind insbesondere die strukturbildenden Elemente der Zellwände wichtig: die harten Cellulosefasern, die über Pektin und Hemicellulosen verbunden und stabilisiert sind. Glycoproteine, die sich dazwischen befinden und aus einem Protein- und einem Kohlehydraanteil bestehen, denaturieren zwar auch bei bestimmten Temperaturen, sind jedoch anders als bei Fleisch nicht bestimmend für die Garung.

CELLULOSE lässt sich höchstens ein wenig erweichen; zerstören oder gar in Wasser lösen lässt sie sich – zumindest bei haushaltsüblichen Kochprozessen – allerdings nicht. Das Molekül ist zwar ähnlich wie die lineare Stärke (Amylose) aufgebaut, aber die einzelnen Cellulosemoleküle sind an vielen Stellen quervernetzt. Dadurch erhält man große, sehr steife Molekülverbände, die praktisch wasserunlöslich sind.

HEMICELLULOSE ist im Unterschied dazu nicht quer vernetzt, sondern ein quasi lineares Fadenmolekül, das sich zwischen den Cellulosefasern schlängeln und diese stabilisieren kann. Die Hemicellulose ist daher ein „flexibler Klebstoff“. Sie kann, je nach Pflanze, aus unterschiedlichen Grundeinheiten aufgebaut sein, ein häufiges Beispiel ist die Hemicellulose „Xylan“, die aus komplexen zuckerartigen Grundeinheiten zusammengesetzt ist und an jeder Grundeinheit eine Ferulasäure oder Coumarinsäure tragen kann (aber nicht muss).

Jeder Hobbybäcker kennt den Einfluss von Hemicellulosen, die oft auch mit dem Sammelbegriff „Schleimstoffe“ bezeichnet werden und die mitunter texturverändernde Wirkung (zum Beispiel in Brotteigen) haben können. Hemicellulosen sind in der Regel im sauren pH-Bereich nicht wasserlöslich, erst bei neutralen oder alkalischen Werten (größer als 7) lassen sie sich besser lösen. Daher nutzt man gern spezielle Enzyme, sogenannte Xylasen. Sie spalten das lange Molekül in seine Grundeinheiten, die Xylose, auf.

PEKTIN ist das dritte wesentliche Strukturpolymer in der Pflanzenzelle. Auch von diesen Molekülen gibt es mehrere Varianten, die sich in zahlreichen Details unterscheiden. Eine Sache ist allerdings allen Pektinen gemein: Sie können über Calziumionen eine starke Bindung eingehen, denn sie enthalten in Abfolgen negativ geladene Struktureinheiten, die zweiwertige Calciumionen Ca2+, die in jedem Organismus vorhanden sind, binden können. Dazu müssen die zuckerartigen Moleküle in der Pektinkette so angeordnet sein, dass ein Calciumion genau „hineinpasst“. Allerdings sättigt das zweiwertig positive Calciumion nur eine der negativen Ladungen des Pektinabschnitts ab, sodass eine positive Ladung übrigbleibt. Diese bindet sich jetzt wiederum an eine Nachbarpektinkette, und so entsteht eine feste Verbindung zweier Pektinketten.

Pflanzenzellen sind also durch einen widerstandsfähigen Verbund aus Cellulose, Hemicellulose und andere Polysaccharide wie etwa Lignin geschützt. Dieses Gefüge ist weit schwerer aufzubrechen als Proteine. Dazu braucht es höhere Energien und damit höhere Temperaturen. Im Schnitt liegen die Temperaturen für das Garen von Obst und Gemüse um 20 bis 30 °C höher als bei tierischen Lebensmitteln. Die Zellwände werden erst bei 78 °C aufgebrochen.

Wie unterschiedlich tierische und pflanzliche Lebensmittel sind, zeigt ihr molekulares Verhalten beim Garen: Tierische Lebensmittel wie Eier werden nicht nur bei niedrigeren Temperaturen gar, sondern beim Garen hart, pflanzliche hingegen werden weich. Und während Proteine unter Temperaturerhöhung gelieren können, verfestigen sich Pektin und andere pflanzliche Geliermittel bei Temperaturerniedrigung.

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