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ZELLDRUCK

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Frisches rohes Gemüse wirkt beim Beißen knackig. Das liegt daran, dass der Druck in den Pflanzenzellen, in der Fachsprache Turgor genannt, hoch ist: Es ist also ausreichend Wasser darin vorhanden, die Zellwände sind stark gespannt, wie bei einem aufgeblasenen Luftballon. Dies ist frisch nach der Ernte der Fall. Während des Lagerns verdunstet im Laufe der Zeit das Wasser in den Zellen, das Gemüse wird labberig und weich, es welkt.

Bei frischem Gemüse liegt der Zelldruck deutlich über dem äußeren Luftdruck von 1 bar, was zeigt, wie stabil Pflanzenzellwände sein müssen. Das erkennt man auch an der starken Wasserfreisetzung an den Schnittflächen, etwa beim Schneiden von Zwiebeln oder beim Karottenraspeln: Die Oberflächen werden sofort feucht. Knackiges Gemüse zeichnet sich außerdem durch seine besonderen Brucheigenschaften aus. Den hohen Kräften beim Kauen mit den Zähnen können die stark gespannten Zellwände nicht standhalten. Sie reißen, und der Riss setzt sich mit hoher Geschwindigkeit immer weiter fort: Das Gemüse bricht. Bei älterem Gemüse, etwa Möhren, die bereits weicher sind, ist Wasser verdunstet und die Spannung der Zellwände erheblich geringer. Das hat zur Folge, dass sich der Riss wesentlich langsamer fortsetzt. Das Gemüse wirkt „lätschig“, sogar ein wenig gummiartig.

Auch hier zeigt sich, wie sich das molekulare Zusammenspiel auf der Mikroebene auf Mundgefühl und Textur auswirkt, denn beim Bruch der Zellwand müssen alle Moleküle auseinandergerissen werden: wasserunlösliche Cellulosen, Hemicellulosen, verbindende Pektine und Glycoproteine. Dies erfordert im Übrigen eine weit höhere Bisskraft als bei Muskelproteinen, auch wenn das Gemüse leichter (spröde) bricht und weniger elastisch wirkt.

Knusprige Texturen, wie bei Kartoffelchips, sind mit geringen Wassergehalten verbunden. Die Moleküle können sich wegen des mangelnden „Weichmachers“ Wasser nicht mehr bewegen. Sie erstarren, können selbst leichtem Druck nicht mehr standhalten und reißen. Das knuspernde Geräusch stammt also von einem glasartigen Bruch.

Diese zellulären „Kräfteverhältnisse“ wirken sich auch beim Garen aus und sind daher für die Definition von „roh“ und „pseudoroh“ relevant: Gemüse haben eine weit höhere Gartemperatur als proteinreiche Lebensmittel, denn die harte Zellwandstruktur wird nur im höheren Temperaturbereich weich. Eine merkliche Garung von Gemüse setzt erst zwischen 76 und 85 °C ein – also bei Temperaturen, bei denen selbst Fleisch von Geflügel übergart und trocken ist. Daraus lässt sich schließen, dass der Bereich „pseudoroh“ bei Gemüse bis zu weit höheren Temperaturen reicht als bei Fisch und Fleisch.

KNACKIG ODER KNUSPRIG? Rohes und vor allem frisches Gemüse und manches Obst (Äpfel) werden mit dem Texturbegriff „knackig“ assoziiert. Die Zellen sind prall gefüllt mit Wasser, die Zellwände voll gespannt. Auch die Moleküle des Zellmaterials sind stark gestreckt und stehen unter hohen Spannungen. Wie stark gespannte Saiten eines Instruments reißen sie schnell. Der Biss und der scharfe „Schnitt“ mit den Schneidezähnen genügen: Der entstehende Riss entlang der Zellwände breitet sich rasch unter einem charakteristischen Geräusch aus: Das Gemüse knackt. Zellwasser, Gemüsesäfte und Aromen werden frei. Der Genuss ist perfekt.

Knusprige Texturen sind im Unterschied dazu stets mit geringen Wassergehalten verbunden. Gemüsechips, denen beim Trocknen im Ofen oder beim Frittieren im Fett das Wasser weitgehend entzogen wurde, sind bekannte Beispiele. Die Moleküle des Zellmaterials schmiegen sich eng aneinander, ohne regelmäßige Strukturen (Kristalle) zu bilden. Das Material bleibt amorph, die Moleküle können sich wegen des mangelnden „Weichmachers“ Wasser nicht mehr stark bewegen, sie sind „glasig erstarrt“. Geringe mechanische Spannungen lösen bereits Deformationen auf molekularer Ebene aus, die zu stark sind, als dass die Moleküle nachgeben könnten. Ihnen bleibt nichts übrig, als zu reißen. Das knuspernde Geräusch von stark getrockneten Gemüsechips stammt also von einem glasartigen Bruch, ähnlich wie das „Klirren“ eines Fensterglases. Auch zerbrechen knusprige Lebensmittel beim Biss in mehrere und kleinere Bruchstücke als knackiges Gemüse, das weiter unter Kauen zerkleinert werden muss.

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