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Araber haben ein Wort dafür (und oft sehr viele Worte)
ОглавлениеDie ganze frühe und spätere Vielfalt und Akkumulation des Arabischen haben einen unfassbar reichen Wortschatz geschaffen. Es gibt 80 Synonyme für „Honig“,102 200 für „Bart“, 500 für „Löwe“,103 800 für „Schwert“104 und 1000 für „Kamel“.105 In einem alten Arabistenwitz heißt es, dass jedes arabische Wort drei Dinge bedeutet: es selbst, sein Gegenteil und Kamel. Das ist nicht ganz unrichtig.106 Es gibt Begriffe für Dinge, von denen man niemals vermuten würde, dass sie einen eigenen Begriff benötigen, wie zum Beispiel der Kot der Trappe und der des Vogelstraußes, sowie Bezeichnungen für verschiedene Arten von Fürzen, die nach dem Geräuschpegel eingeteilt werden,107 der Klang einer fressenden Heuschrecke108 und die Zwischenräume zwischen den Fingern, von denen jeder einen eigenen Namen hat.109
Diese Vielfalt ist einer der Gründe dafür, dass nicht weniger als 50 Dialekte, ganz abgesehen von acht fremden Sprachen, zum Vokabular des Koran beigetragen haben.110 Sie ist ebenfalls ein Grund dafür, dass qāmūs – eine arabisierte Form des griechischen okeanós, „Ozean“ – ein Synonym für Wörterbuch wurde. „Die arabische Sprache“, so schreibt al-Schāfiʿī, der große Gelehrte (* 767, † 820 n. Chr.), „ist die umfassendste Sprache mit dem reichhaltigsten Wortschatz. Wir kennen keinen Menschen, der sie vollumfänglich beherrschen kann, es sei denn dieser Mensch ist ein Prophet.“111 Al-Schāfiʿīs Zeitgenosse al-Dschāhiz geht noch weiter: Niemand könne alle Möglichkeiten des Arabischen erfassen, so heißt es bei ihm, „außer Ihm, der die Anzahl von Tröpfchen in den Regenwolken und die Anzahl der Staubkörner kennt – und das ist Gott, der weiß, was war und was sein wird“.112
Charles de Gaulle fragte sich, ob ein Volk, das 246 Sorten Käse produziert – die Franzosen –, imstande sei, sich regieren zu lassen. Die gleiche Frage kann man sich auch bei Menschen stellen, die 1000 Namen für das Kamel haben. Weniger flapsig formuliert: Diese offensichtliche Vielfalt in der Frühzeit ihrer Sprache – dieses dichte Dialektbündel, das am nordarabischen Ast wächst – wirft eine wichtige Frage auf: Hatten die frühesten ʿarab eine Ahnung davon, dass sie etwas miteinander verband?