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Aus dem geeinten Wind geboren

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Nach einer Volkssage wurde das Kamel aus dem rimth-Strauch geboren. Die Erschaffung des Pferdes ist bei einer höheren Autorität nachzulesen, vermutlich dem Propheten Mohammed selbst:

Als Gott das Pferd schaffen wollte, sagte er zum Südwind: „Ich will aus dir ein Geschöpf schaffen, also sammle dich“, und der Wind sammelte sich. Da gab Gott Gabriel den Befehl und dieser nahm vom gesammelten Wind eine Handvoll. Dann sprach Gott: „Dies ist meine Handvoll.“ Dann schuf Gott daraus ein Pferd, ein kastanienbraunes. Und Gott sagte: „Ich habe dich als Pferd erschaffen und dich arabisch gemacht und dich vor allen anderen Tieren, die ich erschuf, begünstigt, indem ich dir eine breite Lebensgrundlage gewährt habe, denn auf deinem Rücken wird die Beute nach Hause getragen …76

Die Erzählung hat viel Wahres. Das Pferd wehte mit dem frischen Wind von außerhalb (wenn auch aus dem Norden) auf den arabischen Subkontinent und wurde nicht nur zu einem wesentlichen Teil des arabischen Lebens, sondern „Araber“ durch und durch. Selbst im europäischen Sprachraum ist das Wort „Araber“, wenn es nicht auf einen Menschen verweist, schlicht ein Synonym für Pferd. Wann genau Pferde die Bühne Arabiens betraten, ist nicht bekannt. Neuere Funde deuten wohl auf eine Art von Domestizierung von Einhufern (wenn nicht von Pferden) während der großen Feuchtperiode, vor 6000 oder mehr Jahren, hin.77 Auf Petroglyphen im Norden der Halbinsel, die vielleicht auf 2000 v. Chr. datiert werden können, sind unzweifelhaft Pferde zu sehen, die Wagen ziehen.78 Reitpferde scheinen in der 2. Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrtausends aufgetaucht zu sein,79 einer Zeit, die einige auf das 4. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr. eingrenzen.80

Sicher ist jedenfalls, dass Pferde rasch eine gewaltige Bedeutung für das arabische Leben erlangten – und für den Tod, denn wie Kamele wurden sie manchmal geopfert und mit verstorbenen Kriegern begraben.81 Wenn man einer Notiz von al-Balādhurī Glauben schenken kann, wurden Pferde in Bahrain sogar angebetet.82 In der Koransure „Die Laufenden“ schwört Allah bei den Pferden:

Bei den Laufenden, wie sie schnauben!

Bei den Ausschlagenden, dass die Funken stauben!

Bei den Angreifenden im Morgengrauen …83

In der ältesten erhaltenen Dichtung werden sie ebenfalls gefeiert – vielleicht zum ersten Mal im berühmten crescendo ed accelerando des Imruʾ al-Qais, dem Dichter der Kinda aus dem 6. Jahrhundert n. Chr.:

Angreifend, fliegend-flüchtend, mit dem Haupt vorne, kopfüber, alle zusammen,

wie ein rauer Fels, den der Sturzbach von hoch oben hinunterschleudert …84

Als diese Zeilen verfasst wurden, verfügten manche Stämme über eine Kavallerie von 1000 Reitern und der Stammesführer war bisweilen als fāris bekannt – Reiter oder Ritter.85 Tausend Kavalleristen sind selbst für die größten Stämme jener Zeit eine überraschend hohe Anzahl, wenn man bedenkt, wie anspruchsvoll Pferde sind und wie schwierig es ist, sie in kargem Terrain zu füttern und zu tränken. Tatsächlich wäre das Pferd für sich genommen wohl ein reines Statussymbol geblieben, kostbar und in der Schlacht in etwa so nützlich wie ein Lamborghini. Doch nimm das Kamel zum Pferd dazu, und es ergibt sich das perfekte Gespann … Du trottest zum Kampf auf dem Kamel, das gleichzeitig Futter und Wasser für das Pferd trägt, und stürzt dich anschließend mit dem Ross ins Kampfgetümmel. Die Kombination wird in den späteren safaitischen Graffiti erwähnt, die sich vermutlich auf das 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr. datieren lassen,86 sowie in den offiziellen Inschriften der im Verfall begriffenen südarabischen Staaten, deren ʿarab-Söldner auf sie vertrauten, während die regulären Armeen nur Infanteristen in den Kampf schickten.87 In frühislamischer Zeit war jeder Krieger, der etwas auf sich hielt, untrennbar mit seinen beiden Reittieren verbunden: „In wolkenverhangenen Nächten, in denen der Donner erklang, doch kein Regen fiel“, erinnerte ein Zeitgenosse des Propheten Mohammed den berühmten Anführer eines Überfalls,

ging er auf einem langsam schreitenden Kamel hinaus mit einem scheuen Pferd an seiner Seite, einen schweren Speer in der Hand, den Umhang halb auf der Schulter, zwischen den Trinkschläuchen sitzend. So ritt er bis zur Dämmerung, den ganzen Weg lächelnd.88

Die Bedeutung dieses Paares, Kamel und Pferd, ein Alleinstellungsmerkmal von Arabern, lässt sich kaum überschätzen: Das Kamel ist der Speerschaft, der Reichweite verleiht, das Pferd die Speerspitze. Sie gibt dir schauka – Spitze, Kraft, Angel, den Stachel im Fleisch des anderen. In dieser Rüstung waren Araber den anderen auch militärisch überlegen. Diese Überlegenheit wurde durch die Erfindung des Sattels noch verstärkt, der den Kampf vom Kamelrücken aus ermöglicht.89 Eine andere technologische Entwicklung, die im Kampf und auf dem Raubzug behilflich war, der Steigbügel (am Anfang kann es sich durchaus nur um eine einzige, aus Holz gefertigte Fußstütze gehandelt haben),90 erreichte Araber jedoch erst ein wenig später, möglicherweise im 5. Jahrhundert n. Chr. Araber erkannten den Steigbügel sofort als „eines der besten Hilfsmittel für den, der einen Speer wirft oder ein Schwert schwingt“.91

Der Steigbügel war eine importierte Neuerung. Die Kombination von Kamel und Pferd jedoch war exklusiv arabisch und mag eine entscheidende Rolle in der Transformation von ʿarab von stapfenden Spediteuren zu flinken Kriegern gespielt haben. Diese Neuerung war möglicherweise der ausschlaggebende Faktor, der sie in engeren Kontakt mit den benachbarten Mächten im Norden und Süden brachte, zunächst als Söldner, dann als Strippenzieher – und der sie schließlich als Eroberer und Imperialisten auf die internationale Bühne katapultierte. Sie war aber vielleicht auch eine hamartia, ein tragischer Makel, der ihr Schicksal, ihre Uneinigkeit besiegelte: Als militärische Innovation, die sich rasch verbreitete und allen Arabern gemeinsam wurde, führte sie dazu, dass keiner von ihnen für längere Zeit die Oberhand gewinnen konnte. Sie verstetigte eine schwelende Pattstellung und zeitigte ein rapides Ansteigen der kriegerischen Auseinandersetzungen.

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