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IV. Interkommunale Abstimmungspflicht, § 2 Abs. 2 BauGB

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§ 2 Abs. 2 BauGB verpflichtet die planende Gemeinde zur Abstimmung ihrer Bauleitplanung mit den Belangen der Nachbargemeinden. Nicht erforderlich ist dabei für den Begriff der Nachbargemeinde, dass diese mit ihrem Gebiet unmittelbar an das Gebiet der planenden Gemeinde angrenzt.[17] § 2 Abs. 2 BauGB enthält dabei das materielle Gebot interkommunaler Abstimmung.[18] Die Berücksichtigung beachtlicher Interessen der Nachbargemeinde hat dabei im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidung (§ 1 Abs. 7 BauGB) zu erfolgen.[19]


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Beachten Sie an dieser Stelle die gedankliche Verknüpfung von materieller interkommunaler Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB und der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB. Liegen beachtliche Auswirkungen der Bauleitplanung auf das Gebiet einer Nachbargemeinde vor, so ist deren Nichtberücksichtigung im Rahmen der Abwägung nach §§ 2 Abs. 3 bzw. 1 Abs. 7 BauGB anzusprechen.

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Formell wird das Abstimmungsgebot über die gesetzliche Bestimmung des § 4 Abs. 1, 4 Abs. 2 BauGB sichergestellt. Die möglicherweise von der Bauleitplanung betroffene Nachbargemeinde ist ein Träger öffentlicher Belange im Sinne von § 4 BauGB.[20]

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Beachten Sie daher, dass Sie, wenn eine planbetroffene Nachbargemeinde nicht am Bauleitplanverfahren beteiligt wird, sowohl einen Verstoß gegen die Bestimmung in § 4 Abs. 1 und 2 BauGB (formelle interkommunale Abstimmung) als auch das materielle Gebot interkommunaler Abstimmung aus § 2 Abs. 2 BauGB zu würdigen haben. Daneben ist auch an einen eventuell beachtlichen Abwägungsfehler zu denken.

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Das interkommunale Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 BauGB ist nach der Rechtsprechung bereits dann verletzt, wenn eine Bauleitplanung gewichtige negative Auswirkungen auf die Nachbargemeinde hat. Eine konkrete Planung ist hierfür nicht Voraussetzung.[21]

Beispiel

Die planende Gemeinde A beabsichtigt die Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets an ihrem Ortsrand. Unmittelbar angrenzend hat die Gemeinde B seit längerem ein Sondergebiet (§ 11 BauNVO) für einen Kurpark mit Kurklinik ausgewiesen. Hier muss es sich der planenden Gemeinde aufdrängen, die Nachbargemeinde nach § 4 BauGB am Verfahren zu beteiligen. Daneben muss über § 2 Abs. 2 BauGB ein Ausgleich der gleichgewichtigen örtlichen Planungen angestrebt werden. Dieser dürfte jedoch aufgrund der Unterschiedlichkeit und Unverträglichkeit der konkurrierenden Nutzungen ausgeschlossen sein.

Nach § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB kann sich die Nachbargemeinde auch auf ihr durch Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktionen sowie auf Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche berufen. Letztere Konstellation spielt insbesondere bei der Ansiedlung von Factory-Outlet-Centern eine Rolle, die in den umliegenden Gemeinden zu einem nennenswerten Abzug der Kaufkraft führen.

Hinweis

Gestützt auf die Verletzung von § 2 Abs. 2 BauGB kann die Nachbargemeinde gegen die Zulassung eines Einzelbauvorhabens auf der Grundlage eines nicht abgestimmten Bebauungsplans vorgehen. § 2 Abs. 2 BauGB stellt insoweit eine die Nachbargemeinde schützende Norm des materiellen Rechts dar. Gegen den nicht abgestimmten Bebauungsplan bleibt der Nachbargemeinde die Möglichkeit der prinzipalen Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes kann die Nachbargemeinde Rechtsschutz im Rahmen einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen die Fortführung der Bauleitplanung erheben. Diese Möglichkeit wird der Nachbargemeinde eröffnet, weil es ihr nicht zumutbar ist, gegen Einzelbaugenehmigungen, die vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes auf der Grundlage von § 33 BauGB ergehen, jeweils im Klagewege (Anfechtungsklage) vorzugehen.[22]

2. Teil Kommunale BauleitplanungF. Materiell-rechtliche Vorgaben an die Bauleitplanung › V. Entwicklungsgebot, § 8 Abs. 2 BauGB

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