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Duisburg Mitte

Gallowayy bummelte über die Haupteinkaufsstraße. Er hatte in einem Schnellrestaurant namens Nordsee >fish 'nd chips< gegessen. Nun war er auf dem Weg zu dem Internetcafe. Er brauchte noch einige weitere Informationen. Und er wollte nicht, dass man sich in seinem Hotel daran erinnerte, dass er danach gefragt hatte.

Dass er so schnell Hinweise über Waldfels erhalten hatte, überraschte ihn. In der Regel waren solche Recherchen zeitaufwendiger. Aber er brauchte noch weitere Informationen über den Wohnort hinaus. Den Autohändler konnte er nicht mehr fragen. Diese Spur war verbrannt. Er wusste nicht, ob der Blender nicht doch den Mut aufgebracht hatte, bei seinem Verband nachzufragen, ob man in Steuersachen einen amerikanischen Detektiv beauftragt hatte.

Die Sonne verschwand langsam aus ihrem Zenit. Die Allee füllte sich stetig mit Menschen. Die Firmen machten wohl Feierabend. Die Menschen bewegten sich aber keinesfalls hastig. Es galt also nicht, etwas auf die Schelle zu besorgen. Man gedachte, einzukaufen. Gordon hatte verwundert von dem neuen Sport der Deutschen gehört: „Schnäppchenjagd“. Zuerst hatte er mit dem Begriff nichts anfangen können, bis er auf einem Werbeplakat den Namen in Zusammenhang mit billigen oder heruntergesetzten Artikeln gesehen hatte. Die Leute wollten wohl kaufen, hatten aber nicht das Geld für Qualitätsprodukte. Nun verstand er auch, warum sich hier ein Ramschladen an den anderen reihte. Geschäfte, die billige Kleidung, Drogerieartikel, Schmuck oder >Ein-Euro-Krimskram< anboten, gab es zu Hauff. Nicht, dass er etwas gegen diese Geschäfte hatte. Im Gegenteil. Durch sie bot sich ihm die Möglichkeit, sein Äußeres schnell zu verändern. Vor allem, wenn man jemanden beschattete, oder einfach neue Wäsche brauchte. So wie jetzt, weil er hier in Duisburg keine Waschmaschine hatte. Aber jetzt suchte er etwas anderes. Das Problem war nur, er wusste nicht mehr, wo es lag.

Er ließ sich vom Besucherstrom treiben, fragte den ein oder anderen nach einem Internetcafe. Ohne Erfolg. Er war erstaunt, wie wenige mit dem Begriff überhaupt etwas anfangen konnten. Ein junger Mann, der seine Haare mittels Gel zu einem Wirrwarr gestylt hatte, schickte ihn zu einem Cafe, das in der Nähe des Landgerichts lag. Als er das Cafe betrat, sah er sofort, dass er hier falsch war. Internetcafes, wie er sie kannte, waren weniger elegant eingerichtet. Auch nahm man es hier mit dem Staubwischen nicht so ernst. Da er aber Lust nach einem richtigen Kaffee verspürte, verschob er seine Absicht. Er suchte im hinteren Teil des Raumes einen Platz. Hier war er ungestört, wollten doch alle Besucher dieses Lokals vorne an der Fensterfront sitzen.

Es dauerte eine Weile, bis er an der Reihe war. Die Serviererin trug eine weiße Bluse und einen schwarzen Minirock. Dieser brachte ihre langen Beine vorteilhaft zur Geltung. Die Oberschenkel, die sich unter dem Stoff abzeichneten, waren eine Spur zu mächtig, fand der Amerikaner. Aber sie sahen dennoch sexy aus. Man sah, dass sie ihre Bekleidung quasi gezwungenermaßen tragen musste. Die Bluse war sichtlich eine halbe Kleidergröße zu klein. Die Knöpfe, die den gespannten Stoff über den gewaltigen Brüsten zusammenhielten, längten sich in den Befestigungsfäden. Er bestellte einen großen Becher Kaffee. Freundlich wies ihn die Serviererin aber darauf hin, dass man hier nur ein Kännchen bekommen konnte. Gallowayy kannte das Wort Kännchen nicht. Auch die Erklärungsversuche der Blonden brachten ihn nicht weiter. Schließlich drehte sie sich herum und verschwand hinter der Theke. Gallowayy dachte schon, er hätte durch sein Verhalten die Bedienung verärgert. Aber mit einem lächelnden Gesicht tauchte sie wieder auf, ein Kännchen in der Hand haltend. Der Amerikaner wusste zwar nicht, wie man aus einem solchen Porzellan Kaffee trinken sollte, aber nun konnte er sich nicht anders verhalten, als ein Kännchen Kaffee zu ordern.

Die Sache mit dem Kännchen hatte die Beziehung zwischen den beiden gelockert. Schneller als die anderen Gäste wurde er bedient. Die Blonde servierte ihm die Tasse und schenkte den Kaffe darin ein. Nun wusste der Detektiv, wie man ein Kännchen in Deutschland verwendete. An dem Verhalten der Bedienung merkte Gallowayy, dass diese an einem Gespräch durchaus interessiert war. Sie nahm seinen Akzent zum Anlass, ihn zu fragen, woher er käme. Er erfand einen Teil seiner Lebensgeschichte, die er von einem Bekannten einfach übernahm, verlegt diese zudem nach Bosten, wo er eine Zeitlang selbst gelebt hatte. Sie hatte ein angenehmes Lachen. Denn als er ihr erzählte, wie er glaubte aus dem Kännchen trinken zu müssen, da lachte sie so laut, dass sich einige Damen an der Fensterfront pikiert umdrehten. Spontan entschloss er sich, sie nach einem Internetcafe zu fragen. Ihre Stirne zog sich etwas zusammen, was aber ihre Erscheinung noch hübscher werden ließ.

„Sie fragen nach der Konkurrenz“, wies sie ihn zurecht. „Ich weiß nicht, ob ich es Ihnen sagen kann.“

Gordon musste das entstehende Eis auftauen. „Ich heiße Paul und Sie?“

Die Bedienung wirkte auf einmal reservierter. Als Gallowayy sein charmantestes Lächeln hervorzauberte, legt sich dieses.

„Petra“, äußerte sie selbstbewusst. Dann lächelte sie wieder.

„Petra und Paul, wie die Heiligen“, antwortete der Amerikaner. Beide lachten. Gordon schwindelte, er müsse seine Mailbox in Bosten durchschauen, den Kaffee tränke er doch hier. Petra schaute sich um, dann beschrieb sie ihm, wie man zum nächsten IC kommt, wie man hier zum Internetcafe sagte. Gallowayy beschloss, den Stier gleich bei den Hörnern zu fassen. Er fragte nach dem Ende ihrer Arbeitszeit. Sie hatte nichts dagegen, dann noch etwas zusammen trinken zu wollen. Gallowayy hatte genügend Zeit, bis dorthin konnte er noch ausgiebig surfen.

Die Beschreibung von Petra war leicht verständlich. Er fand das Cafe ohne Schwierigkeiten. Es war aber ein anderes, das er kannte. Nur ein Teil der Computerplätze war besetzt. Man wies ihm einen Platz zu. Schnell loggte er sich ein. Zu Hause in New York zeigte die Mailbox nichts Bedeutendes. Er beantwortete einige Mails, dann wechselte er zu Google. Im deutschen Sprachraum fand er eine Menge Treffer was Burger betraf. Aber je mehr er seine Auswahlkriterien auch kombinierte, einen Walter Burger kannte das Internet nicht. Das überraschte den Amerikaner nicht wirklich. Er wusste ja, dass Waldfels/Burger sich versteckte. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre. Er brauchte mehr Informationen und er hoffte, dass Hartung ihm diese liefern werde. Er fuhr den Computer herunter, bezahlte und machte sich auf den Weg zum Cafe, wo er auf Petra warten würde.

Der Mann ohne Konturen

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