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Schermbeck

Johannes Hansen kippte seinen Sessel in die Relaxstellung. Er kratzte seine kurzgeschnittenen Haare, die sich nur kranzförmig im hinteren Teil seines Kopfes befanden. Er suchte nach einer griffigen Formulierung für die Sitzung des Schulausschusse, die in einer halben Stunde beginnen würde. Er musste selbst über sich lachen, als er den Gedanken, der ihm gerade gekommen war, niederschrieb. Er räumte die Akten um, bis er den Ordner „Ganztagesschule“ in den Händen hielt und aufschlug. Die Gegensprechanlage summte. Hansen drückte den Bedienungsknopf. Obwohl ihn diese Störung gar nicht in den Kram passte, riss er sich zusammen und bediente sich einer freundlichen Stimme, weil er nicht wusste, ob jemand im Vorzimmer war, der ihn hörte.

„Was liegt an, Frau Krautscheit?“

„Entschuldigung Herr Bürgermeister. Ich habe am anderen Ende der Leitung den Herrn Baselitz. Er lässt sich nicht abweisen und will unbedingt mit Ihnen sprechen.“

Baselitz war Hansen bekannt. Baselitz besaß im Außenbereich der Gemeinde ein Grundstück. Er weigerte sich vehement gegen eine Abflussleitung, die die Gemeinde über den hinteren Teil seines Grundstücks legen wollte, ja musste. Dieser Leitungsweg hätte der Gemeinde Schermbeck gewaltige Kosten in fünfstelliger Höhe erspart. Hansen war sich sicher, dass die Gemeinde auf dem Rechtswege Erfolg haben würde, aber diese Möglichkeit war zeitaufwendig und könnte vielleicht zu Gunsten Baselitz ausgehen. Die Verhandlungen zogen sich schon des Längeren hin, ohne dass sich ein Erfolg abzeichnete. Vielleicht hat er doch ein Einsehen, dachte Hansen.

„Kann der nicht vorbeikommen?“ Die Stimme seiner Sekretärin riss ihn aus seinen Gedanken. Da Hansen nun wusste, dass außer Frau Krautscheit keiner zuhörte, ließ er seine schlechte Laune freien Lauf. „Mensch, dieser Querulant geht mir auf den Geist. Immer weiß er alles besser, nichts ist ihm gut genug.“

„Nein, er sagte, dass wäre in diesem Falle nicht angebracht.“ Gabriele Krautscheit ließ sich von der Stimmungsänderung ihres Chefs nicht beeindrucken. Hansen blickte auf seine Armbanduhr, seufzte: „Was macht man nicht alles für die Gemeinde.“ Und stimmte der Umschaltung auf sein Telefon zu. Sekunden später ertönte der melodische Klingelton der Rufumleitung. Hansen klappte den Schreibtischsessel in die Relaxstellung.

„Guten Tag Herr Baselitz! Ich habe im Moment wenig Zeit. Wir haben gleich Schulausschusssitzung. Aber wenn Sie es sich mit der Abwasserleitung anders überlegt haben, In einer Stunde wird die Sitzung beendet sein. Dann könnten wir uns hier treffen.“

„Hallo Herr Bürgermeister, Wegen dieser Angelegenheit rufe ich nicht an. Na ja, eigentlich schon. Ich habe da was Dringendes

– für Sie Dringenderes. Deshalb muss ich eilig mit Ihnen sprechen. Aber nicht am Telefon, nicht bei mir, nicht bei Ihnen, keine Kneipe. Leider bedarf die Sache keinen Aufschub.“

Hansen runzelte wenigstens die Stirn, wenn ihm etwas nicht passte. Er musste aber gestehen, dass ihn die gehörten Worte neugierig machten. „So geheimnisvoll?“ Seine Stimme klang freundlicher.

„Wenn ich sie informiert habe, dann werden Sie mir zustimmen, das dies der richtige Weg war und dann kann dies mit der Abwasserleitung in einem Aufwasch mitgeregelt werden.“

„Sie machen mich neugierig. Warten Sie ...“ Er erweckte den Eindruck, als müsse er in seinen Terminplaner schauen. Er zählte bis Zehn. „Ich habe morgen einen Termin beim Ziegelwerk Toccata. Wir könnten uns dann auf dem Waldheideweg treffen?“

Baselitz stimmte zu. Man einigte sich auf einen Termin am frühen Nachmittag. Hansen rieb verträumt sein Doppelkinn. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt ein so konspiratives Treffen vereinbart hatte.

Der Mann ohne Konturen

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