Читать книгу Beiß ins Gras, Marshal! Wichita Western Sammelband 7 Romane - W. W. Shols - Страница 37
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ОглавлениеAm nächsten Morgen saßen sie zusammen beim Frühstück. Genau wie Virgil Potter hatte Tom Smith im >Riverside Billard Room< übernachtet. Er beugte sich über seinen Teller und sog genießerisch den Duft gebratener Eier ein. "Ohne dich hätte ich gestern mein letztes Frühstück gegessen." Er hängte sein Jackett über die Stuhllehne. Sein graues Hemd und seine schwarze Lederweste wirkten gepflegt, fast wie neu. "Und ich hätte es nicht mal gewusst." Der Anblick eines Mannes ohne Revolver befremdete Virgil.
"Du kannst verteufelt gut mit deinen Fäusten umgehen", sagte er.
"Hatte auch eine hervorragende Ausbildung."
"Ausbildung?" Fragend runzelte Virgil die Stirn. "Wo?"
"In den Slums von New York City." Tom Smith sagte das ohne Anflug von Sarkasmus. "Dort lernt ein kleiner Junge seine Fäuste gebrauchen, oder er verhungert." Er brach sich ein Stück Maisfladen ab, griff zur Gabel und begann die Eier in sich hineinzustopfen. "Was treibt dich in diese gottverlassene Gegend?"
"Ich hörte, man könnte hier zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang fünfzig Dollar machen, wenn man eine Pfanne hat und bereit ist auf den Knien durch den Bear Creek zu rutschen." Er sah den Älteren an. "Und was willst du hier?"
"Das Gleiche. Gold." Schritte auf der Treppe ließen sie aufhorchen. Sie sahen sich um. Schmale Stiefel wurden auf den Stufen sichtbar, dann eine weite Reithose und schließlich ein schwarzes Baumwollhemd um der engen Taille einer Frau. Suzanne Jefferson. So hatte sich die blonde Frau gestern Abend vorgestellt. Virgils Herzschlag beschleunigte sich.
Ohne zu zögern kam sie zu ihnen an den Tisch. "Guten Morgen." Die Männer grüßten zurück. Zu Virgils Verblüffung stand Tom sogar auf.
Sie bestellte Milch und gebratene Eier, dann setzte sie sich. "Ich habe eine große Bitte an Sie, Mr. Smith."
Aus seinen großen dunklen Augen blickte der Mann sie an. "Jetzt bin ich gespannt."
"Ich war hier in Bear River verabredet..." Sie unterbrach sich, als würde sie nach Worten suchen. "Mit meinem Bruder. Er schürft seit zwei Jahren nach Gold in dieser Gegend. Gestern wollten wir uns hier treffen. Er ist nicht gekommen."
"Und wie kann ich Ihnen da helfen, Miss Jefferson?"
Sie zog einen Bogen Papier aus ihrer Stofftasche. "Henry hat mir eine Karte geschickt, auf der sein Claim eingezeichnet ist." Virgil fiel der flehende Ausdruck auf ihrem sonst so selbstbewussten Gesicht auf. "Ich bin völlig fremd hier. Sie wissen ja - ich komme aus Boston... ich wollte Sie bitten, mich durch die Wildnis zum Claim meines Bruders zu begleiten..."
Smith betrachtete die Karte. Ein steile Falte erschien zwischen seinen dichten, schwarzen Brauen.
"Aber natürlich bringen wir Sie dorthin", sagte Virgil. "Gar keine Frage. Ist doch so, Tom, oder?" Er erntete einen rätselhaften Blick des Älteren. Virgil fühlte sich durchschaut.
"Ich würde Sie selbstverständlich bezahlen..."
"Der Claim liegt zwei bis drei Tagesritte flussaufwärts", sagte Tom. "Ziemlich zerklüftete Gegend dort."
"Kein Problem für uns, Ma'am", beteuerte Virgil. Die Aussicht zwei oder gar drei Tage mit der berauschend schönen Frau zusammen zu sein, hatte ihn hellwach gemacht. Smith musterte ihn aus dunklen Kinderaugen, während er sein Okay gab. Virgil meinte ein spöttisches Funkeln in diesen unergründlichen Augen zu sehen.
Eine Stunde später standen sie vor dem Saloon und packten ihre Sachen auf die Pferde. Suzanne hatte sich von ihrem letzten Geld einen Rappen gekauft. Und ein nicht mehr ganz neues Spencer-Gewehr. "Lernt man in Boston denn, mit so einem Schießprügel umzugehen?"
"Nein", sagte sie kühl. "In Boston nicht."
Die Morgensonne schob sich schon über die Bergrücken, und die Stadt schien wie ausgestorben. Die meisten Männer waren längst unten am Fluss, um dem Traum vom schnellen Reichtum nachzujagen.
Um so mehr wunderte sich Virgil, als er plötzlich eine Gruppe von etwa vierzehn Männern die Straße herunterkommen sah. Angeführt wurden sie von einem dürren Greis in dunkelbraunem Frack und Zylinder gleicher Farbe. Vor Smith, der schon im Sattel saß, blieben sie stehen.
Der Greis stellte sich als Bürgermeister von Bear River vor. "Sind Sie Thomas J. Smith?", wollte er wissen.
"Der bin ich, Sir."
"Wir haben gehört..." Der Alte fuchtelte mit seinen dürren Fingern in der Luft herum. "Nun ja... wie sie diesen Schurken gestern verdroschen haben. Viele solcher Scheißkerle kommen bei uns vorbei, und machen Schwierigkeiten... Viel zu viele. Nun ja... was soll ich sagen...?" Er drehte sich zu seinen grimmig dreinschauenden Begleitern um. Die nickten ihm ermutigend zu. "Jedenfalls bräuchten wir einen Mann wie Sie, Mr. Smith."
"Einen Mann, wie mich?" Smith schien sich auf den Wortschwall des Bürgermeisters genauso wenig einen Reim machen zu können, wie Virgil.
"Ja. Als Townmarshal." Der greise Bürgermeister hakte die Daumen im Hosenbund ein und machte ein wichtiges Gesicht. Die Blicke seiner Begleiter hingen erwartungsvoll an Smith.
"Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, Gentlemen", sagte Smith. "Ich habe gerade einen anderen Auftrag angenommen. "In einer Woche bin ich zurück, dann teile ich Ihnen meine Entscheidung mit..."