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2 Parteien und Parteiensysteme
ОглавлениеParteien sind Vereinigungen von Personen, die am politischen Wettbewerb und insbesondere an Wahlen teilnehmen, um politische Ämter zu besetzen und Einfluss auf politische Entscheidungen auszuüben.1 Die Mitglieder einer Partei verfolgen gemeinsame politische Ziele, denen ein Programm und gemeinsame Prinzipien über die Gestaltung der gesellschaftlichen Ordnung zugrunde liegen. In den meisten Ländern sind heute in der Regel nur natürliche Personen Mitglieder einer Partei. Bis vor einigen Jahrzehnten waren – vor allem in den Arbeiterparteien – auch gesellschaftliche Organisationen wie Gewerkschaften Mitglieder einer Partei. In Großbritannien ist das bei der Labour Party immer noch der Fall.
Parteien existieren innerhalb der Grenzen eines Staates als nationale Parteien, die im ganzen Land an Wahlen teilnehmen, oder als regionale bzw. lokale Parteien, die sich nur in einzelnen Regionen oder Orten am politischen Wettbewerb mit eigenen Listen oder Kandidaten beteiligen. Die im Europäischen Parlament vertretenen Parteien und Gruppierungen wie die Europäische Volkspartei und die Progressive Allianz der Sozialdemokraten sind Vereinigungen nationaler Parteien ohne individuelle Mitgliedschaft von natürlichen Personen. Im Folgenden beschäftigen wir uns jedoch vornehmlich mit den nationalen Parteien.
Parteien und die neuzeitliche Demokratie sind untrennbar miteinander verbunden. Genau genommen ging die Gründung der Parteien der Demokratie voraus, denn bereits im britischen Parlament des 17. Jahrhunderts gab es erste Parteigründungen von Parlamentariern, die gleiche Interessen verfolgten (Katz 2020, 216). Das parlamentarische Regierungssystem jener Zeit war jedoch keine Demokratie. Erst die Parteien, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts außerhalb der Parlamente geründet wurden und eine politische Beteiligung breiterer Bevölkerungskreise forderten, stehen für die enge Verbindung zwischen Parteien und Demokratie.
Zwar verfolgen auch andere gesellschaftliche Vereinigungen wie Verbände und Vereine politische Ziele und versuchen Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen, doch nur die Parteien nehmen an Wahlen teil und besetzen politisch ausschlaggebende Positionen auf vielen Ebenen eines Staates mit ihren Repräsentanten. Auf diese Weise setzen sie ihre Vorstellungen der Organisation von Gemeinschaft und der Lösung anstehender Probleme durch. In Europa besetzen die Parteien auch die wichtigsten Ämter der Europäischen Union mit ihren Repräsentanten.
Typisch für Parteien ist ihr »Kampfcharakter«, d. h. der Wille zur politischen Aktion und Auseinandersetzung, zur Übernahme und Behauptung von Regierungsmacht. Das Ziel des politischen Wettbewerbs ist die Eroberung von politischer Macht. Dies ist die Voraussetzung, um eigene Vorstellungen und Programme in Regierungshandeln umzusetzen, sei es in einer Kommune oder in einer nationalen Regierung. Dies ist auch ein wesentlicher Anreiz zur Mitarbeit in Parteien und macht diese insbesondere attraktiv, wenn sie an einer Regierung beteiligt sind. Der Wille zur Eroberung politischer Macht ist ein zentrales Merkmal, das Parteien von den Organisationen der Zivilgesellschaft unterscheidet.