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Demokratie ist überall möglich

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Kann Demokratie, wie sie hier beschrieben wurde, tatsächlich überall verwirklicht werden? Oder muss man aufgrund wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Umstände in bestimmten Ländern und Regionen eingeschränkte Formen von Demokratie akzeptieren? Diese Frage begleitet die Entwicklung von Demokratie seit dem Beginn ihrer weltweiten Verbreitung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs (Lipset 1959). Lange herrschte die Auffassung vor, Demokratie sei mehr oder weniger deutlich ein Ergebnis wachsenden Wohlstandes. Demnach hätten arme Länder keine Chance, Demokratie zu entwickeln. Diese Auffassung wird jedoch durch die politische Wirklichkeit vieler Länder nicht bestätigt.

Verschiedene Demokratie-Indizes zeigen zwar, dass in wirtschaftlich bessergestellten Ländern eher stabile, »vollwertige« Demokratien existieren. Doch auch in einem Land mit einem niedrigen durchschnittlichen Einkommen wie in Botswana oder in Indien, wo ein großer Teil der Menschen in Armut lebt, sind die maßgeblichen Prinzipien einer demokratischen Ordnung – wie beispielsweise freie Wahlen und der Respekt der Grundfreiheiten sowie die Gewaltenteilung – dauerhaft verwirklicht. Wirtschaftliche Entwicklung ist keine Vorbedingung für Demokratie, wie die Erfahrung vieler Länder zeigt (Diamond 1992, 127). Zudem führen hohe Einkommen keineswegs notwendigerweise zu Forderungen nach mehr Demokratie. Im Gegenteil hatten nach dem Umbruch des internationalen Systems mit dem Ende des Ost-West-Konflikts viele Länder in Mittel- und Osteuropa, in Lateinamerika, aber auch in Afrika und nicht zuletzt in Asien nach den bitteren Erfahrungen mit autoritären und totalitären Regimen die Hoffnung, dass mit einer demokratischen politischen Ordnung die Überwindung von Unterentwicklung und damit ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit sozialer Gerechtigkeit zu erreichen wären (z. B. Hofmeister/Thesing 1996). In vielen dieser Länder war es nicht die wirtschaftliche Entwicklung, sondern der wirtschaftliche und soziale Niedergang autoritärer Regimes, der die Transformation der politischen Systeme antrieb, auch wenn die Enttäuschung über dürftige ökonomische und soziale Leistungen heute in etlichen Ländern zur Krise der Demokratie beitragen. Demokratie ist somit ebenso wenig ein Garant für wirtschaftliche Entwicklung wie ökonomischer Fortschritt eine Voraussetzung für Demokratie.

Auch der Einwand, bei der Demokratie handle es sich um ein »westliches« Konzept, das aufgrund andersartiger nationaler oder regionaler Traditionen und Kulturen nicht auf andere Weltregionen übertragen werden könne, erweist sich mit Blick auf die Demokratien in vielen Ländern unterschiedlicher Kulturkreise als haltlos. Wie in früheren Jahren versuchen auch heute wieder autoritäre Regierungen mit diesem Argument die Forderung nach Demokratie zu unterdrücken. Die Volksrepublik China ist aktuell das markanteste Beispiel für diese Einstellung. Selbstverständlich muss man nicht überall die gleiche Ausgestaltung von Demokratie erwarten. Entscheidend ist, dass ihre Grundprinzipien respektiert werden – und das ist überall möglich, wenn wir auf Länder mit so unterschiedlichen Kulturen schauen wie Japan, Taiwan, Indien, Indonesien, Botswana, Ghana, Schweden, Portugal, Brasilien oder Peru.

Wichtig ist in all diesen Staaten vor allem das Vorhandensein von Institutionen, welche die Entwicklung und Konsolidierung von Demokratie erst ermöglichen und sie vor kurz- und mittelfristigen autoritären Rückschlägen schützen. Ihre Stabilität, Leistungsfähigkeit und Legitimität hängen entscheidend davon ab, wie die Institutionen ihre Funktionen erfüllen (Linz/Stepan 1996, Merkel 1996). Die politischen Parteien besitzen dabei eine besondere Bedeutung. Ihr Versagen ist ein maßgebliches Handicap für jede Demokratie, ganz gleich, wie lange sie bereits besteht.

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