Читать книгу Gott der Philosophen - Wilhelm Weischedel - Страница 51

2. Negative Theologie

Оглавление

Bedeutsam ist, daß all diese Bezeichnungen, unter denen das Eine gefaßt werden soll, den Charakter von negativen Aussagen haben: Das Eine ist kein Seiendes und ist nicht Geist. Selbst die Kennzeichnung als des „Einen“ hat nur die Bedeutung einer „Negation in bezug auf das Viele“ (V 5, 6). Vom Einen können wir also nur „sagen, was es nicht ist; was es aber ist, sagen wir nicht“; es gibt von ihm „keinen Namen“, es ist „unsagbar“, ἄῤῥητον (V 3, 13f.). Schon, „daß es Eines ist, ist Unwahrheit“ (V 4, 1). Aber nicht nur kann es nicht ausgesagt werden; es gibt von ihm auch „ weder Erkenntnis noch Denken“ (V 3, 14). Wenn der Geist in seiner zwiefältigen Struktur „das Darüberhinaus denken will, … faßt er es in sich selbst als ein sich Vervielfältigendes“ (V 3, 11). Kein Wunder, daß Platin sagt, die Seele, wenn sie „ins Gestaltlose dringe, … fürchte, sie fasse ein Nichts“ (VI 9, 3), ja, daß er in aller Prägnanz von jenem Darüberhinaus, das von sich selber nicht einmal sagen kann: „Ich bin“, schreibt: „es ist nicht“ (VI 7, 38).

Hier wurzelt, was später als negative Theologie zu einem der wesentlichen Grundzüge der gesamten weiteren Geschichte der Philosophischen Theologie wird. Aber diese negative Theologie ist, wie sich schon bei Plotin zeigt, keine Theologie des Nichts. In ihren negativen Aussagen will sie zum Ausdruck bringen, daß das Göttliche „mehr und größer ist, als was von ihm gesagt wird, … höher als Wort und Geist“ (V 3, 14).

Plotin scheint freilich auch positive Aussagen über das Eine zu machen. So, wenn er es, ganz im Sinne der griechischen philosophischen Tradition, als ἀϱχή bezeichnet (V 3, 11), als den „Ursprung“, der „alles andere selbst umfaßt“ (V 5, 9) und von dem her „alles ist“ (1118, 9), als die „ Ursache von Leben, Geist und Sein“ (I 6, 7).

Aber auch darin bleibt das Moment der Unfaßbarkeit erhalten. Denn genau genommen sprechen wir, wenn wir das Eine als Ursprung kennzeichnen, nicht von ihm selber als dem Entspringenlassenden, sondern von dem, was aus ihm entspringt; „von dem her, was später ist (als es selber), reden wir über es“ (V 3, 14). Ja, „auch es als die Ursache bezeichnen, bedeutet nicht, etwas ihm, sondern etwas uns Zukommendes aussagen: daß wir etwas von eben jenem her haben, während es in sich selber bleibt“ (VI 9, 3). Der Ursprung also bleibt unbegriffen in sich selbst, ohne Beziehung auf das, was aus ihm entspringt; „denn das Erste selbst ist auf nichts bezogen, das andere aber auf jenes“ (III 9, 9). Das Eine muß demnach auch da, wo es als Ursache betrachtet wird, in der Schwebe bleiben: Es ist „Ursprung, und doch auf andere Weise nicht Ursprung“ (VI 8, 8).

Das wird noch deutlicher, wenn man eine zweite anscheinend positive Bestimmung Plotins hinzunimmt: daß nämlich das Eine auch als das Gute und deshalb auch als „Ursprung von allem“ bezeichnet wird (VI 9, 3). Dies ist es freilich nicht als das Gute überhaupt, sondern als das Gute in einem ausgezeichneten Sinne: als das „Übergute“ (VI 9, 6), somit als dasjenige, das der Ebene des Darüberhinaus zugehört.

Doch auch hier macht Plotin die gleiche Einschränkung: das Eine wird als das Gute nur aus dem Aspekt der endlichen Wirklichkeit bezeichnet, als das, „wonach alles Seiende trachtet, da es in ihm seinen Ursprung hat“ (I 8, 2). Auch vom Guten also gilt: Es ist „nicht für sich selber ein Gutes, sondern für das Andere“ (VI 9, 6). Das Eine bleibt auch als das Gute unsagbar. Im Hinblick auf sein Wesen „wird nichts ausgesagt, sondern wir, die wir nicht anders bezeichnen können, sagen so“ (VI 2, 17). Mit der Charakterisierung des Einen als des Ursprungs und als des Guten wird also die Grenze der negativen Theologie in Wahrheit nicht überschritten.

Gott der Philosophen

Подняться наверх