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3. Tertullian

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Auf die Dauer konnte jedoch die christliche Verkündigung nicht bei der bloßen Verwerfung der Philosophie stehen bleiben; sie mußte sich mit dieser als einer der wesentlichen geistigen Mächte der Zeit ernstlich auseinandersetzen. So hat denn auch die radikale Abweisung der Philosophie durch Paulus unter den bedeutenderen Theologen der späteren Zeit wenig Nachfolger gefunden. Der gewichtigste unter diesen ist Tertullian.6

Zunächst freilich spricht er – und auch hier im Gefolge des Apostels Paulus7 – von der Möglichkeit einer natürlichen Gotteserkenntnis. „Soviel der Mensch in seiner Situation (humana conditio) von Gott feststellen kann und was auch das Bewußtsein aller erkennen dürfte, das stelle ich fest: Gott sei das höchste Große, in Ewigkeit eingesetzt, ungeboren, ungeschaffen, ohne Anfang, ohne Ende“ (M I 3, 2). In diesem Zusammenhang wird der bekannte Satz verständlich, die Seele sei „von Natur christlich“, es gebe ein „Testimonium animae naturaliter Christianae“ (A 17, 6). So kommt es, daß Tertullian in gewisser Weise auch die philosophische Gotteslehre anerkennen kann. Wenn er als die christliche Lehre verkündet, „daß Gott dieses Weltganze durch Wort, Vernunft und Kraft erbaut habe“, so beruft er sich auf den stoischen „Logos“ und insbesondere auf „Zenon“ und „Kleanthes“ (A 21, 10). Ja, er identifiziert den „Gott der Philosophen“ – ein Ausdruck, den er vermutlich als erster gebraucht hat – mit dem auch von den Christen geglaubten, „unsichtbaren, unzugänglichen und stillen Vater“ (M II 27, 6), der freilich, wenn seine Menschwerdung in Jesus Christus nicht mitgedacht wird, für Tertullian nicht der recht begriffene Gott ist.

Übrigens geschieht auch jene Identifikation, wie Tertullian ausdrücklich hinzufügt, nur „sozusagen“. Denn eben weil die Philosophie nicht den wahren Gott erkennen kann, werden sie und ihre Gotteslehre von Tertullian mit aller Entschiedenheit verworfen. „Was gibt es für eine Ähnlichkeit zwischen dem Philosophen und dem Christen, dem Schüler Griechenlands und des Himmels, … dem Freund und dem Feind des Irrtums, dem Verfälscher und dem Wiederhersteller und Darleger der Wahrheit, deren Dieb und deren Wächter“ (A 46, 18)? „Die ein stoisches, platonisches und dialektisches Christentum vorgebracht haben, mögen sehen, (wohin sie kommen). Wir brauchen seit Jesus Christus keine Wißbegierde und seit dem Evangelium keine Forschung. Wenn wir glauben, ersehnen wir nichts über den Glauben hinaus“ (P 7, 10f.). Damit hat Tertullian eine extreme Position in der Problematik von Denken und Glauben bezogen, wie sie später immer wieder in Zeiten der Selbstbesinnung der Theologie auftritt, wie sie aber keineswegs den vorherrschenden Zug der weiteren Entwicklung in der Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Theologie und in dem Problem einer christlich bestimmten Philosophischen Theologie ausmacht.

Gott der Philosophen

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