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b) Rechtsgültigkeit und Wirksamkeit

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Eine wirksam erteilte gebührenpflichtige Verwarnung bewirkt, dass wegen der gleichen Tat nicht ein Verfahren eingeleitet werden kann, § 56 Abs. 4 OWiG. Dies gilt allerdings nicht bei einer gebührenfreien Verwarnung, da diese in § 56 OWiG nicht geregelt ist.[6] Beschränkt die Verwaltungsbehörde oder die Polizei bewusst oder irrtümlich die Verwarnung auf einen bestimmten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt, so kann die Tat unter den tatsächlich oder rechtlich nicht erfassten Handlungsteilen bzw. Gesetzesverletzungen weiter verfolgt werden.[7] Etwas anderes gilt aber, wenn der Betroffene annehmen durfte, dass das einheitliche Tatgeschehen (z.B. Überladung von Zugfahrzeug und Anhänger) gerügt werden sollte, und er im Vertrauen darauf mit der Verwarnung einverstanden war.[8]

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Muster: Einstellungsantrag – wirksame Verwarnung

An die Zentrale Bußgeldstelle

Aktenzeichen: …

In dem Bußgeldverfahren

gegen Anton Anständig wegen des Verdachts …

stelle ich namens der Mandantschaft Antrag,

das Verfahren gegen den Betroffenen einzustellen .

Begründung:

Der Betroffene wurde von der Polizei wegen Überladung des Triebwagens und des Anhängers seines Lastzuges mit 35,00 € verwarnt. Er war mit der Verwarnung einverstanden und hat diese an Ort und Stelle bezahlt. Trotzdem erhielt er einen Bußgeldbescheid über 50,00 € wegen Überladung des Anhängers, gegen den in der Zwischenzeit Einspruch eingelegt wurde.

Da ein Verwarnungsgeld erhoben wurde, kann die Tat gem. § 56 Abs. 4 OWiG nicht mehr verfolgt werden. Die Polizei hat die Verwarnung nicht auf bestimmte tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte beschränkt. Selbst wenn die Polizei an sich die Verwarnung auf die Überladung des Triebwagens beschränken wollte, also wegen der Überladung des Anhängers die Absicht hatte, Anzeige zu erstatten, so ist dennoch die Verhängung eines Bußgeldes unzulässig. Der Betroffene konnte nämlich annehmen, dass sowohl die Überladung des Zugfahrzeugs als auch die des Anhängers mit der Verwarnung gerügt werden sollte, im Vertrauen hierauf hat er sein Einverständnis mit der Verwarnung erteilt. Dies ergibt sich aus den Aussagen der Polizeibeamten, die beide bestätigen, dass bei der Erteilung der Verwarnung nur von der Überladung die Rede war und zwischen Triebwagen und Anhänger nicht unterschieden wurde.

Meine Mandantschaft durfte deshalb nach der Rechtsprechung davon ausgehen, dass das einheitliche Tatgeschehen durch die Bezahlung der Verwarnung erledigt ist.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

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Grundsätzlich ist eine Verwarnung nicht wirksam, wenn die Zahlung verspätet erfolgt.[9] Das Risiko des rechtzeitigen Geldeingangs liegt beim Betroffenen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumnis gibt es nicht.[10] Es besteht zwar die Möglichkeit einer Fristverlängerung, die auch stillschweigend erfolgen kann. Diese kann jedoch nur in Betracht kommen, wenn der zuständige Beamte das Verwarnungsgeld in Kenntnis der abgelaufenen Frist in Empfang nimmt. Wenn die verspätete Zahlung durch Postanweisung erfolgt, so kann begrifflich die Annahme einer stillschweigenden Fristverlängerung nicht in Betracht kommen.[11] Darin also, dass die Verwaltungsbehörde zunächst die bei ihr verspätet eingehende Überweisung annimmt, liegt für sich alleine noch keine stillschweigende Verlängerung der Frist zur Einzahlung des Verwarnungsgeldes vor.[12] Zweifel darüber, ob das Verwarnungsgeld rechtzeitig bezahlt wurde, wirken sich zugunsten des Verwarnten aus.[13] Wird die verspätet erfolgte Bezahlung von der Verwaltungsbehörde nicht wieder zurücküberwiesen, ist die Verwarnung als gültig zu betrachten. Die Wirksamkeit einer Verwarnung wird nicht durch die Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde beseitigt.[14]

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Ein subjektiv durchsetzbares Recht auf Erteilung einer Verwarnung hat der Betroffene nicht.[15] Auch kann er eine einmal erteilte und bezahlte Verwarnung grundsätzlich nicht anfechten mit der Begründung, dass ein Verkehrsverstoß gar nicht vorgelegen hat oder dass das Verwarnungsgeld zu hoch war.[16] Eine Zurücknahme der Verwarnung, die wirksam erteilt worden ist, scheidet ebenfalls aus, zumindest zuungunsten des Betroffenen.[17]

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Der Betroffene hat auch keine Möglichkeit, die polizeiliche Aufnahme eines Unfalls zu erzwingen. Nach dem Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz werden Unfälle, bei denen nur Sachschaden entstanden ist, und lediglich geringfügige Verkehrsordnungswidrigkeiten vorliegen, als Bagatellschäden angesehen und nicht mehr durch die Polizei aufgenommen.[18] Der frühere Maßstab, lediglich Bagatellschäden bis zu einem geschätzten Schaden von 4.000 DM nicht aufzunehmen, ist schon vor Jahren weggefallen, diese Grenze besteht nicht mehr. Dies ist in allen Länderrichtlinien zur polizeilichen Unfallaufnahme so geregelt. Wenn die Polizei zur Unfallstelle kommt, werden die wichtigsten Daten und Personalien festgehalten; diese sind bei der zuständigen Polizeidienststelle abrufbar. Gibt es Verletzte, ist Alkohol im Spiel oder wird ein gravierender Verkehrsverstoß begangen, muss der Unfall aufgenommen und eine Anzeige erstattet werden.

Hinweis

Der Verteidiger sollte mit seinem Mandanten stets genau überlegen, ob ein Verwarnungsangebot angenommen oder abgelehnt wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Verwarnungen nicht im Fahreignungsregister eingetragen werden und dass kein Präjudiz für eventuelle nachfolgende Schadensregulierungen besteht. Andererseits soll kein Verwarnungsgeld bezahlt werden, wenn eine Schuld nicht nachweisbar ist.

Teil 1 OrdnungswidrigkeitengesetzIV. Vorverfahren, Akteneinsicht, Bußgeldbescheid › 2. Anhörung und Akteneinsicht

OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht

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