Читать книгу OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht - Wolf-Dieter Beck - Страница 39

VII. Hauptverfahren (§§ 71–80a OWiG)

Оглавление

82

Überblick

Erweist sich der Einspruch als zulässig, wird in der Regel Hauptverhandlungstermin durch das zuständige Gericht anberaumt.
Das Gericht kann gem. § 72 OWiG aber auch schriftlich durch Beschluss ohne Hauptverhandlung entscheiden, wenn es eine solche für nicht erforderlich hält. Voraussetzung für eine Entscheidung durch Beschluss ist immer, dass kein Widerspruch des Betroffenen oder der Staatsanwaltschaft vorliegt.
Das Gericht kann zur Vorbereitung der Hauptverhandlung dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer Frist zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will. Im Falle der Nichtbeachtung der Frist kann das Gericht – unter Umständen – in der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge als verspätet zurückweisen, was auch kostenrechtlich negative Folgen haben kann (vgl. § 109a Abs. 2 OWiG).
Im gerichtlichen Verfahren mit Hauptverhandlungstermin gilt nicht mehr das Verschlechterungsverbot (keine reformatio in peius!), die Sanktion kann also verschärft werden.
Grundsätzlich muss jeder Betroffene an der Hauptverhandlung teilnehmen, es besteht eine Anwesenheitspflicht. Das Gericht ist jedoch verpflichtet, den Betroffenen auf seinen Antrag hin gem. § 73 Abs. 2 OWiG von der Erscheinungspflicht zu entbinden, wenn er erklärt, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht äußern werde und die Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhaltes nicht erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn schon vorher eine Äußerung zur Sache abgegeben worden ist. Achtung: Wenn der Betroffene von der Erscheinenspflicht in der Hauptverhandlung nicht entbunden wurde, dann hilft es auch nicht, wenn sein Verteidiger zum Termin erscheint! Der Einspruch wird verworfen!
Eine genügende Entschuldigung des Betroffenen kann allerdings eine Einspruchsverwerfung verbieten. Ergeht ein Urteil nach § 74 Abs. 2 OWiG, dann kann der Betroffene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen einer Woche nach Zustellung des Urteils beantragen (§ 74 Abs. 4 OWiG). Im Rahmen einer zulässigen Rechtsbeschwerde kann ein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden.
Gemäß § 77 Abs. 1 OWiG bestimmt das Gericht den Umfang der Beweisaufnahme, unbeschadet der Vorschrift des § 244 Abs. 2 StPO.
Gemäß § 77 Abs. 2 Ziff. 1 OWiG kann das Gericht einen Beweisantrag insbesondere dann ablehnen, wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Die Zurückweisung des Beweisantrags ist allerdings nur möglich, wenn der Sachverhalt aufgrund eindeutiger Beweismittel schon so weit geklärt ist, dass die beantragte Beweiserhebung an der richterlichen Überzeugung nichts mehr ändern kann.
Gemäß § 77 Abs. 2 Ziff. 2 OWiG kann das Gericht einen Beweisantrag auch dann ablehnen, wenn nach seiner freien Würdigung das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache ohne verständigen Grund so spät vorgebracht wird, dass die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führen würde. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass dann, wenn nur eine Unterbrechung in Betracht kommt, also nicht eine Aussetzung, das Gericht gem. § 77 Abs. 2 Ziff. 2 OWiG eine Verspätung nicht rügen kann!
Gemäß § 77a OWiG besteht zudem die Möglichkeit für das Gericht, eine so genannte vereinfachte Art der Beweisaufnahme durchzuführen. Zwar wird der Grundsatz der Unmittelbarkeit durch die Einführung dieser Vorschrift aufgegeben, allerdings ist zu beachten, dass diese Art der Beweisaufnahme nur mit Zustimmung des Betroffenen, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden kann, soweit diese in der Hauptverhandlung anwesend sind. Die vereinfachte Beweisaufnahme muss durch einen richterlichen Beschluss angeordnet werden.
Gemäß § 78 Abs. 1 OWiG kann das Gericht statt der Verlesung eines Schriftstücks – ohne Zustimmung der Verfahrensbeteiligten – dessen wesentlichen Inhalt bekannt geben. Dies gilt jedoch nicht, soweit es auf den Wortlaut des Schriftstücks ankommt.
Wenn auch das formelle Beweisantragsrecht des § 244 Abs. 3 und 4 StPO im Bußgeldverfahren nicht gilt, muss die Ablehnung eines Beweisantrags in einem richterlichen Beschluss begründet werden.

Teil 1 OrdnungswidrigkeitengesetzVII. Hauptverfahren (§§ 71–80a OWiG) › 1. Grundsätzliches

OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht

Подняться наверх