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VIII. Die Verweisung
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Ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben, so spricht das Verwaltungsgericht dies gem. dem über § 173 auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit anwendbaren § 17a GVG nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§ 17a Abs. 2 S. 1 GVG; s. dazu auch Rn 76). Eine Verweisung ist aber dann ausgeschlossen, wenn sich die Klage auf einen nach Meinung des Gerichts nicht justiziablen Hoheitsakt bezieht und dieser bei unterstellter gerichtlicher Überprüfbarkeit dem Verwaltungsrechtsweg unterfiele[94]. Ebenso scheidet eine Verweisung bei verfassungsrechtlichen Streitigkeiten aus, da sich § 17a Abs. 2 S. 3 GVG mit der in ihm normierten Bindungswirkung schon aus systematischen Gründen nicht auf die Verfassungsgerichtsbarkeit bezieht (s. auch § 2 EGGVG). Eine solche Bindungswirkung wäre überdies aber auch nicht mit dem besonderen Status der Verfassungsgerichte vereinbar[95]. Keine Verweisung findet auch bei kirchenrechtlichen Streitigkeiten statt, falls für diese kein Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet ist[96]. Wie sich ua aus § 17a Abs. 5 GVG („Entscheidung in der Hauptsache“) und aus den hier nicht passenden Vorschriften des § 17a Abs. 4 GVG ableiten lässt, ist eine Verweisung auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausgeschlossen (sehr str), sodass insoweit der Antrag (als unzulässig) abzulehnen ist[97].
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In der Rechtsmittelinstanz wird die Kompetenz des Gerichts zur Prüfung des Rechtswegs eingeschränkt. So ergibt sich aus § 17a Abs. 5 GVG, dass die Rechtswegfrage nicht mehr zu prüfen ist, wenn ein OVG oder das BVerwG über Rechtsmittel gegen Urteile oder sonstige Entscheidungen in der Hauptsache befindet. Über den Rechtsweg wird also bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eine bindende Entscheidung herbeigeführt, die auch dann später nicht mehr angreifbar ist, wenn sie sich als falsch herausstellen sollte. Hier ist eine Ausnahme nur dann zu machen, wenn zwar die Rechtswegzuständigkeit vom Beklagten gerügt wurde, das Gericht aber nicht vorab durch nach § 17a Abs. 4 GVG anfechtbaren Beschluss entschieden hat. Wegen dieses Verfahrensfehlers erfolgt dann – abweichend vom Wortlaut des § 17a GVG – auf Grund einer teleologischen Reduktion dieser Vorschrift doch noch eine Prüfung in der Rechtsmittelinstanz[98].
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Der Beschluss, durch den der Rechtsstreit wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges verwiesen wurde, ist für das Gericht, an welches verwiesen wurde, bindend (§ 17a Abs. 1, 2 S. 3 GVG). Wurde dieser Beschluss nicht erfolgreich angefochten, so regelt er die Rechtswegfrage endgültig. Der Rechtsstreit kann weder zurück- noch an eine dritte Gerichtsbarkeit weiterverwiesen werden. Allerdings gilt die Bindungswirkung nur für die Rechtswegfrage. Wurde also etwa an ein Verwaltungsgericht verwiesen, so kann dieses seinerseits gem. § 83 iVm § 17a Abs. 2 GVG an das (etwa gem. § 48) sachlich zuständige OVG weiterverweisen.
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Sofern wegen der Bindungswirkung einer Verweisung oder einer den Rechtsweg bejahenden erstinstanzlichen Hauptsacheentscheidung der Rechtsstreit in der falschen Gerichtsbarkeit entschieden werden muss, hat diese den Anspruch nach dem einschlägigen materiellen Recht, aber unter Anwendung ihrer eigenen Verfahrensordnung zu entscheiden[99].
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Im Falle der Verweisung bildet der Rechtsstreit vor dem zunächst angegangenen Gericht mit demjenigen vor dem Gericht, an das verwiesen wurde, eine Einheit (vgl insbes. § 173 iVm § 17b GVG)[100]. Daraus folgt vor allem, dass die Rechtshängigkeit, die mit der Klage beim zuerst angegangenen Gericht eingetreten ist, trotz der Verweisung bestehen bleibt. Kommt es etwa auf die verjährungshemmende Wirkung der Klage (§ 204 Abs. 1 Nr 1 BGB) oder die Wahrung einer Klagefrist an (zB § 74), so ist der Zeitpunkt maßgeblich, an dem die Klage beim zuerst angerufenen Gericht erhoben wurde. Die Verweisung dispensiert aber nicht von den besonderen Formvorschriften und Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klage vor dem Gericht, an das verwiesen wurde. Ein etwa nach den §§ 68 ff erforderliches Vorverfahren muss also gegebenenfalls noch nachgeholt werden (str)[101].
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Nach § 173 iVm § 17 Abs. 1 S. 1 GVG bleibt es bei dem bei Klageerhebung zulässigen Rechtsweg auch dann, wenn auf Grund später eingetretener Umstände (etwa einer Gesetzesänderung) dieser Rechtsweg eigentlich unzulässig würde (sog. perpetuatio fori). Diese Regel gilt aber nur rechtswegerhaltend. Die ursprüngliche Unzulässigkeit des Rechtswegs kann also durchaus durch spätere Änderungen geheilt werden.
§ 3 Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 VwGO) › IX. Die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis hinsichtlich rechtswegfremder Vorfragen