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1. Die grundsätzliche Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichts
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Maßgebend für den Verwaltungsrechtsweg ist prinzipiell, ob das geltend gemachte prozessuale Begehren als öffentlich-rechtliche Streitigkeit iSd § 40 zu qualifizieren ist. Vorfrageweise (inzidenter) kann und muss das Verwaltungsgericht allerdings häufig auch über rechtswegfremde Fragen befinden (s. auch oben Rn 170). Ist das als Vorfrage bedeutsame Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses jedoch bereits Gegenstand eines anderen gerichtlich anhängigen Rechtsstreits, so kann das Verwaltungsgericht gem. § 94 die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits aussetzen. Von dieser Befugnis wird dann, wenn es um das Bestehen eines rechtswegfremden Rechtsverhältnisses geht, durch die Verwaltungsgerichte oft Gebrauch gemacht.
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Beispiel:
Begehrt der Grundstückseigentümer die Aufhebung einer zu Unrecht auf § 24 BauGB gestützten gemeindlichen Ausübung des Vorkaufsrechts, so hat das Verwaltungsgericht zu überprüfen, ob zwischen dem Grundstückseigentümer und einer dritten Person ein wirksamer Kaufvertrag – den § 24 Abs. 1 BauGB fordert – zu Stande gekommen ist. Insoweit entscheidet das Verwaltungsgericht also vorfrageweise über eine zivilrechtliche Frage, die, wenn sie selbst zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht würde, im ordentlichen Rechtsweg (§ 13 GVG) zu klären wäre. Ist ein solches Verfahren vor den ordentlichen Gerichten bereits anhängig, kommt eine Aussetzung gem. § 94 in Betracht.
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Da die Stellungnahme des Verwaltungsgerichts zur zivilrechtlichen Vorfrage nicht Verfahrensgegenstand des im Verwaltungsrechtsweg geltend gemachten Klagebegehrens ist, erwächst sie nicht in materieller Rechtskraft (zu dieser s. unten Rn 668 ff). Sie entfaltet daher auch keine Bindungswirkung zwischen den Parteien.
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Beispiel:
Wenn im vorhergehenden Beispielsfall das Verwaltungsgericht vom Bestehen eines Kaufvertrags ausging, so hindert dies die Zivilgerichte nicht, bei einer späteren Klage der Gemeinde auf Übereignung des Grundstücks den Kaufvertrag für unwirksam zu halten und damit den Übereignungsanspruch zu verneinen.
§ 3 Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 VwGO) › IX. Die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis hinsichtlich rechtswegfremder Vorfragen › 2. Sonderproblem Aufrechnung