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2. Sonderproblem Aufrechnung
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Das Gesagte gilt auch bei der Aufrechnung mit rechtswegfremden Forderungen (sehr str). Die Frage, ob die zur Aufrechnung gestellte – rechtswegfremde – Forderung besteht, ist im Verwaltungsprozess ebenfalls nur eine Vorfrage, für die an sich die Sachurteilsvoraussetzungen nicht vorliegen müssen. Gem. § 173 iVm § 322 Abs. 2 ZPO erwächst diese Entscheidung aber ausnahmsweise in Rechtskraft, weshalb die früher ganz hM[102] eine Entscheidungsbefugnis verneinte und eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 94 verlangte. Diese Lösung wurde durch die Neufassung des § 17 Abs. 2 GVG weitgehend überholt[103]. Angesichts der von § 17 Abs. 2 GVG nunmehr anerkannten Rechtswegzuständigkeit kraft Sachzusammenhangs (vgl Rn 165 ff) bestehen keine Bedenken mehr, im Einklang mit dem Wortlaut des § 322 Abs. 2 ZPO eine Entscheidung auch über rechtswegfremde Gegenforderungen zuzulassen. Zwar wird diese Auffassung mit der Begründung in Frage gestellt, bei der Aufrechnung handele es sich nicht um einen „rechtlichen Gesichtspunkt“ iSd § 17 Abs. 2 GVG, sondern um ein selbstständiges Gegenrecht, für das ebenso wie bei objektiver Klagehäufung (dazu Rn 87, 168) und Widerklage eine Entscheidungsbefugnis nicht bestehe[104]. Dabei wird aber nicht genügend beachtet, dass nach hM durch die Aufrechnung anders als bei Klagehäufung und Widerklage kein neuer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt wird[105], sondern das Bestehen der Gegenforderung nur eine Vorfrage für das Bestehen der Hauptforderung und damit in der Tat einen für die Entscheidung des Rechtsstreits relevanten rechtlichen Gesichtspunkt iSd § 17 Abs. 2 GVG darstellt[106].
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Beachte:
Den Verwaltungsgerichten ist aber gem. § 17 Abs. 2 S. 2 GVG iVm Art. 34 S. 3 GG und Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG untersagt, über das Bestehen eines zur Aufrechnung gestellten Amtshaftungsanspruchs gem. § 839 BGB iVm Art. 34 GG oder Enteignungsentschädigungsanspruchs gem. Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG zu entscheiden. Hier ist vielmehr analog § 94 eine Aussetzung des Rechtsstreits geboten, damit dem Aufrechnenden die Möglichkeit eingeräumt wird, das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Schadensersatz- bzw Entschädigungsforderung durch die ordentlichen Gerichte feststellen zu lassen. Gekoppelt hiermit bietet sich (bis zu dieser gerichtlichen Klärung) der Erlass eines Vorbehaltsurteils (vgl Rn 61) über die öffentlich-rechtliche Forderung gem. § 173 iVm § 302 Abs. 1 ZPO an. Einer früher vielfach in analoger Anwendung des § 151 ZPO aF bejahten, dogmatisch zweifelhaften richterlichen Fristsetzung für den Aufrechnenden, seine zur Aufrechnung gestellte Forderung rechtshängig zu machen, bedarf es schon angesichts des von einem solchen Vorbehaltsurteil ausgehenden Drucks zur Rechtshängigmachung dieser Forderung nicht[107].
§ 3 Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 VwGO) › X. Die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis in Fällen mit Bezug zum Recht der Europäischen Union bzw supranationaler Organisationen