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Barbarossa und die Kommunen
ОглавлениеDer zweite, dritte, vierte und fünfte Italienzug Barbarossas diente vornehmlich der Wiedergewinnung und Durchsetzung der Reichsrechte in Norditalien, vor allem gegenüber den lombardischen Städten. 1158 wurden auf dem Reichstag von Roncaglia diese Rechte definiert: Beraten von vier Gelehrten aus Bologna, stellte der Kaiser eine Liste von Regalien auf, die von den Städten zurückgefordert wurden, sofern sie keine ausdrückliche kaiserliche Übertragung nachweisen konnten. Gegen die Städte, die dieser Aufforderung nicht nachkamen, ging er militärisch vor; den Höhepunkt bildete 1162 die Eroberung, Zerstörung und rechtliche Auflösung Mailands, dessen Bewohner auf vier offene Dörfer in der Umgebung zwangsumgesiedelt wurden.
Auf den weniger wichtigen dritten Zug von 1163/64 folgte ab Herbst 1166 der vierte Italienzug mit bedeutender Heeresmacht, u. a. erstmals auch mit niederrheinischen Söldnern, den »Brabanzonen«. Auf diesem Zug wurde Rom erobert, Paschalis III. dort inthronisiert und 1167 die Kaiserin vom Papst gekrönt. Der Zug endete jedoch mit einer Katastrophe, die von den Zeitgenossen als Gottesurteil angesehen wurde: Mitte August 1168 vernichtete eine Epidemie das kaiserliche Heer, so dass Barbarossa nach Deutschland fliehen musste. Die Mailänder kehrten in ihre Stadt zurück, und die lombardischen Städte, die sich zu einem Bund [74]gegen den Kaiser zusammengeschlossen hatten (Veroneser Bund 1164, Liga von Pontida 1167), errichteten eine Bundesfestung, die zu Ehren Alexanders III. den Namen Alessandria erhielt.
Erst 1174 konnte der Kaiser den fünften Italienzug antreten. Erstes Ziel war Alessandria, das er im Winter 1174/75 vergeblich belagerte. Erneute Seuchen im Heer veranlassten ihn, mit den lombardischen Städten zu verhandeln und im April 1175 in Montebello einen Präliminarfrieden zu schließen. Die Umwandlung in ein dauerhaftes Abkommen gelang jedoch nicht, sondern es kam im Herbst zu neuen Kämpfen. In diesen Zeitraum fiel auch die berühmte Begegnung des Kaisers mit Heinrich dem Löwen in Chiavenna, bei der Friedrich den Welfen vergeblich um Hilfe bat, obwohl er sich »mehr, als der kaiserlichen Majestät ziemt«, demütigte. Schließlich unterlag Barbarossa 1176 in der Schlacht von Legnano einem Heer des lombardischen Bundes.
Jetzt näherte sich der Kaiser Papst Alexander III. an: Die Verhandlungen führten zunächst zum Vorfrieden von Anagni im November 1176 und schließlich 1177 zum Frieden von Venedig. Der Kaiser erkannte Alexander III. als Papst an, ließ also Calixt (III.) fallen und wurde im Gegenzug von der Exkommunikation losgesprochen. In den großen Streitfragen kam der Kaiser dem Papst im Vorfrieden weit entgegen: Er verpflichtete sich zur Herausgabe der Mathildischen Güter und zum Friedensschluss sowohl mit den lombardischen Städten als auch mit dem Königreich Sizilien; jedoch gelang es seinem Verhandlungsgeschick, die Erfüllung dieser Zusagen im endgültigen Frieden um sechs bzw. fünfzehn Jahre hinauszuschieben.
[75]Die Lossprechung des Kaisers vom Bann erfolgte in den üblichen Formen der Zeit; erst eine spätere Legende, die in der Reformationszeit auf antipäpstlichen Flugblättern dargestellt wurde, will wissen, der Papst habe dem am Boden liegenden Kaiser den Fuß auf den Nacken gesetzt. Kurz vor Ablauf der sechsjährigen Frist folgte 1183 im Frieden von Konstanz die Aussöhnung mit den lombardischen Städten: Wesentlicher Punkt der Abmachung war eine Pauschalierung der kaiserlichen Ansprüche aus den Regalien, eine Regelung, in der sich die Einsicht des Kaisers nicht nur in die gewandelte machtpolitische Situation, sondern auch in die neuen ökonomischen Entwicklungen mit ihrer Tendenz zur Geldwirtschaft in Italien zeigte.
Alexander III. konnte nach Rom zurückkehren, wo er 1179 das dritte Laterankonzil abhielt. Dessen wichtigster Beschluss war eine neue Papstwahlordnung: Wahlkörper waren jetzt die Kardinäle ohne Rücksicht auf ihren Ordo (die Sonderstellung der Kardinalbischöfe wurde also beseitigt), erforderlich war die Zweidrittelmehrheit der anwesenden Wähler; von einer Beteiligung der Laien oder von Rechten des Kaisers war nicht mehr die Rede. Es wäre jedoch falsch, von einer nachträglichen Legalisierung von Alexanders eigener Wahl zu sprechen; vielmehr war das Schisma von 1159 – abgesehen von der Parteistellung der Wähler – auch aus dem Konflikt einer älteren und einer jüngeren Auffassung über den Charakter der Wahlhandlung entstanden: Jetzt hatte sich die jüngere, von der sich entwickelnden kanonistischen Wissenschaft herausgearbeitete Auffassung durchgesetzt.