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Am nächsten Morgen steigt die Sonne wieder klar und hell über die Berge. Diane will wieder hinauf und Ski laufen. Ihr Vater will sich diesmal anschließen.

»Soll ich noch ein paar Ski besorgen?«, frage ich höflich.

»Nein, ich will mir die Haxen nicht brechen«, lacht Leo schallend. »Ich gehe nur mit hinauf und sehe mir den Gletscher an.«

»Ja, die sind wirklich sehenswert.«

»Und übermorgen spazieren wir dann los«, sagt er. »Diane, willst du auch mit?«

»Nein, das ist nichts für mich. Ich bleibe dann unten. Oder ich geh allein Ski laufen.«

Das höre ich gar nicht gern. Dumpf spüre ich, dass sie sich dann anderen Männern zuwenden wird. Und so sage ich schnell: »Es ist gar nicht gefährlich, wirklich nicht. Wenn man sich entsprechend kleidet und auf den Führer hört, dann ist so eine Gletscherwanderung ein hübscher Spaziergang.«

Sie sieht mich mit ihren grünen Augen sprühend an. »Für euch mag das schön sein, für mich ist das nur langweilig.«

Und dann sagt der Vater etwas, das mir eigentlich zu denken geben müsste aber wie gesagt, ich habe ein Brett vor dem Kopf: »Diane macht nur Dinge, bei denen sie bewundert werden kann. Sie braucht immer Zuschauer, sonst macht ihr das Leben keinen Spaß.« Leo findet das furchtbar lustig und lacht mit seiner Tochter.

Ich muss wohl ein ziemlich dummes Gesicht machen.

Diane steht auf, ohne zu fragen, ob ich fertig bin oder nicht.

»Komm, fahren wir hinauf.«

Wie ihr ergebener Diener tue ich alles, was sie von mir verlangt. Ich bin ja schon froh, wenn sie nur in meiner Nähe ist. Sehr wohl merke ich, dass sie nie von sich aus zeigt, wie sehr sie mich liebt. Aber ich sage mir: So sind nun mal die Mädchen, scheu und zurückhaltend in der Öffentlichkeit. Aber auch wenn wir allein sind, tut sie es nicht.

Diesmal fahren wir mit der Gondelbahn nach oben. Die gestrige Fahrt mit dem Sessellift hat mir gereicht. Oben hat man mir schwere Vorwürfe gemacht. Diane war ganz weiß gewesen. Man will hier keinen Unfall; das ist nicht gut fürs Geschäft. Diane willigt ein. Vielleicht tut sie das auch nur, weil im Augenblick nicht viel Volk hier ist.

Bald sind wir auch wieder an der Olperer Hütte. Es wird bald Herbst; in der letzten Nacht ist hier schon ein wenig Schnee gefallen. Diane sieht das mit Staunen.

»So verschieden ist bei uns die Natur«, sage ich. »Unten ist noch Sommer, und hier oben wirds bald Winter. Aber wir hier im Zillertal sind es gewöhnt, recht früh eingeschneit zu werden. Weißt du, Diane, früher, als es die breite Straße noch nicht gab, da kam es vor, dass wir oft monatelang von der Außenwelt abgeschnitten waren. Das ist noch gar nicht so lange her. Nach dem letzten Krieg war das noch der Fall. Erst als die Touristen allmählich nach Österreich kamen, hatte unser Staat Geld genug, Straßen und Tunnel durch die Berge zu bauen.

Wenn früher einer krank wurde, war das sehr schlimm. Da musste sich dann ein ganzer Trupp aufmachen, über die Berge hinüber ins Inntal. Es gingen immer mehrere zusammen, damit wenigstens eine Gruppe ankam. Und dann musste man in den nächsten größeren Ort wandern, wie Rattenberg oder Wörgl. Dann kam der Arzt mit, und das dauerte natürlich auch seine Zeit.

Wenn jemand starb, musste man bis zum Frühjahr warten, um ihn beerdigen zu können, weil die Erde zu hart war, um ein Grab zu schaufeln. Aber jetzt ist das schon längst nicht mehr so. Sicher, hin und wieder werden wir noch eingeschneit, besonders das Stück zwischen Mayrhofen und Länersbach mit den vielen Serpentinen und den steilen Strecken und Schluchten. Aber höchstens ein, zwei Tage sind wir abgeschnitten, dann kommen die Schneeräumer und die Gäste können wieder bis nach Hintertux kommen. Schließlich ist nach Tirol das Zillertal der bekannteste Flecken von Österreich.«

Ich glaube, das alles interessiere sie. Aber dieser Eindruck verfliegt rasch, und so breche ich meinen Vortrag ab und sage: »Sicher bist du nur die Weite gewöhnt. Dein Vater sprach einmal davon. Die Berge für den Urlaub, ja, aber immer hier wohnen? Sag, könntest du das?«

»Hier in diesem Nest?«, sagt sie verächtlich. »Bist du verrückt?«

»Aber Diane«, sage ich weich, »gibt es nicht den schönen Satz: Wo du hingehst, da will ich auch sein?«

Sie sieht mich erheitert an.

Ich werde rot. Jetzt habe ich mich richtig dumm benommen, und das noch vor einem Stadtmädchen! So etwas kann man vielleicht zu unseren hiesigen Mädchen sagen, aber nicht zu Diane.

»Ich liebe dich«, sage ich zärtlich. »Diane, ich liebe dich sehr. Nicht wahr, du glaubst mir doch?«

»Himmel, Viktor, hör auf zu reden! Ich will jetzt Ski laufen und sonst gar nichts.« Und schon fegt sie davon.

Mir bleibt nichts anderes übrig als ihr zu folgen. Bald ist es hier oben so voll, dass ich Mühe habe, sie wiederzufinden. Und dann habe ich sie wirklich aus den Augen verloren. Da sie aber eine gute Skiläuferin ist, mache ich mir keine Sorgen. Sie ist nun einmal so frei erzogen, denke ich. Aber wenn ich dann andere Liebespaare hier oben sehe, dann gibt es mir doch einen kleinen Stich ins Herz. Warum kann sie nicht so weich und anschmiegsam sein? Nur weil sie aus dem kühlen Norden kommt?

Ich stoße auf Mariannes Vater. Wir stehen eine Weile zusammen und sehen uns das Treiben an.

»Heute allein?«, fragt er und sieht mich ruhig an.

»Nein«, sage ich, »wir haben uns verloren.«

»Ach so.«

Plötzlich werde ich wütend. Wenn du mir jetzt deine Tochter an den Hals wirfst, dann haue ich aber ab, denke ich zornig. Was geht mich deine Tochter an!

Aber er spricht gar nicht von Marianne, sondern er weiß die Natur zu würdigen. Und er hört gern, was ich ihm über das Zillertal erzähle. Gemeinsam gehen wir zurück zum Taxer-Joch Haus. Dort setzen wir uns auf die breiten Holzbänke und lassen uns einen Enzian servieren. Der wärmt uns hübsch auf. Wenn die Sonne hinter der nächsten Bergspitze verschwindet, dann wird es recht kalt hier oben. Langsam lichtet sich auch das Menschenbündel. Um vier Uhr fährt die letzte Gondel nach unten.

Diane ist nirgends zu finden. Herr Hofer scheint meine Gedanken lesen zu können.

»Sie kommt nicht unter die Räder. Sie nicht«, sagt er mit fester Stimme.

»Nein«, sage ich, »sie kann hervorragend fahren.«

Er sieht mich von der Seite an. »Das habe ich gerade nicht gemeint.«

»Was dann?«

Aber er kann mir nicht mehr antworten. Wir müssen einsteigen und stehen zwischen anderen Menschen dicht gedrängt und fahren nach unten ins Tal.

Hier erst finde ich meine Diane wieder. Ein Sonderbus ist angekommen. Viel junges Volk ist zu einem Tagesausflug nach Hintertux gekommen. Und mitten in diesem Gewühl, zwischen ein paar jungen Männern, steht meine Diane. Ihr Gesicht strahlt, und sie sprüht nur so. Seltsamerweise werde ich nicht eifersüchtig, sondern bin furchtbar stolz. O ja, ich bilde mir eine Menge darauf ein! Welcher Mann hat es nicht gern, wenn er sieht, dass sein Mädchen von anderen Männern bewundert wird!

Ich trete hinzu und sage: »Hallo, Diane, da bist du ja!«

Die jungen Männer treten sofort einen Schritt zur Seite. »Ja, dann müssen wir wohl«, sagen sie und gehen fort.

Diane wendet sich mir zu und ist wütend.

»Was fällt dir ein!«, zischt sie mir zu.

»Diane«, sage ich entsetzt, »ich habe dich gesucht.«

»Und das hältst du für einen Grund, mich zu stören? Hast du nicht gesehen, dass ich mich unterhalten habe?«

Mein Schweigen macht sie nervös.

»Ich bin kein kleines Kind mehr! Du brauchst mich nicht auf Schritt und Tritt zu begleiten!«, faucht sie.

Und ich denke: Jetzt ist sie wieder das ungezogene kleine Mädchen. Im Augenblick kann man kein vernünftiges Wort mit ihr reden. Ich drehe mich um und gehe zum Hotel zurück.

Diane wirft den Kopf in den Nacken und freut sich. Aber dann sieht sie, dass man einen großen Bogen um sie macht und sie verstohlen von der Seite ansieht. Diese blöden Einheimischen, denkt sie wütend und stapft hinter mir her. Ich höre ihren Schritt, tue aber so, als wisse ich nicht, wer das ist. Und so muss sie ihre Ski selbst heimtragen.

Und als wir dann noch in der Halle hören, dass heute in der Bar nichts los ist, wird sie wieder wütend und verlangt von ihrem Vater, dass er mit ihr nach auswärts fährt.

»Nein mein Mädchen, das tue ich nicht. Ich bin zum Ausruhen hier. Das hat mir der Onkel Doktor verschrieben. Und außerdem gehe ich heute früh ins Bett. Morgen wollen wir ja rauf in die Gletscher, und da will ich hübsch frisch und munter sein. Ist ja kein Pappenstiel.«

Jetzt bin ich ihr wieder gut genug. Wäre das vorhin nicht passiert, dann wäre ich wieder weich geworden. Aber ich habe auch meinen Stolz. Sie soll nur nicht denken, ich wäre ein Hampelmann.

»Ihr seid langweilig, stinklangweilig!«, schreit sie uns an und rennt dann die Treppe hinauf.

»Auweia, die hat mal wieder ihre Mucken«, brummt der Vater und geht ihr nach.

Am liebsten möchte ich ihm sagen, dass er sie verzogen hat, dass das sein Werk ist. Ja, ja, wenn einfach Leute plötzlich zu viel Geld kommen, steigt ihnen das zu Kopf.

Ich kann noch nicht so früh schlafen gehen. Und so verlasse ich das Hotel und gehe in Hintertux in eine kleine Gaststube. Dort treffe ich Leute von Aschau, und es gibt eine stürmische Begrüßung.

»Ja, dass man dich auch mal wiedersieht! Was machst du denn hier? Ich denk, du studierst in Innsbruck? Oder hast du keine Lust mehr und kommst als einfacher Mensch zurück?«

Ich sage dem Sepp, warum ich hier bin, und er pfeift durch die Zähne.

»Du hast es schon immer verstanden, dir die besten Rosinen aus dem Kuchen zu holen. Na ja, ich gönn sie dir«, grinst er mich an.

Wir reden die halbe Nacht und trinken so manche Maß. Jetzt habe ich meinen Ärger hinuntergespült und gehe leicht beschwingt zum Hotel zurück. Über der Kaiserspitze liegt eine dunkle Wolke. Es wird doch dort nicht schneien, denke ich unwillkürlich. Damit rechnen muss man natürlich.

Ich bin müde, und so mache ich mir keine Gedanken mehr, werfe mich auf mein Bett und bin bald eingeschlafen.

7 Heimat-Romane um Liebe  in den Bergen: Bergroman Sammelband 7019

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