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Und dann bekomme ich wieder Besuch. Nicht von der Tante. Die Tür geht auf, und im hellen Sonnenfleck steht Marianne. Wir sehen uns an. Noch zögert sie einen Augenblick, ist unschlüssig, ob sie weitergehen soll.

»Fräulein Hof!«, rufe ich laut. »So kommen Sie doch!«

»Störe ich auch nicht?«

»Aber nein! Wirklich, ich freue mich, dass Sie gekommen sind.«

»Mein Vater hat mich hierher gefahren«, sagt sie leise und packt das mitgebrachte Obst aus.

Dabei betrachte ich sie. Und jetzt bemerke ich, wie schön sie ist. Von einer ganz anderen Schönheit als Diane, eine vornehme, leise Schönheit. Und plötzlich weiß ich: Wenn ich Diane nicht kennengelernt hätte, hätte ich mich gewiss in sie verliebt. Und mein Herz ist traurig über diese Gewissheit.

Marianne sieht mich mit ihren großen dunklen Augen still an. »Wir sind noch immer alle sehr geschockt. Die Gäste im Hotel können es einfach nicht fassen, Herr Hofstätter. Niemand sagt etwas Bestimmtes. Wieso kommt es, dass Herr Ackermann gesund ist und Sie nicht?«

»Sind die Reporter noch immer da?«

»Ja, Sie kennen sie doch!« Sie lacht etwas heiter. »Ich gehöre ja auch dazu!«

»Wirklich«, sage ich. »Das habe ich ganz vergessen.«

Sie ist noch immer nervös. Ich möchte ihr helfen. Aber dann denke ich nur an meine eigenen Probleme.

»Marianne!«, rufe ich. »Sie wissen doch, dass ich Fräulein Ackermann liebe?«

»Ja«, sagt sie leise und blickt aus dem Fenster. »Ich weiß. Das ganze Hotel weiß es.«

»Wissen Sie jetzt auch, wie sehr ich leide? Ihr Vater lässt sie nicht zu mir. Und ich muss sie sprechen, Marianne, ich darf Sie doch so nennen? Bitte, können Sie mir nicht helfen? Ich habe schon meine Tante geschickt, aber man hat sie nicht vorgelassen. Sie wohnen doch auch in diesem Hotel. Können Sie nicht mit ihr reden?«

»Doch, das könnte ich wohl«, sagt sie mit spröder Stimme. »Aber ich glaube, das wird nicht viel nützen. Fräulein Ackermann mag mich nämlich nicht. Wir, wir haben uns gestritten.«

»Und ich dachte, dass Sie mir wenigstens helfen könnten!«, rufe ich verzweifelt. »Sehen Sie denn nicht, wie verzweifelt ich bin? Ich brauche sie. Wir müssen uns über die Zukunft aussprechen. Wenn sie nach Hamburg fährt, ohne bei mir gewesen zu sein, ich halte das nicht aus. Dann werde ich verrückt! Bis ich selbst nach Hamburg fahren kann, wird noch viel Zeit vergehen. Oh, Fräulein Hof, wenn Sie je geliebt haben, müssten Sie mich jetzt verstehen.«

Das Blut schießt in ihre Wangen. Sie steht auf und geht zum Fenster. Nun sehe ich nur ihren gebeugten Nacken. Lange Zeit ist es sehr still.

Vielleicht, denke ich, habe ich jetzt eine alte Wunde berührt, und sie muss das erst verwinden. Wie kann ich Holzklotz, der ich manchmal bin, auch wissen, dass sie mich liebt, ja mich, die ganze Zeit selbstlos geliebt hat, und wirklich leidet. Sie möchte mir helfen. Aber sie weiß, dass das was ich verlange, mein Untergang ist. Ein Wort von ihr würde genügen, aber ich würde ihr nicht glauben, sie vielleicht sogar gemein nennen. Das weiß sie, und deshalb ist sie so verzweifelt und weiß nicht, was sie tun soll.

»Entschuldigen Sie, dass ich Sie damit belästigt habe«, sage ich bitter und drehe mich zur Wand.

Der Schmerz rast durch meinen Körper und raubt mir fast die Besinnung. Manchmal, wenn ich eine unbeherrschte Bewegung mache, ist mir, als würde ich mit einem glühenden Schwert in zwei Teile geteilt.

Marianne sieht, wie ich leide und kommt zu mir. Ihr Gesicht wirkt völlig aufgelöst.

»Ich will Ihnen ja helfen«, schluchzt sie. »Bitte, ich will es tun.«

Ich nehme ihre Hand und halte sie fest.

»Ach, Marianne, Sie sind ein wunderbares Mädchen!«, rufe ich spontan. »Sie werden also mit Diane reden. Ihr sagen, wie ich auf ihr Kommen warte.

Dass nur sie mir helfen kann, durch dieses dunkle Tor zu gehen. Nicht wahr, Sie werden ihr das alles sagen?«

Behutsam löst sie sich aus der Umklammerung. Mit erstickter Stimme sagt sie: »Das wird nicht viel nützen. Ihr Vater wird etwas dagegen haben. Er lässt sie nicht aus den Augen. Ich weiß, sobald die Reporter abgezogen sind, wollen sie nach Hamburg abreisen. Aber ich wüsste etwas anderes, etwas, womit man Herrn Ackermann dazu bekommt, seine Tochter zu Ihnen zu schicken.«

»Ja?«, rufe ich hoffnungsvoll.

Sie schluckt ein paarmal. »Herr Ackermann hat eine Heidenangst davor, dass die Wahrheit herauskommt. Die Bergwacht sagt da so manches, aber nichts Genaues. Wir alle glauben, dass er viel Schuld hat; ja, man munkelt sogar, dass Sie ihn vor Gericht bringen wollen. Und er weiß ganz genau, wenn wirklich etwas an die Öffentlichkeit dringt, dann geht das durch die Weltpresse. Auch in Hamburg wird man dann alles erfahren. Er und seine Tochter sind dann für alle Zeiten gebrandmarkt.

Wenn Sie mir jetzt alles erzählen, Herr Hofstätter, Sie wissen ja, ich bin bei der Zeitung angestellt. Sagen wir mal, wir würden einen langen Bericht bringen, mit vielen Fortsetzungen und vielleicht folgender Überschrift: Viktor Hofstätter packt jetzt aus. Ich würde dafür sorgen, dass er die erste Zeitung bekommt. Und wissen Sie, Viktor, dann wird er Diane zu Ihnen schicken. Sie wird Sie dann bitten müssen, es nicht zu tun.«

Sie sieht mich fest an.

»Das ist die einzige Trumpfkarte, die Sie haben.«

Ich bin unruhig; ich weiß nicht, was ich tun soll. In der Zeitung veröffentlichen? Aber das wollte ich ja nicht. Ich kann es doch nicht, obwohl ich wirklich keine Hemmungen gegenüber Leo habe; aber er ist Dianes Vater.

»Und Sie würden wirklich aufhören zu schreiben, wenn ich es sage?«

Eine kleine Weile sieht sie mich forschend an. »Wenn Sie es wirklich wünschen, werde ich es tun.«

»Aber Ihr Presseleute gebt doch Eure schwarze Seele her für eine kleine Sensation.«

»Das stimmt«, entgegnet sie ruhig. Und seltsam, jetzt hat sie gar nichts mehr vom kleinen schüchternen Mädchen an sich. Sie ist wie verwandelt; ich bin erstaunt.

»In diesem Falle tue ich es auch nur, weil ich Sie persönlich kenne und sehr schätze.«

Sie hat sich wirklich sehr weit vorgewagt. Und schlagartig wird mir bewusst: Mein Gott, sie liebt dich! Und ich gebe ihr solch einen Auftrag.

Marianne holt ihren Schreibblock hervor und zückt den Bleistift.

»So, nun beginnen Sie mal. Die Vorgeschichte Ihres Kennenlernens können Sie sich sparen, die kenne ich schon.«

»Ja?«

»Ja!«

»Beginnen Sie mit Ihrem Aufstieg zur Gletscherhütte.«

Ich schließe die Augen. Und dann beginne ich zu erzählen, erst stockend, dann immer schneller, ohne Ausschmückung. Ich sage es so, wie es war.

Und je mehr ich rede, um so entsetzter wird ihr Gesicht. Sie hat es also tatsächlich nicht gewusst. Die ganze Tragik. Und als ich dann endlich zu Ende gesprochen habe, sehe ich, dass zwei Tränen über ihr Gesicht laufen.

»Das ist ja ...«, stammelt sie.

»Bitte, Marianne, sprechen Sie nicht mehr.«

»Sie müssen ihn verklagen!«

»Sie vergessen, dass ich mit Diane verlobt bin und dass Leo in dieser Notsituation nicht ganz zurechnungsfähig gewesen sein konnte.«

Marianne macht ein betroffenes Gesicht. Dann steht sie hastig auf.

»Ich glaube, ich bin schon viel zu lange bei Ihnen geblieben. Sie sehen müde aus.«

»Marianne ...« Ich möchte ihr etwas liebes sagen, ihr danken, aber ich bin so unbeholfen. »Marianne«, beginne ich noch einmal, »ich habe Sie sehr gern, wissen Sie das?«

»Das sollten Sie nicht sagen!«, schimpft sie los. »Mit so etwas spielt man nicht, Herr Hofstätter.«

»Verzeihen Sir mir. Ich wollte Sie nicht verletzen, Marianne. Das habe ich wirklich nicht damit beabsichtigt.«

Sie beugt sich über mich. Ihr liebes Gesicht ist mir so nahe. Ich habe das Verlangen, es zu streicheln. Diane ist auf einmal so weit weg.

»Ich wünschte, ich könnte Ihnen wirklich helfen, Viktor. Ich ...« Aber dann bricht sie ihren Satz ab, nimmt ihre Tasche und geht zur Tür.

»Ist es vermessen, zu fragen, ob Sie wiederkommen?«

»Nein. Ich werde wiederkommen. Schon um zu fragen, wie Sie meinen Stil finden.«

Dann ist sie verschwunden. Und ich liege mit einem sehr eigenartigen Gefühl im Bett und weiß nicht, warum mir so komisch ist.

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