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Mein Leben ist im Moment keinen Groschen wert. Aber ich weiß es nicht. Ich dämmre zwischen Traum und Tag, und oft werde ich von schlimmen Dämonen geplagt, will aufspringen und fortlaufen. Sie haben mich ans Bett gebunden, zu meiner Sicherheit.

Tante Therese haben sie geholt. Aber ich weiß es noch nicht. Irgendwann erwache ich. Ich befinde mich in einem Glaskasten, und über mir sind die seltsamsten Geräte und Apparate. Da baumeln Flaschen und Röhrchen.

Verschwommen sehe ich die Gesichter der Ärzte und Schwestern. Tagelang schwebe ich zwischen Leben und Tod. Aber meine Natur ist stärker. Eines Nachts bin ich vollkommen wach und schaue mich um. Sofort ist ein Arzt bei mir.

»Möchten Sie etwas, Herr Hofstätter?«

»Ich habe großen Durst.«

»Sicher bekommen Sie etwas zu trinken. Warten Sie einen Augenblick.«

Er geht fort, und diese Minuten erscheinen mir wie eine Ewigkeit. Ich habe einen Brand in mir, der fürchterlich ist. Vielleicht kann man ihn gar nicht mehr löschen. Komisch, denke ich, was man doch für seltsame Gedanken hat.

Dann ist der Arzt wieder da, eine Schnabeltasse in der Hand. Vorsichtig stützt er meine Schultern, und ich trinke in gierigen Zügen. Der Tee tut mir gut. Ich fühle mich wesentlich besser.

Der Arzt steht an meinem Bett und sieht mich forschend an.

»Das Geräusch«, murmele ich. »Dieser Ton. Was ist damit? Ich kann ihn nicht mehr ertragen.«

»Leider können wir ihn noch nicht abstellen, Herr Hofstätter. Das ist Ihre Herzmaschine. Wenn sie unregelmäßig wird, dann ist das für uns das Signal, sofort etwas zu tun, verstehen Sie? Sie sind doch vernünftig und werden alles tun?«

»Ich weiß nicht«, sage ich mit schwacher Stimme. »Mir kommt das alles so komisch vor. Warum bin ich eigentlich hier?«

»Erinnern Sie sich denn nicht mehr daran, was vor einer Woche geschah? Haben Sie alles vergessen?«

Eine Woche, denke ich bestürzt. Mein Gott, dann wird Diane ja bald abreisen! Und ich liege hier! Mein Körper bäumt sich auf.

»Ich bin doch gesund. Wie lange muss ich noch bleiben?«

Der Arzt legt seine Hand auf meine rechte Schulter.

»Sie sind jetzt müde. Denken Sie nicht mehr. Wir haben jetzt viel Zeit. Sehr viel Zeit. Alles wird wieder werden.«

»Nein«, presse ich hervor. »Sie fährt dann fort! Und das darf sie nicht! Bitte, Sie müssen ihr sagen, dass sie nicht fortfahren darf!«

»Das tut sie auch nicht«, sagt er und meint damit meine Tante. Aber ich glaube, dass er von Diane spricht und bin glücklich. Sie geht nicht fort! Dieser Gedanke macht mich friedlich und müde zugleich, und ich fühle mich wieder leicht und glücklich.

Und dann träume ich. Diesmal sind es wunderschöne Träume. Ich sehe mich wieder über das Eis wandern. Aber nicht Leo ist bei mir, sondern Diane. Wir sind so glücklich. Ganz zauberhaft ist dieses Gefühl.

Ich muss wohl sehr lange geschlafen haben, denn als ich erwache, ist es schon Tag. Dass ich sechsunddreißig Stunden geschlafen habe, sagt mir niemand.

An der Glastür steht Tante Therese und wischt sich immerzu über die Augen.

»Warum kommst du nicht näher?«, frage ich verwundert.

»Das darf ich nicht, mein Junge.«

Ich sehe die Glaswände, die vielen Schwestern und langsam begreife ich, dass ich sehr sehr krank sein muss. Ein Kloß ist in meiner Kehle.

»Tante«, würge ich hervor, »bitte, wein doch nicht immerzu. Es wird schon wieder werden. Der Arzt hat es mir gesagt.«

»Ach, mein lieber, lieber Junge. ..«, schluckt sie.

Ich bin ein klein wenig wütend auf die Tante. Wenn sie immerzu weint, kann ich nicht mit ihr reden .

Warum kommt Diane nicht? Ich warte so verzweifelt auf sie, warum kommt sie nicht? Vielleicht lässt man sie nicht vor? Sie machen alle so abweisende Gesichter, da hätte ich auch Angst. Verflixt, denke ich, wieso liege ich hier? Ich war doch nur müde, jetzt bin ich ausgeschlafen und möchte aufstehen.

»Tante, wirst du mir einen Gefallen tun? «

»Jeden, lieber Junge.«

»Ich habe da ein Mädchen kennengelernt. Diane Ackermann heißt sie. Zur Zeit wohnt sie im größten Hotel in Hintertux. Würdest du wohl zu ihr gehen und ihr ausrichten, sie möge doch zu mir kommen. Du siehst ja, im Augenblick kann ich nicht fort. Wirst du das tun, Tantchen?«

Ihre Augen werden unnatürlich groß.

»Junge«, stammelt sie, »Junge, muss das sein?«

»Ja«, sage ich fest. »Wir lieben uns, Tante, wirklich. Sie ist das wunderbarste Mädchen der Welt. Bitte, ich flehe dich an. Bestimmt hat man ihr nicht gesagt, wo ich bin. Sonst wäre sie schon längst gekommen.«

Die Tante ist furchtbar nervös. Dann kommt der Arzt, und sie sehen sich an. Die Tante lächelt etwas kläglich.

»Kann ich Sie einen Augenblick sprechen?«, flüstert sie.

»Ja, sicher.«

Sie gehen etwas weiter weg. Ich kann sie nicht mehr sehen, aber doch hören. Eindringlich sagt die Tante: »Sie müssen es ihm sagen, Herr Doktor! Jetzt können Sie nicht mehr warten! Bitte, ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin ja so verzweifelt. Der Bub, ach ...«

»Gut«, höre ich die Stimme des Arztes. Sie ist tief und dunkel und strahlt Zuversicht aus. »Ich glaube, ich kann es jetzt wagen. Wenn er sich so gut hält, können wir ihn morgen oder übermorgen schon in ein normales Krankenzimmer verlegen. Und dann dürfen Sie auch zu ihm hineingehen. Hier herrschen strenge Vorschriften, das wissen Sie ja, zum Schutz unserer Kranken.«

»Ich weiß. Und ich beklage mich ja auch nicht. Aber Sie sagen es ihm doch?«

»Ich muss wohl. Aber glauben Sie mir, das wird das Schwerste sein. Und ich wünschte, ein anderer würde das für mich übernehmen.«

»Ich danke Ihnen.«

Die Tante kommt wieder. Da steht sie, klein und schmal. Jetzt spüre ich, wie lieb ich sie habe. Es war eigentlich nicht schön von mir, nicht zu ihr zu fahren, wo sie sich so auf mein Kommen gefreut hat.

»Bestimmt werde ich bald entlassen, dann verbringe ich den Rest meiner Ferien bei dir, Tantchen.«

»Ja, mein Junge«, sagt sie mit schwacher Stimme. Und dann: »Ich muss jetzt gehen. Morgen komme ich wieder.«

»Ich freue mich.«

Dann bin ich wieder allein mit meinen Gedanken. Um mich herum schwirren unaufhörlich die Schwestern. Jede kleinste Regung wird beobachtet. Sie sind immer sofort zur Stelle, ohne dass man sie rufen muss. Ich habe von solchen Stationen gehört, und jetzt liege ich selber hier. Mir ist das immer noch unverständlich.

7 Heimat-Romane um Liebe  in den Bergen: Bergroman Sammelband 7019

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