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Was Thomas dort erwartete, hätte er sich nicht träumen lassen. Mehrere Polizisten und Personen in Zivil standen im Zimmer. Mitten unter ihnen war Marina, die immer noch wütend schrie – man hatte ihr Handschellen angelegt. Sofort dachte Thomas an Flucht. Er drehte sich um, um einen Sprint hinzulegen. Doch da prallte er gegen einen Mann in Zivil, der ihm lächelnd die Handschellen vor das Gesicht hielt.

Unterdessen waren Beamte in den Keller gedrungen und hatten Jim, der sich als echter Dummkopf erwies, ebenfalls die Handschellen angelegt. Man hatte ihn mit verstellter Stimme angewiesen, sofort zu kommen. Was er auch prompt tat. Schon schnappten die Handschellen zu, und sie brachten ihn nach oben.

„Die zwei gesuchten Personen befinden sich im Keller“, informierte einer der Beamten.

Der Mann in Zivil lief sofort los.

„Susann“, rief er, als er unten war.

„Andros?“, fragte sie, denn seine Stimme hörte sich hier unten etwas anders an, und trat aus der Kammer heraus. „Andros!“, rief sie erfreut, als sie ihn in dem schlechten Licht erkannte. Er zog sie zu sich heran und hielt sie fest an sich gedrückt.

„Tut mir leid, dass ich nicht früher bei dir sein konnte. Aber wir mussten doch erfahren, was sie noch so vorhatten. Und wir brauchten unbedingt das Geständnis. Wir waren aber immer in der Nähe“, sagte er entschuldigend.

„Ich weiß“, murmelte sie an seiner Brust.

„Du bist so eine tapfere Frau. Ich hoffe, dass es nicht zu schlimm für dich war.“ Er schob sie ein Stück von sich und sah sie fragend an.

„Manchmal habe ich wirklich Angst gehabt. Aber die meiste Zeit war ich nur wütend. Dass sie Jonas auch töten wollten, das hatte mich noch wütender gemacht. Sie hat es zu spüren bekommen“, schmunzelte Susann. „Meine Sorge war zeitlich, dass … dass ihr vielleicht nicht rechtzeitig bei mir sein könntet.“

„Ach daher hat sie ein blaues Auge und eine geschwollene Nase“, grinste er.

„Tja, nun kann sie ihre Schönheitsoperation vergessen. Und auch alle anderen Annehmlichkeiten, die sie genossen und sich für die Zukunft noch vorgestellt hat. Ich hoffe, dass sie und Thomas bis ans Lebensende in der Hölle schmoren werden“, sagte Jonas, der sich zu ihnen gesellt hatte.

„Das werden sie. Die bekommen lebenslänglich.“ Es klang wie ein Versprechen. „Es tut mir leid, Jonas, dass wir nicht eingreifen konnten.“

„Ach, so schlimm ist das nicht. Was mir viel mehr zusetzt, ist die Tatsache, dass meine Frau eine Mörderin ist. So eine falsche Schlange!“

„Oh, Jonas! Es tut mir so leid!“, sagte Susann mit echtem Bedauern und drückte seine Hand.

„Lasst uns von hier verschwinden! Meine Leute und die Beamten regeln hier den Rest“, meinte nun Andros.

„Was ist mit meinem Wagen?“, wollte Susann wissen.

„Ist schon in deiner Garage. Ich habe ihn dort hinbringen lassen. Diesen Roberto haben wir abgefangen, als er einsteigen wollte. Und diesen Notar vor der Bank auch.“

Als sie beim Strandhaus ankamen, lief ihnen Rosalia entgegen. Sie hatte Tränen in den Augen und umarmte Susann stürmisch.

„Oh Gott, wir haben uns so geängstigt. Aber nun ist alles gut … oder?“ Ihr Blick wanderte fragend zu Andros.

„Alles in Ordnung. Dem Onkel, Marina Francos und den Helfern wird der Prozess gemacht. Sie werden wegen mehrfachen Mordes und versuchten Mordes und weiteren schwerwiegenden Delikten angeklagt und verurteilt“, antwortete er.

„Marina Francos? Wer ist denn das?“, wollte sie wissen.

„Meine Frau. Nur nannte sie sich damals, als ich sie kennenlernte, Linda Perez“, sagte Jonas und seufzte dann: „Sie hatte mich damals wirklich geschickt in ihrem Spinnennetz gelockt. Wenn ich nur geahnt hätte … meine Frau eine Mörderin ...“ Er schüttelte den Kopf. Susann wusste, dass er damit lange kämpfen würde.

„Sie bekommen alle ihre Strafe, Jonas“, sagte sie. Es war natürlich kein Trost, das wusste sie.

„Kommt rein!“, forderte Rosalia. „Ich mache euch etwas zu essen. Unterdessen könnt ihr euch frisch machen.“

Jonas ging ins Gästezimmer, um dort ins Bad zu gehen und zu duschen. Martin brachte ihm Sachen von Susanns Vater, die sich noch im Haus befanden. Jonas war fast von der gleichen Statur wie er. Susann duschte ebenfalls und fühlte sich gleich besser. Nun entfernte sie auch den winzigen Sender und das Mikro, die sie versteckt am Körper getragen hatte. Ohne diese Technik wäre sie nicht so mutig gewesen. Sie hatte ihr eine gewisse Sicherheit gegeben, um das Ganze zu überstehen. Den bläulichen Fleck am Auge betupfte sie mit etwas Make up, so dass er kaum auffiel. Am nächsten Tag würde sie wohl noch etwas mehr auftragen müssen, weil er dann wohl noch dunkler sein würde.

Fast gleichzeitig trafen Susann und Jonas im Wohnzimmer ein, wo Rosalia für alle den Tisch gedeckt hatte. Andros reichte beiden ein Glas mit Champagner.

„Auf unseren Erfolg, und dass wir nie wieder so etwas erleben müssen“, sagte er und stieß mit allen Anwesenden an.

„Ja, nie wieder“, sagten auch Rosalia und Susann. Die Männer nickten zustimmend.

Als sie gegessen hatten, fragte Susann: „Andros, hattest du Marina schon vorher in Verdacht?“

„Nein, zuerst nicht. Es war mehr Zufall. Einer meiner Kollegen, der bei Jonas war und die Technik für die Videotelefonie eingerichtet hat, sah sie einmal dort in der Firma und später, als er wieder im Hotel war, mit deinem Onkel, wie sie zusammen in den Fahrstuhl stiegen. Das hatte ihn stutzig gemacht. Also setzte ich ihn darauf an, mehr über sie herauszufinden.“

„Und – was hat er herausgefunden?“, fragte sie.

Gespannt warteten alle auf seine Antwort.

„Sie haben sich beide noch mehrmals getroffen. Die Frau heißt eigentlich Rita Cabrera. Dann heiratete sie einen ziemlich gut betuchten Unternehmer und war somit Rita Lexus, später – wieder eine reiche Heirat – Rosa Lopez. Nach dieser Ehe nannte sie sich Linda Perez und heiratete Jonas. Nun wieder ein neuer Name: Marina Francos“, erfuhren sie von Andros.

„Was ist denn aus ihren Ehemännern geworden?“, fragte Susann, die schon das Schlimmste ahnte.

„Tja, der erste Mann starb bei einem Autounfall. An dem Wagen war nichts Gutes mehr dran, und der Mann war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Der zweite Mann war schon über sechzig. Auf dem Totenschein steht Herzinfarkt. Das bezweifle ich jedoch, und man wird dem noch einmal gründlich nachgehen. Somit wären es vier Morde, die auf ihr Konto gehen. Dann kommen noch versuchter Mord, Kidnapping, Körperverletzung, Erpressung und noch so einiges dazu. Die Liste ist sehr lang. Auch für ihren Handlanger Thomas Sanders“, berichtete Andros.

„Was passiert nun mit der Geldüberweisung auf ein Schweizer Konto und den Überschreibungen?“

„Die Formulare der Überschreibungen haben keine Gültigkeit, sind aber wichtig für die Beweisführung beim Gericht. Der Peeters ist der Kripo schon eine Weile ein Dorn im Auge. Jetzt können sie ihm endlich verbrecherische Machenschaften nachweisen. Bei dem wird in seinem Büro und Haus gerade alles auf den Kopf gestellt. Ja, und dein Geld ist immer noch auf deinem Konto. Der Bankdirektor wurde in dem Moment informiert, als ihr vor der Bank eintraft. Der Transfer wurde von meinem Mitarbeiter sofort umgeleitet, zurück auf dein Konto. Er ist ein Computergenie.“

Susann atmete erleichtert auf.

„Dann hat dieser Alptraum ja endlich ein Ende“, seufzte sie. „Aber dass meine Eltern noch leben könnten, wenn man dieser Frau schon früher ein Verbrechen hätte nachweisen können … Ich begreife das nicht.“

„Die Frau war clever und wie ein Chamäleon. Neben neuen Haarfarben und Frisuren hat sie auch so einige Schönheitsoperationen über sich ergehen lassen. Tja, und bei der Wahl ihrer Männer war sie stets darauf bedacht, sich jemanden zu angeln, der keinerlei Nachkommen und weitere Verwandte hat. Aber diesmal hat sie sich übernommen“, entgegnete Andros.

Sie unterhielten sich noch eine Weile. Jonas verabschiedete sich bald, denn er wollte am nächsten Tag nach Hause fahren. Ihm ging es gut, nur ein kräftiges Blau zierte das Umfeld seines Auges. Um das zu verdecken, würde er eben die nächsten Tage eine größere Sonnenbrille tragen. Susann versprach, in ein paar Tagen ebenfalls wieder in der Firma zu erscheinen.

Rosalia und Martin verabschiedeten sich auch.

„War ein anstrengender und aufregender Tag. Nichts für Leute in unserem Alter“, meinte Rosalia und umarmte Susann fest. „Das will ich nicht noch einmal durchmachen müssen.“

„Das möchte keiner von uns“, erwiderte Susann und drückte ihre Haushälterin liebevoll.

Als die beiden gegangen waren, zog Andros Susann in seine Arme.

„Ich bin so froh, dass alles gut abgelaufen ist und dir nichts passiert ist“, sagte er.

„Außer einem Veilchen“, erinnerte sie ihn und tippte vorsichtig an die Stelle.

„Du hast dich dafür aber bei ihr kräftig revanchiert“, grinste er.

„Oh ja, davon wird sie noch ‘ne Weile was haben“, meinte Susann lachend. Dann sah sie ihn mit einem verschmitzten Lächeln an. „Und - was machen wir jetzt mit dem restlichen Abend?“

„Hm, lass mich mal nachdenken! Wir könnten uns mit einem Kartenspiel die Zeit vertreiben … oder ...“

„Oder?“

„Ich zeig es dir.“ Und schon küsste er sie so verlangend, dass der Funke wie ein Blitz auf sie übersprang.

„Ja, zeig es mir!“, hauchte Susann versonnen, während Andros sie ins Schlafzimmer trug.

ENDE

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