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„War der Urlaub denn teuer?“, fragt meine Oma und ich schüttle den Kopf. Heute ist ein guter Tag, sie ist ziemlich klar.

„Maximilian, ist denn noch was vom Gold übrig?“, fragt sie.

Ich werfe eine Blick zu meinem Bruder Sven, der auf der anderen Seite des Tisches sitzt.

„Welches Gold, Oma?“, frage ich.

„Der Goldbarren, den Opa mit nach hier brachte, als ihr ‘45 fliehen musstet?“, hilft Sven. Wir sitzen an dem kleinen Tisch im Apartmentzimmer meiner Oma im Pflegeheim. „Der ist doch ausgegeben worden, für eure neue Existenz.“

„Ach ja, ja“, sagt Oma nun. Seit sie dement ist, springt sie oft von Thema zu Thema und auch das, was eben noch präsent war an Fakten, ist schon wieder weg. Sie ist manchmal auch in ihrer Erinnerung, fragt, wo Opa sei.

„Aber das im Klavier, das ist doch noch da?“, sagt sie auf einmal.

„Was?“

„Na, mein Schwiegervater hat damals schon zur Machtergreifung angefangen, Geld in Gold zu tauschen. Mit Kriegsbeginn hat er das dann intensiviert. Er hat nicht geglaubt, dass die Nazis es lange machen, und er wollte bereit sein.“

„Ja, ihr habt zwei Goldbarren in einem Fach im Koffer mitgenommen, als ihr das Rittergut in Pommern aufgeben musstet“, stimmt Sven zu. „Das war aber in einem Koffer, nicht in einem Klavier.“

„Nein, ich bin sicher, dass es in einem Klavier war. Es hatte einen doppelten Boden. Es war von Schimmel, kein Piano ... sollte es nicht bald Essen geben?“

„Das gab es vorhin schon, Oma“, sagt Sven und lächelt freundlich. „Rouladen gab’s. Darum haben wir auch gerade noch ein Stück Kuchen zusammen gegessen.“

Er deutet auf die leeren Teller vor uns. Ich habe den Kuchen mitgebracht. Sven und ich besuchen unsere Oma so oft es geht, meist einmal im Monat zusammen.

„Ah, ja, ja ...“

Sie sieht mich an. „Sag mal, Karl, was machst du mit deinen Haaren? Das sieht nicht gut aus.“

„Hast recht“, sage ich und werfe meinem Bruder einen Blick zu.

Sie hält mich für unseren Vater. Manchmal hat sie das, dann ist es oft vorbei. Dann ist sie ganz in der Vergangenheit und man kann sich kaum mit ihr unterhalten.

„Wollte Viktoria nicht noch vorbeikommen?“, fragt meine Oma nun.

„Nein, heute nicht“, erwidert Sven. „Aber du hast nachher noch einen Termin zur Massage, wegen deines Rückens. Das steht heute noch an.“

„Ach ja ... Das ist diese Polin, die das macht. Die hat sehr schön warme Hände und die ist kräftig. Traut man dem dürren Ding gar nicht zu.“ Sie sieht Sven an. „Die wäre doch was für dich. Ist im richtigen Alter, um eine Familie zu gründen, und sie hat nie einen Ring um.“

Sven wirft mir einen Blick zu, der nach Hilfe ruft. Ich hebe nur die Augenbrauen und sehe ihn fragend an. Na, wäre die nicht was?, sage ich mit meinen Augen.

Sven schnaubt leise, bevor er antwortet.

„Nein, danke, Oma. Ich denke, meine Freundin hätte da was gegen, wenn ich einfach eine andere Frau heirate.“

„Du hast eine Freundin?“, fragt sie.

„Ja, Aslihan, die mit den kurzen roten Haaren. Du hast sie an deinem letzten Geburtstag kennengelernt“, erwidert er. Er unterschlägt, dass Oma Aslihan auch schon vorher getroffen hat. Aber es nützt nichts, mit ihr darüber zu diskutieren, dass sie etwas vergessen hat. Es sorgt ja nicht dafür, dass sie es wieder weiß. Man streitet ja auch nicht darüber, ob einem etwas runtergefallen ist. Nun liegt es da, man muss es wegräumen.

„Ach ja“, sagt Oma und ich bin mir nicht sicher, ob sie weiß, wer gemeint ist, oder nur so tut.

„Na ja, dann erzählt mal, was macht ihr beiden aktuell so?“

Sven wirft mir einen Blick zu. Das haben wir heute schon erzählt. Da ich ihm gerade nicht geholfen habe, bin ich jetzt dran und erzähle ihr nochmal, was ich aktuell für meine Masterarbeit mache.

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