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Die Geschwindigkeit der Zeit

Die Thematik der Zeit drängt sich mir immer wieder auf. Ist es wohl, weil man sich mit zunehmendem Alter bewusst wird, dass die Restzeit, die einem bleibt, immer weniger wird? Dies ist ein Problem, welches wir wahrscheinlich nur in unserer westlichen Zivilisation haben. Die Endlichkeit unserer Existenz zwingt uns, möglichst alles in diesem einen Leben zu erreichen und zu erleben. Wer zum Beispiel im Glauben an eine Wiedergeburt aufwächst, kann alles ein wenig gelassener nehmen, denn im nächsten Leben ergeben sich wieder viele weitere Möglichkeiten.

Vor vielen Jahren habe ich einmal folgenden Satz formuliert: «Je langsamer ich mich bewege, desto intensiver sind die Eindrücke.» Langsamkeit oder auch Geschwindigkeit hat ja sehr viel mit Zeit zu tun. Auf Reisen bedeutet Langsamkeit, dass ich aktiv bin, mich meist mit eigener Muskelkraft fortbewege, zum Beispiel zu Fuss wie hier auf dem AT. Ich bewege mich also in der Natur, bin den Elementen ausgesetzt, Wind und Wetter, Hitze und Kälte. Die Bewegung fördert die Durchblutung und macht den Geist frei. Ich nehme Geräusche und Gerüche wahr und alles erscheint klar und scharf und all die neuen Erlebnisse verlangsamen die Zeit.

Im Gegensatz dazu die hohe Geschwindigkeit. Je schneller ich mich bewege, desto mehr verliert sich alles in Unschärfe. Ich bin dann passiver Konsument, sitze in einem Auto, in der Bahn oder im Flugzeug. Am Schluss bleibt nichts ausser dem Gefühl, dass die Zeit immer schneller vergeht.

Wer kennt sie nicht, die Menschen, die jede Minute im Terminkalender ausgefüllt haben, um ja nichts zu verpassen. Und trotzdem lässt sich die Zeit nicht aufhalten, sie rast immer schneller. Es ist ein gewaltiger Strudel, ein alles verschlingendes schwarzes Loch, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt.

Und noch etwas: Routine, der Alltag, das Arbeiten, Kochen, Putzen schaffen keine Erinnerungen. Oft wird sogar der Urlaub zur Routine. Beim Rückblick Ende Jahr bleibt nichts als Leere – Die Zeit rast!

Jede Reise, mit der wir aus dem Alltagstrott ausbrechen, uns auf Neues einlassen, kann die Zeit verlangsamen, schafft Erinnerungen und gibt dem Leben einen Sinn.

Ich stelle hier eine Liste mit möglichen Gründen zusammen, eine Fernwanderung zu unternehmen. Es soll eine Motivation sein, es einmal selber zu versuchen. Die Reihenfolge bedeutet keine Wertung und ist rein zufällig.

20 Gründe für eine Fernwanderung

• Es ist dein Traum, den du verwirklichen willst.

• Du WILLST es und GLAUBST daran, es zu schaffen.

• Du willst, dass die Zeit langsamer verstreicht.

• Du willst nur noch machen, was dir wirklich Spass macht, nämlich wandern.

• Du musst nicht mehr zur Arbeit, wobei erstens das Wandern auch zur Arbeit werden kann und ich zweitens hoffe, dass dir diese Arbeit trotzdem Spass macht.

• Endlich darfst du essen so viel du willst und du nimmst im besten Fall immer noch ab.

• Du musst weder besonders sportlich noch gut trainiert sein. Deine Fitness und dein Körpergefühl werden sich von Tag zu Tag wie von selbst verbessern.

• Weitwandern ist die kurzweiligste Art, seine körperliche Verfassung zu steigern.

• Du wirst freiwillig jede Nacht acht bis zehn Stunden schlafen.

• Du willst Ballast loswerden und lernen, mit wenig auszukommen und trotzdem glücklich zu sein.

• Ballast abwerfen bedeutet die totale Freiheit.

• Du begreifst, was wirklich wichtig ist im Leben.

• Weitwandern ist Meditation. Der Pfarrer im Religionsunterricht erklärte uns: «Wandern ist wie Beten mit den Füssen.»

• Du willst die Langsamkeit entdecken.

• Du willst die Natur erkunden und erleben und dich im Einklang mit ihr bewegen.

• Falls du dich verloren oder noch nicht gefunden hast, auf einem Fernwanderweg wirst du dich finden.

• Es finden sich immer Gründe, die du vorschieben kannst, um etwas nicht zu tun. Meist ist es Bequemlichkeit und Angst. Überwinde sie!

• Du musst dich nicht mehr um Äusserlichkeiten kümmern. Alle anderen sehen genauso aus wie du.

• Wenn du den inneren Schweinehund überwunden hast und das Projekt durchziehst, stärkt das dein Selbstvertrauen. Du fühlst dich gut und beinahe unbezwingbar. Dies wird dir auch im Alltag weiterhelfen.

• Der Gewinn an Erfahrung ist mehr wert, als all das Geld, das du in derselben Zeit in deinem Job verdienen könntest.

Der Appalachian Trail

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