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4. Schlussfolgerung

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Daraus wird schon verständlich, dass diese Bemerkungen keine erschöpfende Analyse und auch keine Apologie des leibnizschen Denkens sein möchten. Doch ist es gewiss nicht müßig, vor dem zu warnen, was Yvon Belaval einen erfundenen Leibnizianismus nennt, der widerlegt wird, „sobald man zu den Texten selbst zurückkehrt“. Was hier jedoch eigentlich interessiert, ist der Nutzen seiner anregenden Wirkung; denn „dieser Leibnizianismus ist es, der die Geister befruchtet“55. Oder er kann sie befruchten, falls man stärker auf das Neue achtet, das sich in der tieferen Dynamik seines Versuches ankündigt, als auf das Hinfällige, das nur allzu oft die Handschrift seiner Realisierung belastet.

Nachdem der rationalistische Überschwang nun verflogen ist, können wir heute Übertreibungen und Gefahren jeglicher auf das Ganze gerichteten Denkweise auch besser wahrnehmen. Kant hat uns, trotz seiner überzogenen Vorbehalte, davon überzeugt, dass die menschliche Intelligenz in einem recht unüberschaubaren Meer versinken kann, sobald sie auf die Kontrolle durch die Welterfahrung verzichtet; und ganz allgemein lehrt uns die säkulare Kultur, dass es bei einer Analyse der inneren Gesetzlichkeit des Wirklichen an sich erforderlich ist, bei seiner eigenen Autonomie anzusetzen.

Deswegen wird die Ponerologie im Folgenden auch versuchen, sich streng nach der neuen Lage zu richten, und bestrebt sein, ohne theologische Beeinflussung – sei es um eine Verteidigung, sei es zum Angriff – „von unten her“ zu erkennen, was um das Gute und das Schlechte herum in der Welt möglich ist oder nicht. Erst dann wird sich der Raum für die Pistodizeen bzw. die einzelnen Antworten auf das gemeinsame Problem eröffnen.

In dem Sinne gestattet die historische Sicht, die besondere Einrichtung der religiösen Pistodizee sowie im Konkreten die der Theodizee klarer zu bewerten. Obgleich Bayle und Leibniz bereits die ersten Schritte in der Moderne tun, können wir doch nicht so verfahren wie sie, indem wir mit sorgloser Leichtigkeit philosophisches und theologisches Denken untereinander vermengen. Die Theodizee, die von dem verallgemeinerbaren Diskurs der Ponerologie ausgeht und ihm in seiner Autonomie nicht widerspricht, muss sich an ihren genauen Platz begeben und dort für ihre beiden Hauptaufgaben offen bleiben: (a) die eigene Kohärenz gegenüber möglichen Einwänden zu verantworten, wobei sie diese zugleich auch dazu verpflichtet, ihre besondere Logik zu beachten; sowie (b) die Fruchtbarkeit ihrer eigenen Logik nach innen zu erweitern, die dann – mit den nötigen kritischen Vorbehalten – sehr wohl spezifisch theologische Argumente verwenden darf.

Das Neubedenken allen Übels

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