Читать книгу Das Neubedenken allen Übels - Andres Torres Queiruga - Страница 29
2.2 Das unvermeidliche Übel in unserer begrenzten und evolutiven Welt
ОглавлениеBis hierher hat das Hauptinteresse darin bestanden, sicherzustellen, dass die Fragestellung sich an die Analyse dessen hält, was wirklich ist: Es geht ihr um eine Antwort darauf, warum es in der Welt, wie sie sich zeigt, Schlechtes gibt. Die Wissenschaften können sich – und als solche müssen sie sich – mit der Untersuchung der empirischen Ursachen sowie der daraus folgenden Suche nach möglichen Lösungen begnügen; d.h. was den Arzt als Arzt interessiert, ist es, die Ursache für die Geschwulst zu ermitteln und ein Medikament für deren Heilung zu finden. Die Feststellung, dass die als schlecht geltenden Tatbestände ihre Ursachen in der Welt haben und dass es, wenn man sie beheben will, nötig wird, nach möglichen Lösungen zu suchen, indem man die in der Welt verfügbaren Mittel zu Hilfe nimmt, all das bedarf keiner großen Erörterung. Das beweist die einfachste Erfahrung, und es wird auch täglich im spontanen Handeln angewandt.
Dies jedoch enthält noch nicht die gesamte Antwort und kann darum auch das philosophische Fragen nicht verhindern. Denn die Philosophie muss einen Schritt weiter gehen, wenn sie an die tiefste Wurzel gelangen will: Die Welt ist zwar so; doch warum ist sie so? Muss sie so sein, und könnte sie nicht auch anders sein? Anders gesagt, wäre es nicht möglich, dass die Dinge anders lägen, dass unsere Welt, ganz anderen Gesetzen gehorchend, vielleicht mit abweichender Kosmo- und Biogenese, derart ablaufen könnte, dass in ihr keine Konflikte, Brüche, Verbrechen und Leiden vorkämen? Hier steckt zweifellos der innerste und unmittelbarste Kern des Problems. Deshalb sollten wir den Gang der Reflexion verlangsamen und mehr als sonst nicht nur die Ebene beachten, auf der er sich befindet, sondern auch die möglichen Fallen des Vor-Urteils berücksichtigen.
Sehr wichtig wird es darum, zwei grundlegende Ebenen zu unterscheiden: (1.) das, was ein Traum der Phantasie sein mag, und (2.) das, was im Einklang mit dem Wirken der Vernunft steht.