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In seinen zoologischen Arbeiten erwähnt Aristoteles die folgenden Säugetiere: ailouros (Katze), alōpēx (Fuchs), arktos (Bär), aspalax (Blindmaulwurf), arouraios (Feldmaus), bos/tauros (Ochse), dasypous/lagos (Hase), echinos (Igel), elaphos/prōx (Hirsch), eleios (Schlafmaus), enydris (Otter), galē (Steinmarder), ginnos/hinnos (Maulesel), hippos (Pferd), hys (Schwein), hystrix (Stachelschwein), iktis (Wiesel), kapros (Wildschwein), kastōr (Biber), kyōn (Hund), leōn (Asiatischer Löwe), lykos (Wolf), lynx (Luchs), mys (Maus), mygalē (Sumpfspitzmaus), nykteris (Fledermaus), oïs/krios/probaton (Schaf), onos (Esel), oreus (Maultier),phōkē (Robbe), thōs (Schakal), tragos/aïx/chimaira (Ziege).

All diese Arten waren in Griechenland und Kleinasien heimisch, daher überrascht die Aufzählung nicht weiter. Erstaunlicherweise ist aber die Anzahl von Arten, die er erwähnt, die aber im Nildelta, der libyschen Wüste und den Ebenen Zentralasiens leben, nicht viel geringer: alōpēx (hier: Nilflughund), boubalis (Nordafrikanische Kuhantilope), bonassos (Wisent), dorkas (Gazelle), elephas (Elefant), hyaina/trochos/glanos (Streifenhyäne), hippelaphos (Nilgauantilope), hippos-potamios (Flusspferd), ichineumōn (Manguste), kēbos (Affe), kynokephalos (Pavian), onos agrios/hēmionos (Wildesel oder Asiatischer Esel), onos Indikos (Panzernashorn), oryx (Oryxantilope),panther/pardalis (Leopard),pardion/hippardion (Giraffe?), pithēkos (Berberaffe), kamēlos Arabia (Dromedar), kamēlos Baktrianē (Trampeltier) – dazu können wir noch Tiere wie den ibis (Heiliger Ibis), strouthos Libykos (Strauß), krokodeiloos potamios (Krokodil) und verschiedene afrikanische Schlangen rechnen. »Immer wieder Neues aus Libyen«, sagt Aristoteles – und nach dieser Liste zu urteilen, auch aus dem Osten.

Woher stammt Aristoteles’ exotische Tierkunde? Er war kaum jemals außer Sichtweite der Ägäis, also kann er sie nicht selbst zusammengetragen haben. Der römische Enzyklopäde Plinius der Ältere hatte eine Erklärung. Wie so häufig bei Plinius’ Behauptungen umweht sie der Hauch des Fantastischen. Er sagte, Alexander der Große hätte sie beigesteuert.

König Alexander der Große, entflammt von dem Wunsch, das Wesen der Tiere zu entdecken, vertraute diese Aufgabe Aristoteles an, der sich in jedem Wissensgebiet hervortat. Mehrere Tausend Männer im gesamten Gebiet von Asien und Griechenland wurden seinem Kommando unterstellt – alle, die ihren Lebensunterhalt mit Jagen, Vogelfang und Fischen verdienten, sowie alle, die Tiergruppen versorgten: Rinderherden, Bienenstöcke, Fischteiche, Volieren. Nichts auf der ganzen Welt sollte von ihm übersehen werden. Durch seine gründliche Befragung dieser Männer konnte er fünfzig berühmte und hervorragende Bücher über Tiere verfassen.

Im Jahr 343, als er noch auf Lesbos lebte, wurde Aristoteles an den makedonischen Hof berufen. Er hatte allen Grund, dem Ruf zu folgen. Makedonien war schließlich seine Heimat und es war nicht mehr das verschlafene Nest, das er fast ein Vierteljahrhundert zuvor zurückgelassen hatte. Amyntas war lange tot, Philipp II. war ihm auf den makedonischen Thron gefolgt, hatte eine Armee aufgestellt und ließ seine militärischen Muskeln spielen. In Athen warnte Demosthenes die Bürgerschaft in zunehmend apokalyptischen Tönen vor der Gefahr, die sich vor ihrer Türschwelle zusammenbraute. Sie ignorierten ihn – was sie bald bereuen sollten.

Philipp wollte einen Lehrer für seinen Sohn, jemand, der ihm die rauen Kanten abschliff und ihm die philosophische Erziehung angedeihen ließ, die sich für einen Prinzen ziemte. Machte Aristoteles aus dem Jungen den Mann, zu dem er werden sollte? Oder versuchte er, seine natürliche Energie in geordnete Bahnen zu lenken? Wir würden es gerne wissen, aber das können wir nicht. Denn Aristoteles’ halbwüchsiger Schüler war nicht irgendein verzogenes Prinzchen, sondern Alexander selbst, der zukünftige König der oikoumenē, der bekannten Welt.

Es ist eine der bemerkenswertesten Zusammenkünfte in der Geschichte: Einer der größten Denker der Geschichte hat für einige Jahre die Oberhand über einen ihrer größten militärischen Anführer – und lässt ihn dann auf die Welt los. (Pierre-Simon Laplace führte bei Napoleon nur die Musterung für die Aufnahme in die École Militaire durch.) Vier Jahrhunderte später beschrieb Plutarch die Situation wie folgt:

Für Studium und Freizeit erbaute Philipp das Nymphäum in Mieza für sie. Noch heute kann man die Steinsitze und schattigen Wege von Aristoteles bewundern. Wahrscheinlich lernte Alexander hier nicht nur Ethik und Politik, sondern auch die geheimen und tiefer gehenden Lehren (diese sogenannten Privatlektionen und besonderen Mysterien wurden nicht veröffentlicht oder den Massen zugänglich gemacht).

Dieselben schattigen Wege und Steinsitze sind auch heute noch zu sehen.

Im Jahr 336 wurde Philipp ermordet. Alexander wurde König. Als Erstes machte er Theben, die zweitgrößte griechische Stadt, dem Erdboden gleich. In einem Brief rät Aristoteles ihm, den Griechen ein Anführer zu sein und sich um sie zu kümmern, als wären sie »Freunde oder Verwandte«, aber Alexander verkaufte Thebens Bürger in die Sklaverei. Später ließ er alle Männer von Gaza kreuzigen. Das war schon eher in Aristoteles’ Sinn: Im selben Brief rät er Alexander, den Barbaren ein Gewaltherrscher zu sein und sie zu »behandeln, als wären sie Tiere oder Pflanzen«. Während der junge General sich durch die bekannte Welt wütete, führte er eine Ausgabe des Ilias in Aristoteles’ Fassung mit sich. 335 kehrte Aristoteles nach verrichteter Arbeit nach Athen zurück, das nun unter makedonischer Hegemonie stand, und gründete dort das Lyzeum. Hier sezierte er auch, wenn man Plinius Glauben schenkt, Alexanders großzügige zoologische Gaben.

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