Читать книгу Handbuch Wirtschaftsstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 320

b) Irreführung und Täuschung aa) Unsichere und irreführende Lebensmittel

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Art. 14 Abs. 1 BasisVO normiert ein Verkehrsverbot für Lebensmittel, die nicht sicher sind. Dies sind nach Art. 14 BasisVO Lebensmittel, die gesundheitsschädlich (Abs. 2 lit. a) oder für den Verzehr durch Menschen nicht geeignet sind (Abs. 2 lit. b). Zwar bestimmt die BasisVO nicht ausdrücklich, welche Lebensmittel nicht zum Verzehr durch Menschen geeignet sind, benennt aber in Art. 14 Abs. 5 BasisVO die maßgebenden Faktoren: Entscheidend ist danach, ob „das Lebensmittel infolge durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist“. Das setzt voraus, dass das Lebensmittel in seiner Beschaffenheit in einer Weise verändert worden ist, die den Verzehr zwar noch nicht gesundheitlich bedenklich macht, aber das Lebensmittel im Wert soweit mindert, dass es auch bei entsprechender Kennzeichnung nicht in den Verkehr gebracht werden kann,[82] weil der Verzehr nach der Verkehrsauffassung ausgeschlossen ist. Diese Ungeeignetheit muss vom Verbraucher nicht erkannt werden, die Wertminderung muss sich also insofern nicht realisieren, damit der Tatbestand erfüllt ist.[83]

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§ 11 Abs. 1 LFGB beinhaltete bis zu seiner Änderung mit Gesetz v. 5.12.2014, wie auch §§ 5, 5a UWG, ein allgemeines Irreführungsverbot, das durch die Beispiele der Nrn. 1-4 illustriert wurde, wobei den Nrn. 2-4 wohl nur Auffangcharakter zukam. Das Verbot betraf die Verwendung irreführender Darbietungsformen (Bezeichnung, Aufmachung etc.).[84] Der Begriff irreführend war nach h.M. als identisch mit einer Eignung zur Täuschung zu verstehen.[85] Diese Definition war jedoch im Hinblick darauf, dass die Regelungen in § 11 Abs. 1 Nr. 2–4 LFGB ansonsten vollständig überflüssig wären, dahingehend auszuweiten, dass bereits missverständliche Angaben, also solche, die den Verbraucher in die Irre führen können, dem Verbot des § 11 Abs. 1 LFGB sollten. Eine typische Irreführungsform ist das Verwenden von Bezeichnungen wie Öko, Bio etc., ohne dass die Voraussetzungen der VO (EG) Nr. 834/2007[86] erfüllt sind.[87] Dies muss aber auch für die Verwendung einer sog. Tierhaltungskennzeichnung gelten, wenn die von dem Verwender selbst gesetzten und in der Kennzeichnung angegebenen Bedingungen (z.B. „nach gesetzlichem Standard“) nicht erfüllt werden.[88]

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Nach der Rechtsprechung ist das Anbieten von Gerichten mit „Feta“ oder „Fetakäse“ in einem Imbiss irreführend, wenn es sich bei der Zutat tatsächlich um mediterranen Weichkäse aus Kuhmilch handelt.[89] Ebenso stellt es eine irreführende Bezeichnung dar, wenn einem Lebensmittel unter der allgemeinen Bezeichnung „Gewürze“ Fisch-, Geflügel oder Wildfleisch zugesetzt wird oder wenn bestimmte Zutaten nicht aufgeführt werden, so dass der Eindruck erweckt wird, sie seien für bestimmte Verbrauchergruppen (Vegetarier, Veganer etc.) geeignet. Dies ist etwa der Fall, wenn bei einem Lebensmittel die Zugabe von Speck nicht in der Zutatenliste aufgeführt wird.

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Etwas anders gilt nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf jedoch, wenn die Zutaten auf der Zutatenliste ausdrücklich über die tatsächlichen Inhaltsstoffe aufklären, mag auch die Handelsbezeichnung zunächst einen anderen Eindruck erwecken.[90] Der erkennende Senat begründete dies unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH[91] mit dem Argument, dass ein Verbraucher, der seine Kaufentscheidung an den Inhaltsstoffen ausrichte, auch die Zutatenliste lese. Der BGH hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, „ob die Aufmachung eines Lebensmittels durch bildliche Darstellungen das Vorhandensein einer Zutat suggerieren darf, obwohl tatsächlich eine normalerweise in diesem Lebensmittel verwendete Zutat durch eine andere Zutat ersetzt wurde, solange der verwendete Austauschstoff im Zutatenverzeichnis genannt wird“.[92] Der BGH widersprach dem OLG Düsseldorf, weil er zu der Auffassung gelangte, dass der informierte Verbraucher bereits durch die Bezeichnung des Produkts „die eindeutige Antwort auf die Frage erhält, ob der Geschmack des Produkts durch aus Himbeerfrüchten und Vanillepflanzen gewonnene Aromen mitbestimmt wird. In einem solchen Fall habe auch der mündige Verbraucher keine Veranlassung mehr, sich anhand des Zutatenverzeichnisses zusätzlich zu informieren. Der EuGH bestätigte diese Ansicht letztlich auch im Vorlageverfahren.[93]

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Durch Gesetz v. 5.12.2014 wurde § 11 Abs. 1 LFGB jedoch neu gefasst und verweist nun auf Art. 7 Abs. 1, 2 und 4 sowie auf Art. 36 VO (EU) Nr. 1169/2011. Diese Vorschriften haben in wesentlichen den gleichen Inhalt wie § 11 Abs. 1 a.F. (vgl. Rn. 312 ff.), sodass sich materiell kaum Änderungen ergeben dürften.

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Durch Änderungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 und seinen Verweis auf Art. 7 Abs. 3 VO (EU) Nr. 1169/2011 ist jedoch eine Veränderung eingetreten: Der vormals nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 LFGB als Ordnungswidrigkeit normierte Verstoß gegen das Verbot krankheitsbezogener Werbung ist weggefallen. Dafür ist in § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 3 VO (EU) Nr. 1169/2011 Werbung und Aufmachung verboten, die den Eindruck entstehen lassen, ein Lebensmittel diene der Vorbeugung oder Behandlung von Krankheiten.

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In § 11 Abs. 2 LFGB sind besondere, enumerativ aufgezählte Irreführungsverbote enthalten.[94] Die Verbote der Nr. 2 gelten jedoch nur, wenn keine ausreichende Kenntlichmachung, die Missverständnisse über das Wesen des Lebensmittels ausschließt, erfolgt.[95]

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